Der Siegeszug der Gewinnmaximierung
Wenn der Teufel tatsächlich eine Person wäre, die versucht, auf der Erde so viel Schaden wir möglich anzurichten – welche Maßnahmen und Ideologien wären hierfür geeignet? In seinem Buch “Das Mephisto-Prinzip in der Wirtschaft” geht Christian Kreiß diesem interessanten Gedankenexperiment nach. Einer von “Mephistos” besten Tricks ist das Prinzip der Gewinnmaximierung, also die Idee, das Einsparen von Kosten bei gleichzeitig größtmöglichen Verkaufspreisen sei “der Weisheit letzter Schluss”. Der Egoismus wird so zum die ganze Gesellschaft durchdringenden Leitbild. Firmen versuchen Mitarbeiter und Lieferanten wie Kunden gleichermaßen über den Tisch zu ziehen. Auszug aus dem Buch „Das Mephisto-Prinzip in der Wirtschaft“, Verlag tredition. Christian Kreiß
“Die Ideen der Ökonomen […], ob richtig oder falsch, sind einflussreicher als man gewöhnlich meint. In der Tat wird die Welt von kaum etwas Anderem regiert. Praktiker, die sich frei von intellektuellen Einflüssen glauben, sind normalerweise die Sklaven irgendeines verstorbenen Ökonomen.“[1] J.M.Keynes 1936
Die wichtigste Botschaft und das Kernaxiom der heutigen Betriebswirtschaftslehre lautet: Sinn, Zweck und oberstes Ziel von Unternehmen ist Gewinnmaximierung. Alle Analysen und Handlungsempfehlungen beruhen auf diesem Kerndogma.[2] So selbstverständlich dies heute allen Menschen, die sich mit Ökonomie beschäftigen beigebracht wird, so ist diese Grundannahmen doch noch nicht besonders alt.
Bis weit in die 1980er Jahre hinein wurde ganz anderes unterrichtet: Dass die zentrale Aufgabe von Managern sei, sich mit Blick auf das öffentliche Wohl um die Kunden zu kümmern und gerade „nicht selbstzerstörerische Gewinnmaximierung“[3] zu betreiben. Führende Ökonomen vertraten noch bis in die 1970er Jahre die Meinung, dass Management auf einem moralischen Fundament ruhen und dessen Entscheidungen im Hinblick auf das öffentliche Wohl getroffen werden müssen. Es hieß ausdrücklich, dass Gewinn nicht das Ziel von Unternehmen, sondern das Ergebnis der Erfüllung von Kundenbedürfnissen sei.[4]
Erst ab den 1980er Jahren setzte sich in der intellektuellen Auseinandersetzung die Theorie der Gewinnmaximierung durch. Besonders wichtige Propagandisten waren Milton Friedman und Alfred Rappaport. Der geistige Siegeszug wurde von den Vertretern des Gewinnmaximierungsdogmas ab den 1950er Jahren mit grandioser Weitsicht langfristig und systematisch vorbereitet, vor allem durch die Mont Pèlerin Gesellschaft, die jahrzehntelang bis in höchste Gesellschaftskreise hinein im Hintergrund arbeitete.[5] Die 1947 u.a. von Milton Friedman, Friedrich August von Hayek, Ludwig von Mises, Karl Popper, Wilhelm Röpke und Walter Eucken gegründete Mont Pèlerin Gesellschaft war lange Zeit das geistige Zentrum und Bollwerk der neoliberalen Doktrin, in der Gewinnmaximierung ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige Grundstein ist. Der geistige Sieg in Sachen Gewinnmaximierung war schließlich so fundamental, dass die gegenteilige Ansicht heute praktisch vollkommen diskreditiert und in den Lehrbüchern ausgestorben ist. Genauer: die Gegenansicht wurde durch das brillant arbeitende Mont Pèlerin-Netzwerk gezielt eliminiert.
