Die falsche Emanzipation

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Politik (Inland), Spiritualität

Die Welt verlangt nach einer Stärkung des weiblichen Prinzips — Frauen in der Bundeswehr stärken nur das Patriarchat und seine Gewalt-Agenda. Das weibliche Prizip — also beispielsweise Intuition, Hingabe, Empfänglichkeit, soziale Fähigkeiten — müsste dringend in uns allen gestärkt werden, damit unsere Welt wieder heil wird und in die energetische Balance kommt. Das Gegenteil geschieht jedoch, wenn Frauen die traumabelasteten und fehlinterpretierten „männlichen“ Eigenschaften kopieren. Denn das Urprinzip der „Männlichkeit“ ist weder gewaltätig, noch herrscherisch oder ausbeutend. Statt Yin und Yang — das Gleichgewicht der Energien in der chinesischen Philosophie — herrschen derzeit auf unserem Planeten Yang und Yang. Frauen sollten sich weigern, Soldatinnen zu sein, und anfangen zu kämpfen: Für wirkliche Gerechtigkeit, wahrhaftigen Frieden zwischen den Menschen und eine echte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau – innerhalb der Gesellschaft – nicht an der Front.  Maren Herz„Vor langer Zeit einmal verehrten wir einander, schwammen im Einklang mit den Meeren, doch warfen einen Anker. Lebten fortan unter einer Kuppel, abgeschirmt vom Rest der Welt, versteinerten, wuchsen fest, weil es uns selbst gefangen hält. Einigkeit vergessen, aussterbendes Korallenriff, weil Stillstand der Feind von allem Leben ist“ (Morgaine, Vereinigung).

Wir haben vergessen, wer wir wirklich sind. Und wir haben vergessen, was uns eigentlich ausmacht. Mit „wir“ meine ich uns alle — Frauen wie Männer. Wir haben vergessen, welche leuchtende Kraft und welches enorme Potenzial in jedem von uns wohnt und nur darauf wartet, endlich von uns entdeckt und gelebt zu werden.

Doch die Wahrheit ist, wir leben nur winzig kleine Bruchstücke unseres wahren Kerns.

Wir haben uns im Laufe der vergangenen Jahrtausende immer weiter von uns selbst und von unserem ureigentlichen Seinszustand entfernt. Indem wir Yin und Yang in uns aus der Balance gebracht haben, brachten wir auch die Welt um uns herum aus der Balance.
Alles ist miteinander verbunden, beeinflusst und bedingt sich gegenseitig. Alles ist miteinander in Resonanz und spiegelt sich gegenseitig. „Wie im Innen, so im Außen“ — ist nicht nur ein spiritueller Postkartenspruch. Es ist ein quantenphysikalisch bewiesenes Prinzip.

Die zwei Prinzipien

Es gibt in uns und auf der Erde zwei Hauptprinzipien: das weibliche und das männliche. Das weibliche wie das männliche Prinzip existieren in jedem Menschen geschlechterunabhängig. Das Weibliche und das Männliche gehören zusammen und können ohne das andere nicht existieren, zumindest nicht in ihrem Urzustand. Beide in ihrer Ausgewogenheit machen uns Menschen erst vollständig.

Dieses weibliche Prinzip wertzuschätzen wie das männliche Prinzip, diese weibliche Stimme in uns und in allem anderen wiederzubeleben und in dieser Welt auszudrücken, ist eine Evolution der Menschlichkeit.

Das weibliche Prinzip ist das Prinzip des Seins. Für alle, die sich nichts Genaueres darunter vorstellen können, hier eine kleine Hilfe: Fühlen, spüren und hören auf die eigene Intuition und das Herz, loslassen können, empfangen, kooperieren, Gemeinschaften bilden, integrieren, Rhythmen achten, einen Zugang zu seinen Gefühlen haben, geschehen lassen können, tief dem Leben vertrauen et cetera — das alles ist dem weiblichen Prinzip zuzuordnen. Hier einige Gegenüberstellungen, um das zu verdeutlichen:

Männlich — Weiblich

Verstand — Intuition
Kopf — Herz
Fokus — kein Fokus
aktiv — passiv
Kontrolle — Hingabe
machen — empfangen
Stillgestanden, Kameradinnen!

