Die gute alte Ordnung

 In FEATURED, Poesie

Gegen das Wort “neue Normalität” haben sich viele verwahrt. Die “alte Normalität”, also unser Leben wie es noch bis Januar 2020 gewesen ist, sehnen jedoch viele wieder herbei. Ist das gerechtfertigt angesichts von Krieg, Umweltzerstörung und Ungleichheit, die es auch “damals” selbstverständlich gab (hätten wir sonst ein kritisches Webmagazin betrieben)? Bernhard Trautvetter verschafft uns in seinem Gedicht einen multiperspektivischen Blick auf Corona und alles, was damit zusammenhäng.

Der alte Herr

bitter der anklagend stolze Ton

Jetzt kann man wieder frei sagen

dass damals im tausendjährigen Reich

nicht alles so schlimm war.

und die Wehrmacht tat was eben sie konnte.

Und sie konnte viel.

 

Die junge Frau,

bitter der anklagend traurige Ton

Die Kinder können in der Schule nicht mehr

offen atmen frei lernen unbeschwert spielen

sie sorgt sich um Tochter und Sohn.

Der Virus, ist er nun eine Gefahr oder nicht?

 

Die Angehörigen einer Kranken

auf der Intensivstation

kämpft sie um ihr Leben

am Beatmungsgerät gegen

Erreger, die keiner gut genug kennt.

 

Der Sportler

wieder genesen und Abwehr positiv

hat den Virus überstanden.

Kann noch nicht wieder frei atmen

hofft auf die nächste Saison.

 

Der Demokrat sorgt sich um die Freiheit

in einem unterdrückerischen

imperialen Geschäftemacherstaat

mit neuester Technik zur Überwachung

Durchleuchtung der Menschen um 360 Grad.

 

Der Wissenschaftler

der gerlernt hat, den Zweifel zu pflegen

bis Fakten das Gegenteil belegen.

Und der Wissenschaftler, der genau weiß,

weil die Fakten der Macht Fragen aufwerfen

aber keine Antwort hält dem Zweifel Stand.

Hier die Horrornachrichten überfüllter Leichenhäuser

da der Präsident, der das alles für Märchen hält.

 

Der Geschäftsmann reibt sich die Hände

Milliarden fließen ins Netz,

Innenstädte bluten aus, aber der Dollar rollt

bargeldlos im onlinehandel

sekundenschnell in Bruchteilen der Zeit,

die keine Macht mehr kontrollieren kann.

 

Die private Verfügung

über die Reichtümer, die Milliarden

Menschen helfen könnten

und der kommenden Generation

fließen über Oasen gesteuert

in einen virtuellen Sack direkt

in die Yacht, staatenlos,

gut mit den Lenkern vernetzt,

die man oft nicht mal bestechen muss,

sie funktionnieren mit vorauseilender

Untertänigkeit voller Angst

man könnte Arbeitsplätze massen haft frei setzen

und wenn Angst nichts hilft beim Zugriff

auf Märkte Ressourcen und auf den Staat

dann gibt es immer noch Abschreckung

humaitäre Intervention künstlicher Intelligenz

das große Geschäft.

Auch noch im Treibhaus Erde

bis zum bitteren Ende

ist der Luxus süß.

 

Derweil kämpfen die möglichen Gegner

gegen ein ander, sorgen sich für dies oder das

aber stellen zum Glück

das System der wenigen Plätze ganz oben

und der Abhängigkeit Angst und Not

in der Breite

nicht in Frage.

Höchstens dass sie sich mal

auf regen gegen einen besonders

offen sichtlichen Skandal

persönlich heimtückischer Hinterlist.

Aber dann tauschen wir einfach mal einen

Platzhirsch aus und das Geschäft

geht munter in die nächste Runde.

Man muss dem Stimmvieh genannt Wähler

nur sagen, das war immer so

und wird immer so sein.