Heute ist die systematisch betriebene Verdrehung der Begriffe so weit gediehen, dass die meisten Ökonomen und viele Nicht-Ökonomen gar nicht mehr wissen, dass die Aufgabe von Unternehmen die Bedürfnisbefriedigung der Menschen ist. In der einflussreichen Wirtschaftszeitschrift Forbes kann man als Antwort auf die Frage „Was ist der Zweck einer Firma?“ lesen: „Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass der Zweck von Unternehmen ist, Geld zu machen.“[6] Die völlige Pervertierung des Unternehmensziels wird hier sogar als „gesunder Menschenverstand“ bezeichnet.
Nachdem die Schlacht um dieses schädliche Kernprinzip in den Herzen und Geistern der Ökonomen, der Journalisten und der Politiker und damit in der öffentlichen Meinung gewonnen war, war der Weg für die Ausbreitung des Gewinnmaximierungsprinzips als alleiniger Maxime auch in der Realität über den gesamten Globus frei. Heute handeln praktisch alle Großkonzerne nach diesem menschenverachtenden Prinzip. Spitzenmanager, die sich nicht danach richten, werden schnell gefeuert. Andere Namen dafür sind „Shareholder Value“, „Economic Value Added“, „wertorientierte Unternehmensführung“ oder einfach Renditeorientierung.
Die eigentliche Entscheidung über die ökonomische Zukunft der Erde fand also in einem Geisteskampf statt, der mehrere Jahrzehnte dauerte und erbittert geführt wurde. Die eigentliche Schlacht findet immer im Geist statt, in der einzelnen menschlichen Brust, im einzelnen menschlichen Kopf. Nach den Gedanken und Theoriesystemen wird dann für die kommenden Generationen die Wirklichkeit geformt.
Ein besonders interessantes Beispiel dafür ist die Formung der Sowjetunion und Chinas nach den Gedankengebäuden von Marx und Lenin: Die Gedanken ganz weniger sozialistischer Denker haben das Alltagsleben von weit über einer Milliarde Menschen über mehrere Generationen maßgeblich bestimmt. Das zeigt anschaulich, welche Wucht und Strahlkraft Gedanken haben können.
Viele Menschen werden sich immer mehr bewusst, wie wichtig die Gedanken und die weltanschaulichen Auseinandersetzungen eigentlich sind. In jüngerer Zeit wird immer stärker das Augenmerk gerade auf dieses Ringen gelenkt. Momentan besteht ein starker Geisteskampf um die „Deutungshoheit“ des „Narrativs“, darum, was und wie die Medien über gesellschaftliche Vorkommnisse berichten und was sie nicht berichten. Es hagelt Anschuldigungen von „fake news“ und Vorwürfe von „alternativen Fakten“. Eine solche Entwicklung in dieser Breite ist für mich etwas völlig Neues, völlig neu die Verunsicherung, was man überhaupt noch glauben kann und was nicht. Selbst bis vor kurzem als konservativ und seriös geltenden Medien kann man nicht mehr wirklich trauen.
Zurück zur Gewinnmaximierung: Der Siegeszug dieses Prinzips erst in der intellektuellen Auseinandersetzung, dann in der Realität hat das Alltagsleben von Milliarden von Menschen ganz erheblich beeinflusst, und zwar zum Negativen. Denn der Gedanke der Gewinnmaximierung ist für mich zutiefst mephistophelisch. Nun soll herausgearbeitet werden, wie dieser schädliche Gedanke konkret Schaden anrichtet.
Ein grundsätzlicher Zielkonflikt
Gewinne kommen betriebswirtschaftlich betrachtet so zustande:
Umsatz(erlöse)
– Materialaufwand
– Personalaufwand
– sonstiger Aufwand
– Steuern n
= Gewinn
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Aufwandspositionen. Wenn ein Unternehmen seine Gewinne maximieren will, müssen alle Aufwandsposten so stark gedrückt werden wie möglich: Material so billig einkaufen wie möglich, aus den Beschäftigten so viel herausholen wie möglich und ihnen gleichzeitig möglichst wenig Lohn und Gehalt bezahlen. Unter sonstigen Aufwand fallen beispielsweise Anstrengungen des Unternehmens, die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Aber Abfälle, Abgase und Müll vermeiden, Klärwerke, Filter einbauen, Recycling, umweltschonende Produkte herstellen usw.: das kostet alles Geld. Praktisch alle Bemühungen, die Umwelt zu schonen, sind teuer, stellen Unternehmensaufwand dar. Ein rational handelndes, die Gewinne maximierendes Unternehmen wird daher logischerweise alles tun, um diese Aufwände so gering wie nur möglich zu halten, das heißt die Umwelt maximal auszunutzen. Auch Steuern müssen bei dieser Handlungsmaxime mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln minimiert werden.
