“Die Partei” – hat sie immer Recht?
Überraschung: Es gibt nicht nur Union, SPD, FDP, Grüne, Linke und AfD, sondern auch dutzende weitere Parteien, die zur Euopawahl anstehen. Wenn Sie von denen bisher nur wenig gehört haben, hat das einen guten Grund. Die Presse will die “Regierbarkeit” Deutschlands durch Fokussierung auf wenige und das Kleinhalten der restlichen Parteien sichern. Viel kreatives Potenzial bleibt so ungenutzt. Die notorische Querfühlerin Monika Herz hat sich einmal eine dieser verschwiegenen Parteien genauer angeschaut: genannt schlicht “Die Partei”. Moment, ist diese politische Formation nicht eher ein Witz? Vielleicht, aber manches, was die zum Spaß fordern, ist ansprechender als die ernst gemeinte Politik der Etablierten. Und in einer Zeit, in der “seriöse” Politik – siehe etwa die Fälle Seehofer und Trump – nicht selten zur Farce wird, ist es da nicht ehrlicher, zuzugeben, dass man es nicht ernst meint? Monika Herz
Sehr geehrte, liebe Frau Merkel,
kurz vor der Europawahl melde ich mich bei Ihnen. Sie erinnern sich? Ich bin Ihre Kanzlerflüsterin.
Gerade vorhin hab ich gelesen, dass es Ihnen gelungen ist, Mr. Fonald Dump zu besänftigen. Dieser schimpft seit langem lauthals, dass wir zu wenig Geld für die NATO ausgeben. 2 Prozent will er. Vom BIP. Wir haben jetzt auf 1,38 erhöht. Und wie schlau wir das gemacht haben! Statt Waffen haben wir Zahlen geliefert. Obwohl wir für Rüstung gar nicht mehr Geld ausgegeben haben als sonst auch, haben wir prozentual mehr ausgegeben, weil die Wirtschaft nämlich schwächelt. Und Ausgaben für friedenstiftende Maßnahmen vom Auswärtigen Amt haben wir dem NATO-Konto rübergeschoben, das geht nämlich.
Ohne Frieden geht nämlich gar nichts. Das Ziel der NATO ist Freiheit und Sicherheit. In Frieden natürlich. Leider gilt der fromme Wunsch nicht für alle, sondern nur für die Mitglieder. Egal. Jetzt schauen wir mal, ob der Mr. Dings nicht wenigstens für eine Weile aufhören mag, rumzustänkern.
Fonald Dump. Sie wissen schon, wer das ist, oder? Der Name ist eine Kreation der Partei “Die Partei”, glaube ich. Zumindest nutzen sie den Slogan: “Truck Fonald Dump!” Während meiner Recherchen zur Europawahl ist mir Die Partei wieder mal über die Füße gelaufen. Weil ich nämlich nicht weiß, ob ich wählen soll und wenn ja, wen. Also rief ich den Wahlomaten auf und beschloss, dass ich, wenn ich wählen gehe, die Partei wähle, die er mir vorschlägt. Das Ergebnis war, dass jetzt doch zwei Parteien, nämlich mit jeweils genau 86,8 % Übereinstimmung Die Linke und Die Partei, meinen Grundkonflikt heraufbeschwören (falls ich überhaupt wählen gehe): Soll ich strategisch wählen oder – ähm – was ist eigentlich das Gegenteil von strategisch? Ich suche und finde: entspannt, leicht, offenherzig, gelassen, freudig, genüsslich, spontan, gechillt.
Ich finde, das Strategische braucht dringend einen Gegenpol! Eine gechillte Partei. Was kann es gechillteres geben, als zu wissen, dass Die Partei wahrscheinlich einen Kandidaten und mit viel Engagement vielleicht zwei Kandidaten in die Europa-Arena schicken wird. Als Kanzlerflüsterin möchte ich Ihnen raten: Seien Sie ruhig auch einmal gechillt. Und machen Sie ruhig auch weiter so bis bisher. Außenpolitisch haben Sie gerade wieder mal brilliert! Füttern Sie die NATO ruhig weiter mit Zahlen, statt mit Waffen. Wie ich gehört habe, enthalten diese Nato-Zahlen auch Gelder für friedenstiftende und –erhaltende Maßnahmen (aus dem Budget des Auswärtigen Amtes).
Machen Sie ganz gechillt weiter so! Ordentlich Geld locker machen für ein richtig großes Friedens-Event. Wo? Im Nahen Osten vielleicht? Ich schicke Ihnen gerne eine Liste mit Namen, wer eingeladen werden soll. Dieses Event soll dauern, bis alle mit allen Frieden geschlossen haben. Das wird sich einige Jährchen hinziehen. Deswegen erhöhen wir dann das Budget immer weiter und die NATO ist zufrieden.
Moment, der BIP lag 2018 bei 3.386 Milliarden Euro. 2 % – also das, was Mr. Dump von mir (und jedem, auch Kindern und Alten) haben will für die NATO (für seine Kriege!) sind immerhin 825,- Euro im Jahr. Liebe Frau Merkel, wenn ich Ihnen noch was flüstern darf: Lassen Sie doch uns selber bestimmen, für was unser Geld ausgegeben wird. Also so ein Friedens-Event im Nahen Osten, damit wäre ich schon einverstanden.
Erweiterung der Demokratie – so nennt sich das. Tut gar nicht weh. Geht ganz entspannt und gechillt. Wenn genügend Kohle und Leute dabei sind, die so ein Event genüsslich und freudig und womöglich gar spontan inszenieren. Das Einzige, was Sie dabei tun müssen, ist: Geld einplanen und rausrücken. Mit 5 Milliarden kann man schon was anstellen. Ein paar ReferentInnen müssten Sie halt auch noch einstellen. Und dann kanns losgehen!
Ach, diese Träume am Morgen… Dieser Wahlomat! Wie kommt der eigentlich dazu, mir 86,8 % Übereinstimmung mit Der Partei zu verpassen? Die meisten Fragen, die mir der Wahlomat gestellt hat, kommen im Europa-Wahlprogramm Der Partei gar nicht vor. Jedenfalls wäre meine Antwort auf Erdogan nicht, ihn einzuladen, ins Gefängnis zu stecken und gegen einen der inhaftierten Journalisten auszutauschen. Nicht einmal mit dem Großen Bekenntnis Der Partei stimme ich voll überein:
Die Partei fordert die Durchsetzung allumfassender universeller Gesamtgerechtigkeit, zumindest aber doppelt so viel Gerechtigkeit wie die SPD. Beschwerden über angebliche Ungerechtigkeiten sind mit aller Gewalt zu unterdrücken. Um den gesellschaftlichen Stellenwert der Gerechtigkeit zu unterstreichen, steigt der Hamburger SV künftig jährlich ab, wohin auch immer.
Ich bin überhaupt nicht für die Unterdrückung von Beschwerden, schon gar nicht mit aller Gewalt. Und der Hamburger SV – muss er wirklich absteigen?
Ich finde so wenig Übereinstimmung – bei dem Wahlomaten muss irgendein Algorithmus durchgedreht sein. Andrerseits – immerhin – dem Bürgergeld kann ich zustimmen: Sämtliche Bundestagsabgeordneten verfügen über ein nicht unerhebliches bedingungsloses Grundeinkommen und sollten ein solches auch dem Bürger nicht vorenthalten. Bis zur Umsetzung werden ihre Diäten an die Hartz-IV-Sätze gekoppelt.
Tja. Das würde dem neuen Gesetz zum Bürgergeld Beine machen. Diese Forderung Der Partei hätte womöglich sogar eine gute Chance bei einer Volksabstimmung. Das kann ich Ihnen auch noch flüstern.
Und jetzt wünsch ich Ihnen noch einen guten Tag!
Ihre Monika Herz