Wer dagegen angeht, ist ein Radikaler

ein Träumer wirklichkeitsfremd,

glaubt er doch,

es gäbe eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Wenn das die Leute glauben,

dann ist die gute alte Ordnung

in größter Gefahr,

ehe sie ohnehin irgendwann einmal

in sich

zusammen

fällt.

Kommentare
  • Gerold+Flock
    Antworten
    CORONA-SATIRE??? – Vor Covid19 durfte mensch 8-15 Stunden täglich Malochen,
    um dann zwischendrin zu Konsumieren und sich am Abend
    von irgendwelchen Soaps- & Talksschows von seiner TV
    -Glotze verblöden zu lassen, um dann am Wochende
    diese Dauer-Montonie & “Moderne Sklaverei im Dauerstress”
    in irgendwelchen Bars und Kneipen mit Smalltalk
    und Alkoholismus zu bekämpfen. – So sah die sogenannte
    FREIHEIT vor der Corona-Pandemie aus.
    Nun darf mensch diesen system-relevanten SCHWACHSINN
    nur noch mit Atem-Masken und Abstand… und das Dilemma
    nennt der Wohlstands-Egomane und die konforme Spieß-
    bürgerin nun also Diktatur?
    Das Problem scheint doch eher zu sein, daß uns der
    OBER-VIROLOGE und das ehemalige NAZI-INSTITUT und die politische Korruption mit diesem LOCK-
    DOWN zur Zeit die Möglichkeit genommen haben UNS weiter effizient
    an unserer eigenen globalen-neoliberalen VERNICHTUNG, durch genau diese kapitalistische Lebens-
    weise, die UNS nun eingeschränkt wurde zu Beteiligen.
    Ok. Die Reichen und Superreichen gehen noch reicher aus der
    Corona-Krise raus und auch unsere verlogenen Parlamentarier
    bekommen weiter ihre FETTEN DIÄTEN für IHR Regierungs-Chaos.
    Aber sonst? – Kann doch für das VOLK eigentlich nur alles,
    nach dieser aufgeblasenen und übertriebenen ANGST- und
    PANIKMACHE und nach dieser Virus-Krise, nur noch schlimmer und
    gnadenloser und stressiger werden?
    Darüber sollte mensch sich aufregen und nicht über
    Atem-Masken? G.F.

    Wir müssen uns entscheiden zwischen Utopie und Dystopie. Diese besteht in einer Rückkehr zu einem sinnlos und immer schneller vor sich hin produzierenden Kapitalismus, perspektivisch flankiert von einer digitalen Diktatur als Überbau. Soll das unsere Zukunft sein?

    Kapitalismus funktioniert nur, weil wir das Habenwollen als Ersatzbefriedigung für all die Sachen akzeptieren, die Menschen am meisten wünschen: Nähe, Geborgenheit und die Erfahrung von Kohärenz.

    Kohärenz besitzt im Wesentlich drei Dimensionen: Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und das Gefühl der Sinnhaftigkeit. Das Gefühl der Kohärenz ist laut Aaron Antonovsky, einem amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen, das, was uns gesund und lebendig erhält.

    Wir könnten eine Gesellschaft errichten, die diesen menschlichen Bedürfnissen und Wünschen Rechnung trägt. Ihr Hauptproduktionsgegenstand wären menschliche Beziehungen und Glück, und Freundlichkeit wäre deren vorherrschender Kommunikationsstil. Da die Pandemie und ihre Ursachen global sind und sich die Menschheit in ihr und durch sie als Einheit erfährt, wäre eine globale Realisierung der Utopie möglich und nötig. GÖTZ EISENBERG

    Götz Eisenbergs Tagebuch zum Nachlesen.
    https://www.gew-ansbach.de/tag/corona-tagebuch/

    Corona-Tagebuch – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

    gew-ansbach.de

    Corona-Tagebuch – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
    Corona-Tagebuch – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

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