Logisch konsequent zu Ende gedacht führt die Aufforderung, die Gewinne zu maximieren dazu, dass Unternehmen versuchen sollen, so stark zu Lasten aller übrigen Menschen zu leben, wie möglich: Die Lieferanten in den Konditionen so stark auszupressen wie möglich, die Mitarbeiter so stark auszunutzen wie möglich, die Umwelt so rücksichtslos behandeln wie möglich und so wenig Steuern an die Allgemeinheit abzugeben wie möglich, um nur vier wichtige Bereiche aufzuführen. Auf der Einnahmenseite, bei den Umsätzen, gilt: Für die Produkte und Dienstleistungen sollen maximal hohe Preise bei gleichzeitig geringstmöglicher Qualität „durchgeholt“ werden, wie es von Vertriebsleuten oft genannt wird.
Kundenbetrug und Konsumentenübervorteilung
Beginnen wir mit der Einnahmenseite und machen wir uns klar, was das Prinzip Gewinnmaximierung letztlich für die Kunden bedeutet. Der Gedanke der Gewinnmaximierung bedeutet, dass es beim unternehmerischen Handeln nicht um die Konsumenten mit ihren Bedürfnissen geht, sondern darum, aus den Kunden so viel wie möglich Geld herauszuholen nach dem Motto: wir wollen nur dein Bestes, dein Geld. Die Folgen liegen auf der Hand: man versucht mit aller Energie, Intelligenz, Tricks und Kniffen, die Ware so teuer wie möglich zu verkaufen oder bei gleichbleibenden Preisen die Qualität zu verschlechtern – oder beides gleichzeitig.
Das beste Beispiel sind vielleicht die Privatisierungen der Wasserwerke. Kommunale Wasserwerke haben den Auftrag, die Menschen mit günstigem und sauberem Trinkwasser zu versorgen und Abwasser zu entsorgen. Ziel ist eine gute Versorgung der Verbraucher. Wenn Wasserwerke privatisiert werden ist das Ziel nicht mehr der Verbraucher, sondern maximale Gewinne und Renditen. Das erreicht man, indem die Investitionen in die Leitungen verringert und die Preise erhöht werden. Und genau das ist in fast allen Fällen von Privatisierungen der Wasserversorgung auch eingetreten: „Fast überall, wo eine solche Privatisierung schon versucht wurde, haben Verbraucher und Kommunen ihr Waterloo erlebt“, das heißt steigende Preise bei sinkender Wasserqualität schreibt die Süddeutsche Zeitung im Juli 2018.[7] Das ist die völlig logische Konsequenz des Gewinnmaximierungsprinzips.
Ein anderes Beispiel: Die von Muhammad Yunus gegründete, genossenschaftlich organisierte non-profit Mikrokreditbank hatte das Ziel, ihren Kunden, den Kleinkreditnehmerinnen so stark wie möglich zu helfen. Die Grameen Bank war ein Segen für ihre Kunden. Ein paar Jahre später entstanden andere Mikrokreditbanken, die nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeiteten. Deren Ziel war nie, den Kunden in irgendeiner Art zu helfen, sondern die Kunden maximal auszunehmen. Die Kreditzinsen der gewinnmaximierenden Mikrokreditbanken waren etwa drei- bis zehnmal so hoch wie diejenigen der Grameen Bank, mit entsprechenden üblen Folgen für die Kreditnehmer: hohe Ausfallraten, Elend und Selbstmorde. Der Geist, aus dem heraus ein Unternehmen betrieben wird, ist entscheidend für den Umgang mit den Kunden.[8]
Um die ganze Tragweite zu verdeutlichen, was es in letzter Konsequenz bedeutet, wenn bei Unternehmen konsequent das Prinzip der Gewinnmaximierung umgesetzt wird, soll noch ein drittes, gut dokumentiertes Beispiel, aus der Pharmaindustrie angeführt werden: Der Fall Paroxetin, ein Antidepressivum für Kinder.