Doch was hat dies alles mit der Bundeswehr und deren aktueller Webserie „Die Rekrutinnen“ zu tun? In dieser Serie präsentiert sich die Bundeswehr „cooler“ denn je:

Untermalt mit „Banger Beats“, modernem Corporate Design, schnellem Videoschnitt und typischem „YouTuber-Vlogger“-Videostyle wird dem Zuschauer ein besonders lässiger, cooler und lustiger Vibe transportiert, der so richtig Lust machen soll — Lust auf eine Karriere bei der Bundeswehr.

Die Werbeserie ist nicht neu, seit November 2016 existieren „Die Rekruten“ bereits im Netz. Neu ist aber, dass sich dieses Mal der Fokus klar auf weibliche Rekruten richtet. Frauenpower pur also! Ganz im Sinne der neufeministischen Welle, die erfreulicherweise immer stärker wird und so Themen wie Menstruation, Sexualität, aber auch sexuelle Gewalt, Weiblichkeit, Scham, Frauenrechte und Gleichberechtigung immer mehr in den öffentlichen Diskurs spült.

Klar, dass die Bundeswehr hier versucht, mitzuschwimmen und junge Frauen gezielt anzusprechen: „Ihr Frauen wollt Gleichberechtigung? Na, dann kommt zu uns! Hier dürft ihr zeigen, dass ihr genau das Gleiche drauf habt wie die Männer!“ — Ironie off.
Germany‘s Next Topmodel — nur schlimmer!

Beim Anschauen der einzelnen Folgen auf YouTube fällt mir sofort auf, dass die Frauen (auch die Männer) ständig von den Vorgesetzten heruntergemacht werden. Ihnen wird konstant das Gefühl gegeben, etwas falsch zu machen, schlecht und dumm und eigentlich sowieso nie gut genug zu sein. Eigentlich werden sie die ganze Zeit über angeschrien. Mich widert das so an, dass ich es kaum schaffe, alle Folgen durchzuschauen.

Außerdem erinnert mich das sehr stark an Gefühle, die ich früher beim Lesen einer Mädchen- oder Frauenzeitschrift bekam: nicht gut genug, nicht schön genug, nicht richtig — kurzum: mangelhaft zu sein. Teilweise musste ich während des Schauens an „Germany’s Next Topmodel“ denken, denn auch hier sind die gleichen Muster zu finden: Ständig das „richtige Laufen“ üben, die permanente Abwertung der Teilnehmerinnen, deren eigene Bedürfnisse als unwichtig erachtet werden.

All diese genannten Dinge lösen große Unsicherheiten in einem Menschen aus. Doch genau die braucht es, um jemanden neu formen zu können. Die jungen Frauen, die sich gerade am Beginn ihrer Ausbildung bei der Bundeswehr befinden, wirken auf mich alle etwas unsicher, naiv und stringent von ihrem Auftreten und ihrer Art her. Gehorsam und Unterwürfigkeit stehen bei ihnen an oberster Stelle. Frau muss funktionieren.

Disziplin und Verstand sind wichtig, Gefühle und Herzlichkeit gehören hier nicht hin. Kein Platz für das weibliche Prinzip. Noch weniger als sonst irgendwo in unserer Gesellschaft. Dies macht das Ganze noch perfider.

Wenn Frauen ausschließlich vom männlichen Prinzip in einem patriarchalischen System umgeben sind, ist das absolut toxisch für sie und kann sie auf Dauer wirklich krank machen. Viele stumpfen aber einfach nur ab und werden zu kleinen, programmierten Schnipseln ihres eigentlichen Selbst.