Der Hersteller des Medikaments, der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK), wusste durch interne Studien, dass Paroxetin keinen Nutzen bei der Behandlung von Depressionen bei Kindern erbringt. In einem internen Dokument von GSK heißt es: „Es wäre wirtschaftlich inakzeptabel, einen Vermerk über die Unwirksamkeit aufzunehmen, denn das würde das Profil von Paroxetin unterminieren.“[9] Umgangssprachlich ausgedrückt: Wenn man auf die Verpackung schreibt: „Wirkt nicht!“ verkauft es sich nicht mehr. Dennoch wurde Paroxetin allein in Großbritannien ein Jahr nach diesem internen Memo 32.000 Mal an Kinder verschrieben. Auch in insgesamt neun (!) weiteren Studien in den Folgejahren konnte durch GSK keine Wirksamkeit des Medikaments bei Kindern festgestellt werden.
Doch nicht nur, dass Paroxetin keine Wirkung bei der Behandlung von Depressionen hatte, es hatte besorgniserregende Nebenwirkungen, insbesondere eine Erhöhung der Suizidgefahr, der Selbstmordgefahr, was GSK durch interne Studien wusste, jedoch nicht nach außen mitteilte: „Bei GSK wusste man, dass das Medikament Kindern verschrieben wurde, und man kannte das Risiko, hatte sich jedoch entschieden, diese Information nicht weiterzugeben.“[10] So konnte jahrelang ein wirkungsloses Medikament an Zigtausende Kinder weltweit verschrieben werden, das keine Wirkung, dafür aber signifikante negative Nebenwirkungen hatte.[11]
Aus Sicht konsequenter Gewinnmaximierung macht eine solche Vorgehensweise Sinn. Ich war sieben Jahre lang Investmentbanker. Wenn wir einen Unternehmenskauf finanziert hatten gab es danach drei Unternehmensziele: profit, profit und profit. Für einen Controller sind Konzernprodukte Gewinnträger. Diejenigen Produkte oder Dienstleistungen mit den höchsten Deckungsbeiträgen bzw. Gewinnbeiträgen müssen über das Marketing gepusht werden. Es geht, wie das Prinzip schon sagt, nicht um Kundennutzen oder Bedürfnisbefriedigung, das sind nur die Randbedingungen. Der eigentliche Unternehmenszweck ist maximale Gewinnerzielung. Das Mittel dazu sind die Produkte. Der Zweck heiligt die Mittel, wie das Paroxetin-Beispiel anschaulich zeigt. Das ist die logische Konsequenz der Gewinnmaximierungsmaxime.
Wir sollten uns das mit aller Deutlichkeit klarmachen: Unternehmen, die der Gewinnmaximierung folgen, geht es nicht um das Wohl der Kunden, sondern um das Wohl der Kapitalgeber. Auch wenn praktisch alle Ökonomie-Lehrbücher versuchen, das zu verschleiern und um den heißen Brei herumreden: Das sind alles nur Ablenkungsmanöver. Der Verbraucher wird durch das Gewinnmaximierungsprinzip herabgewürdigt zum Profitbeschaffer – und sonst nichts. Das ist die bittere Wahrheit und die logische Konsequenz.
Das erklärt die ständig steigende, irreführende und unaufrichtige Marketingflut und die zahllosen, ständig zunehmenden Beispiele von Kundenbetrug und Konsumentenübervorteilung wie Gammelfleisch, Gepanschter (Glykol-) Wein, Abo-Fallen, zu viele Versicherungen zu überhöhten Preisen, falsche, schlechte oder überteuerte Medikamente, wirkungslose Schönheitscremes, sinnlose Impfungen mit gefährlichen Nebenwirkungen, Haustür-Vertreter-Geschäfte, geplanter Verschleiß usw. usw., die Liste ist unendlich lang. Diese Phänomene sind alle die letzte Konsequenz aus dem Gewinnmaximierungsprinzip. Auf einige dieser Missstände werde ich unten noch näher eingehen.
Aus Sicht von Mephisto erweist sich das Prinzip der Gewinnmaximierung als ein geradezu fast unerschöpfliches Füllhorn, um Sand in das Getriebe der Ökonomie zu bringen, um die Verbraucher in großem Umfang und systematisch zu schädigen und so ein Gegeneinander statt Füreinander und Miteinander zu bewirken, um über Kundenbetrug und Verbraucherübervorteilung Misstrauen geradezu zu züchten, die Zerstörung von Treu und Glauben herbeizuführen und dadurch letztlich die Moral zu zerstören. Gewinnmaximierung ist ein wahrhaft diabolischer Schachzug.
Mitarbeiter als Produktionsfaktoren statt als Menschen
Ein sehr großer Kostenfaktor für Unternehmen sind die Aufwendungen für die Beschäftigten. Um die Gewinne zu maximieren, kann man daher von zwei Seiten her ansetzen: Löhne drücken und die Mitarbeiter zu höherer Leistung antreiben. Beides wird durch die Konzerne auch umfangreich praktiziert. Nicht nur aus Entwicklungsländern erreichen uns ständig Meldungen über die Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern, die für westliche Großunternehmen unter oft menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, sondern auch bei uns erhöht sich, ausgehend von den kapitalmarkt- das heißt renditegetriebenen Großunternehmen, der Stress am Arbeitsplatz bei gleichzeitig möglichst starkem Druck auf die Entlohnung. Besondere Ausprägungen davon sind Zeitarbeit, Werkverträge und Scheinselbständigkeit. In den letzten Jahrzehnten entstand dadurch in Deutschland ein Niedriglohnsektor mit prekären Arbeitsverhältnissen, wie es etwa in den 1960er Jahren undenkbar gewesen wäre. Krankschreibungen wegen Burn-out und Depressionen nahmen dadurch in den letzten Jahren stark zu.
Symptomatisch für diese Entwicklungen ist der Begriff „Human Resources“, der sich mittlerweile in der BWL eingebürgert hat und der von vielen Personalabteilungen verwendet wird. Unter Human Resources kann man menschliche Rohstoffe, Menschenmaterial, Menschennachschub, menschliche Reserve oder Humankapital – das Unwort des Jahres 2004 – verstehen, wie Rügemer und Wiegand richtig ausführen. Die Begriffe stammen aus dem Bergbau, wo man Ressourcen ausbeutet oder aus dem Militärbereich, wo man aufgeriebene Bataillone durch frisches Menschenmaterial ersetzen muss. Schon der Begriff „Human Resources“ drückt eine Denkweise aus, „die Menschen als rohe Masse sieht, die gewinnbringend auszuheben ist.“[12] Das Wort „Human Resources“ wäre für mich ein ganz heißer Kandidat für ein neues Unwort des Jahres.
Diese Entwicklungen sind für mich kein Zufall, sondern von bestimmten Kräften aktiv gewollt und herbeigeführt. Wenn man sich als Advocatus Diaboli die Fragen stellt: Wie gelingt es, in Unternehmen arbeitende Menschen nicht mehr als Menschen anzusehen, sondern als Produktionsfaktoren, die man – wie Maschinen oder Material – möglichst stark ausnützt? Wie kann man es schaffen, steigende Arbeitslast, Misstrauen, hierarchische statt kooperative Strukturen herbeizuführen? Kurz: Wie schafft man es, das Arbeitsleben immer mehr zur Hölle zu machen? So ist die Antwort simpel: Der Königsweg dazu ist die Propagierung des Gewinnmaximierungsprinzips. Mephistopheles hat seine Freude daran.
[1] Keynes 1936, S.383
[2] Auch die Volkswirtschaftslehre (VWL) baut auf diesem Axiom auf. In der VWL ist es aber nur eines von mehreren Axiomen, während es in der BWL das einzige Zentralaxiom ist.
[3] Schmid, Michael, Peter F. Drucker, der Erfinder des Managements, Trend.at Ausgabe 43/2017, in: https://www.trend.at/branchen/karrieren/peter-f-drucker-erfinder-managements-8429211, abgerufen am 12.2.2019
[4] Vgl. Kreiß/ Siebenbrock 2019, S.53 (Skript)
[5] Vgl. Mirowski/ Plehwe 2009 und ZDF Die Anstalt 7.11.2017, https://www.youtube.com/watch?v=vzUNwWpk6CE
[6] Forbes Jul 17, 2017, https://www.forbes.com/sites/gradsoflife/2018/11/06/salute-to-skills-workshops-for-warriors-and-hire-heroes-usa/#343e37385a11: What is the purpose of a firm? (…) Common-sense tells us that the purpose of a business is to make money. A conversation with almost any businessman or economist shows it to be so. Why else would a firm be in business? Many experts agree: The Economist has recently declared that the goal of maximizing shareholder value, i.e. making money for shareholders, is “the biggest idea in business.” Today, “shareholder value rules business.”
[7] SZ 8.7.2018, SOS H2O https://www.sueddeutsche.de/politik/privatisierung-sos-h-1.4045391
[8] Vgl. Kreiß/ Splettstößer 2014
[9] Goldacre 2013: S. 89
[10] Goldacre 2013: S. 91
[11] Goldacre 2013: S. 88-91
[12] Rügemer/ Wigand 2014, S. 51
Es hieß einmal: „soziale und freie Marktwirtschaft“, jetzt kippt auch die „freie Marktwirtschaft“; es ist ein Diktat durch die Globalisierung und der Großkonzerne.
Ein Beispiel: Ein Buchhändler verfügt über hervorragende unternehmerische Fähigkeiten, dann kommt Amazon…, Fazit: Insolvenz des Buchhändlers!
Der Mittelstand glaubt weiter an ein Märchen und wählt FDP, obwohl er immer aggressiver in seiner Existenz bedroht wird!
Schon der Begriff „Human Resources“ drückt eine Denkweise aus, „die Menschen als rohe Masse sieht, die gewinnbringend auszuheben ist.“[12] Das Wort „Human Resources“ wäre für mich ein ganz heißer Kandidat für ein neues Unwort des Jahres.
Genau: bei Ressourcen denkt man an Schüttgut. Aus der Geschichte des 20. Jhdts. wissen wir nur allzu gut um die Behandlung von Menschen als Stückgut (Richtung KZ oder Gulag). Wer jemals das G 10-Güterwagendenkmal in Yad Vashem gesehen hat, erkennt sofort, wie bestialisch schon das war. Aber nach unten ist die Skala der Bestialität leider offen …
Die Konsequenz aus max.Gewinnerwartung ist bedeutend dramatischer. Bin ich ein Ackergiftproduzent, sind Bienen meine Gegner und ich maximiere meine Gewinnerwartung (potentielle zukünftige Gewinne) indem ich sie beseitige. Ich habe ja bestimmst schon in Bestäubungsdienste investiert oder will es in Zukunft tun.
Es hieß ausdrücklich, dass Gewinn nicht das Ziel von Unternehmen, sondern das Ergebnis der Erfüllung von Kundenbedürfnissen sei.[4]
Dazu eine kleine Anmerkung. In einer AG auf der Betriebsversammlung vor vielen Jahren wurde in dem Bericht der Geschäftsleitung immer wieder von “Kunden” gesprochen. Uns fiel auf, dass der Begriff “Kunde” aber nicht zu den Ausführungen der Geschäftsleitung passte. Bis wir endlich bemerkten, dass mit dem Begriff “Kunde” der AKTIONÄR gemeint war.
So gesehen wird natürlich immer noch der “Kunde” bedient. Der Aktionär ist zum “Kunden” mutiert. Und die Kunden (Konsumenten) und Mitarbeiter sind zu den “human Ressources” geworden – zuständig zum arbeiten für billig und teurem konsumieren.