Das macht mich unglaublich traurig. Aber das soll nicht heißen, dass Frauen nicht fähig wären, zu kämpfen — ganz im Gegenteil! Ich bin der Meinung, dass Frauen sehr wohl eine kämpferische Seite in sich tragen, jedoch verbunden mit ihren weiblichen Kräften und ihrem ursprünglichen, zyklischen inneren Wesen, das sie sind — vergleichbar einer Löwin, die ihr Junges beschützen will und zu allem fähig ist.

Die weibliche Kraft

Eine Frau, die mit ihrer inneren Kraftquelle verbunden ist, ruht in ihrer weiblichen Intelligenz und ist keine Marionette ihrer Umwelt. Sie ist ihre eigene Herrin. Sie ist Schöpferin. Sie weiß, was sie will und was sie nicht will, sie schert sich nicht darum, was andere von ihr halten, sie braucht niemandem zu gefallen. Sie lebt ihre Zyklen und weiß um die Kraft der Menstruation, aus der sie ihre größte Energie schöpft, weil das Blut sie immer wieder erneuert.

Sie lebt und liebt ihre unterschiedlichen Emotionen im Rhythmus der ihr innewohnenden Natur, das Wilde genauso wie das Sanfte, das Mädchenhafte wie das Mütterliche, das Kämpferische genauso wie das Heilende und Heilige. Mal heiß, mal kalt, mal liebevoll, mal zornig, mal engelsgleich, mal lustvoll und verdorben … — so, wie sie sich eben gerade fühlt. Sie verstellt sich nicht und passt sich niemandem an. Sie ist echt. Sie ist stark und wild, unkontrollierbar und geht ganz in ihrer natürlichen, kraftvollen Selbstverständlichkeit auf. Sie lebt all ihre Anteile und Facetten je nach Lust und Laune, je nach Gefühl. Sie folgt ihrem Herzen und ihrer Intuition.

Sie braucht keine Liebe, sie IST LIEBE. Sie lebt ihre Visionen und Leidenschaften, mal sanft und warm und weich und nährend, mal radikal und unerbittlich, mal frech und kokett, mal freud- und lustvoll, mal distanziert und abweisend. Eine Frau, die all ihre Facetten zulässt und sich ganz sich selbst hingibt, ohne sich darum zu scheren, wer sie liebt oder nicht liebt, wer sie mag oder nicht mag, ist die pure Macht und die reine Lebensenergie.

Das macht vielen oft Angst. Vor allem macht es dem Patriarchat Angst. Denn diese Kraft lässt sich weder kontrollieren noch besitzen und schon gar nicht beherrschen. Die Palette weiblicher Anteile wurde über die Jahrtausende auf Fragmente reduziert.

Viele Männer wissen aber immer noch nicht, dass sie sich damit auch selbst auf wenige Fragmente ihres Mannseins beschnitten haben.

In der Armee Soldatin zu sein und das weibliche Prinzip zu leben, sind für mich zwei sich völlig ausschließende Vorhaben, zwei unvereinbare Prinzipien. Deswegen ist die Bundeswehr für mich auch keine Chance zur Gleichberechtigung, sondern ein Fortsetzen der Zerstörung von weiblicher Energie.

Auf unserer Erde herrscht, wie gesagt, ein starkes Ungleichgewicht zwischen dem männlichen und dem weiblichen Prinzip. Die weibliche Kraft erfährt nicht den gleichen Stellenwert wie die männliche. Das bedeutet, dass die Menschen das männliche Prinzip sehr einseitig leben, das weibliche Prinzip in sich ablehnen und unterdrücken — mit verheerenden Folgen für unsere eigene Gesundheit, unseren Umgang mit den Mitmenschen und den Umgang mit den Ressourcen der Erde. Gesundes und organisches Wirtschaftswachstum wird dadurch auch verhindert. Wir haben das weibliche Prinzip weitestgehend ignoriert und eine männlich-dominante Gesellschaft geschaffen.

Noch mal, falls der eine oder die andere etwas verwirrt sein sollte: Weiblich und männlich bezieht sich nicht auf Frauen- und Männertypisches, sondern auf die beiden Energiequalitäten Yin und Yang, die wir bestenfalls beide — in Balance — in uns tragen. Es geht darum, diese beiden Qualitäten, die in jedem Menschen wirken, in ihrer ursprünglich lebensformenden Kraft zu ergründen und zu leben. Es geht nicht um eine Vorherrschaft des Weiblichen, sondern um einen heilvollen Ausgleich beider Kräfte. Nur so kommen wir zu einem ganzheitlichen Verständnis von Mensch, Natur und Kosmos und damit zu einem klaren JA zum Leben.

Gleichberechtigung und weibliche Emanzipation können doch nicht daraus bestehen, dass wir das weibliche Prinzip — die polaren Eigenschaften, die man dem Weiblichen zuordnen kann — einfach abschalten, verleugnen, verdrängen, vergessen und verunglimpfen, als wären sie schlecht oder „unzeitgemäß“. Wenn wir das tun, zerstören wir nicht nur unsere Mutter Erde, sondern auch uns Menschen.

Frauen haben gelernt, dass sie immerzu kämpfen und dazu noch die besseren Männer sein müssen. Nur dann gibt es Anerkennung. Doch meist ist es ein Kampf gegen sich selbst.

Mit der weiblichen Kraft hat Kämpfen — im zerstörerischen Sinne — nichts zu tun. Wenn Frauen an sich glauben und aufhören, männliche Wege zu gehen, finden sie so zu sich selbst zurück. Das Frausein ist etwas Wunderbares und zutiefst Kraftvolles — auf seine eigene Art. Es steht auf der gleichen Ebene wie das Mannsein. Eine innere Veränderung, der immer eine Veränderung im Außen folgt, ist das Wahrnehmen und die Selbsterlaubnis, das eigene, vollständige weibliche und männliche Prinzip zu leben.

Es ist nun an der Zeit und die Aufgabe von Frauen und Männern, dieses Gleichgewicht auf der Erde wiederherzustellen. Alle Menschen vereinen alle Facetten in sich, und sie dürfen sie leben. Die Wiederentdeckung der weiblichen Kraft in Frau und Mann versöhnt die Geschlechter. Ohne sie ist ein Frieden in der Welt nicht möglich.

„Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick.
Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben,
verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern“
(Thích Nhất Hạnh).

Quellen und Anmerkungen:

(1) Westphalen, Jutta: Die Urkraft der Weiblichkeit oder weshalb Frauen die besseren Lebenskünstler sind, Via Nova Verlag, 2016.
(2) Eleni, Eva-Maria: Die Befreiung kraftvoller Weiblichkeit, Books on Demand, 2014.
(3) Rumpel, Kristina Marita: Die Kraft des Weiblichen. Der Schlüssel für Frau und Mann in eine lebensbejahende Welt, Mankau Verlag, 2014.
(4) https://www.kontaktvoll.de/weiblich-und-maennlich
(5) http://www.seelen-support.de/teil-5-das-maennlich-weiblichen-urprinzip/
(6) http://www.gender-dynamics.com/home/weibliches-prinzip

Maren Herz, Jahrgang 1992, bekannt unter dem Künstlernamen „Morgaine“, ist Singer-Songwriterin, Künstlerin und Aktivistin. Sie lebt in Wien und setzt sich in jeglicher Form für Frieden und Gerechtigkeit ein. Mit ihrer Musik will sie die Menschen berühren und zum Nachdenken anregen. Als Aktivistin macht sie auf Themen wie sexuelle Gewalt, die fehlende Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, die Tabuisierung der Menstruation oder Sexismus aufmerksam. Die junge Frau hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Schwachen und Kleinen einzustehen, und hat es geschafft, aus den ihr widerfahrenen Traumata eine Stärke zu ziehen, mit der sie anderen Menschen helfen kann.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.

Einen Kommentar hinterlassen

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen