Die Phase der Wahlversprechen jetzt: Anfangsphase der Verlogenheiten demnächst

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Straßenbild, Skopelos

166. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Gleich drei Themen greife ich in meinem heutigen Bericht nochmal auf: wie es unserer Helferin Uschi geht; was der renommierte Publizist Otto Köhler zum Thema Reparationen zu sagen hat; und was es – leider – auf sich haben könnte mit den humanen Planungen der SYRIZA jetzt.  Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

zunächst eine – nunja: halbwegs – gute Nachricht vorweg: unsere “Außenhelferin” und Griechenlandreisende Uschi ist inzwischen wegen ihres Bruchs, den sie sich vor knapp zwei Wochen in Griechenland zugezogen hatte, erfolgreich operiert worden, und es geht ihr, wie Kalle schrieb, „soweit ganz gut“. Auf ihrem Flug nach Hamburg – Uschi hat sich in der Universitätsklinik Eppendorf der erforderlichen Operation unterzogen – hatte sie übrigens ein Arzt aus Athen begleitet, während Kalle, ihr Ehemann, noch in Kyparissi/Südpeloponnes bleiben musste, um dort alles für seine Rückreise erledigen zu können. Unsere guten Wünsche begleiten Uschi auch weiterhin, und wir hoffen sehr, daß ihre Genesung rasche Fortschritte macht!

Etwas abrupt ist selbstverständlich auch diesesmal der Wechsel zu Nachrichten über unsere Spendenaktion. Nun, das Spendenergebnis von 270,- Euro, über das ich Euch in der letzten Woche berichten konnte, von 9 UnterstützerInnen uns zugedacht, wurde während der letzten sieben Tage zwar nicht “getoppt”; aber auch bei einem Neuzugang von 215,- Euro, überwiesen von 5 HelferInnen an uns, muss uns um den Fortgang unserer Hilfsaktionen nicht bange sein, und ich danke erneut – auch im Namen des gesamten Helferteams – allen UnterstützerInnen sehr! Ihr wisst ja: so mitten im Monat sind solche Hilfszahlungen keine Selbstverständlichkeit!

Und bei dieser Gelegenheit – ich erwähne es am Rande nur: Auch unsere Website www.hinter-den-schlagzeilen.de könnte mal wieder einen deutlichen Spendenzugang bestens vertragen. Schließlich stellt ja HdS seit langem die wichtigste Basis dar, auf deren Boden wir für unsere Hilfsaktion zu werben vermögen.

Noch sind neue Hilfsprojekte nicht in Planung – konkret jedenfalls nicht –, aber Euch ist ja bekannt, dass unsere HelferInnenorganisation noch über ein zweites Reiseteam verfügt, das regelmäßig zur Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen und Institutionen nach Griechenland fährt: Evi und Tassos Chatzatoglou. Bestimmt kann ich auch über deren Hilfsaktionen in nächster Zeit berichten.

Erinnert Ihr Euch noch an meine letzten Berichte, in denen ich wiederholt über das ungelöste Reparationsthema Informationen an Euch weitergab? – Nun, zwei weitere Mitteilungen zu dieser Frage möchte ich Euch heute nicht vorenthalten.

Zum einen: der bundesdeutsche Schriftsteller und Publizist Otto Köhler (Tucholsky-Preisträger 2007) – seit langem engagierter Kritiker, was rechtsextremistische Trends und Geschehnisse in der Bundesrepublik betrifft – hat auf der letzten Mitgliederversammlung des PEN eigens eine Resolution zu diesem Thema eingebracht, am vergangenen Wochenende war das, in Chemnitz fand dieses Treffen statt. Aus dem Wortlaut dieser Resolution:

„Wir, die in Chemnitz versammelten Schriftsteller und Autoren des Deutschen PEN, schämen uns für unser Land, so wie es von unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber Griechenland vertreten wird. (…); Bei ihrer Griechenlandreise am 11. Januar erklärte die deutsche Bundeskanzlerin dem griechischen Staatspräsidenten: ‚Alles in allem dürfen Sie davon ausgehen, wir sind uns unserer historischen Verantwortung bewusst, wir wissen auch, wieviel Leid wir über Griechenland gebracht haben.‘ Für die Griechen war das Hohn, denn über eine Wiedergutmachung dieses Leids sagte sie kein Wort.

Wir, die Schriftsteller und Autoren des Deutschen PEN bitten Griechenland um Entschuldigung für unsere Regierung.“

Nun, wie die PEN-Mitgliederversammlung am letzten Wochenende über diese Resolution entschieden hat, ist derzeit noch nicht bekannt. Bemerkenswert allerdings schon jetzt, dass auf diesem Schriftstellertreffen überhaupt ein solcher Antrag eingebracht worden ist! Und bemerkenswert auch, was Otto Köhler in der letzten Freitagsausgabe der JUNGEn WELT den Leserinnen und Lesern über jene Schuldenkonferenz mitzuteilen wußte, die 1953 in London stattgefunden hatte, mit den Alliierten auf der einen Seite und der Bundesrepublik auf der anderen Seite des Verhandlungstischs! Kurz zur Erinnerung:

Auf dieser Schuldenkonferenz wurden alle Reparationsansprüche erstmal vertagt und verschoben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag eines “wieder”-vereinigten Deutschlands und eines rechtsgültigen Friedensvertrages mit Deutschland. Man möchte es kaum glauben, aber Verhandlungsführer auf deutscher Seite war damals Hermann Josef Abs, vormals Aufsichtsrat von IG Auschwitz und – wie Köhler schreibt – „genialer Arisierer der Deutschen Bank“. Tja, und eben diesem Hermann Josef Abs war vor allem zu verdanken, dass sich die Alliierten auf den oben skizzierten „Deal“ einließen, darauf nämlich, dass die Klärung der Reparationsansprüche vertagt werden solle auf den Zeitraum nach einem „Friedensvertrag“. Die dem Verhandlungsführer Abs wohlgesinnte Stuttgarter Finanzwissenschaftlerin Professor Ursula Rombek-Jaschinski schrieb dazu:

„Die Erfolgsgeschichte des Londoner Schuldenabkommens war sozusagen der finanzökonomische Teil des deutschen Wirtschaftswunders, der sich in stiller Effizienz weitgehend unbemerkt vollzog.“

Heißt mit anderen Worten: der Aufstieg der Bundesrepublik zum „Wirtschaftswunderland“ verdankte sich nicht zuletzt der Tatsache, dass unsäglich ausgeplünderte Länder wie Griechenland, mit Hunderttausenden von Toten, die zu Opfern der NS-Besetzung geworden waren, für Jahrzehnte erstmal leer ausgingen – leer ausgingen aufgrund der Aktivitäten dieses Ex-Auschwitz-Managers Abs. In der Tat: ein Zusammenhang, der einen mit Scham erfüllen sollte bis zum heutigen Tag. Denn das alles bedeutete doch: Westdeutschland wuchs in eine Phase der Fettlebe hinein, weil Länder wie Griechenland (aber auch Polen und andere Opfernationen) weiter darben mussten.

Ich gebe zu, es fällt mir heute ein zweites Mal schwer, noch einmal das Thema zu wechseln, um auf anderes zu sprechen zu kommen, aber nun ja: es geht um den derzeitigen Wahlkampf in Griechenland, um ein sehr aktuelles Geschehen mithin, und es geht insbesondere darum, dass die Regierung Tsipras nunmehr alles unternimmt, um für sich ein möglichst günstiges Wahlergebnis herausschlagen zu können am Sonntag, den 26. Mai. Ihr wisst, an jenem Tag, da in diesem Mittelmeerstaat nicht nur die Europawahlen stattfinden werden, sondern auch die Kommunalwahlen in Griechenland.

Nun, kaum ist zu glauben, was bis dahin alles noch realisiert werden soll von der SYRIZA – denn so erfreulich das alles auch ist: wieso fand das alles nicht längst schon statt? Wieso beließ man es derart lange so tatenlos beim sozialen und ökonomischen Elend in diesem Mittelmeerstaat? Wiederentdeckung der Mitmenschlichkeit zur Optimierung der eigenen Wahlresultate? – Lassen wir die Frage offen und zählen stattdessen einige der Wohltaten auf, die sich Tsipras und SYRIZA für diesen Wahltag haben einfallen lassen:

  • Generell soll die Mehrwertsteuer bis zu diesem Wahltag von 24 Prozent herabgesetzt werden auf 22 Prozent, auch Einkommenssteuer und Mineralölsteuer sollen reduziert werden
  • Die Mehrwertsteuer auf alle Lebensmittel sowie in der Gastronomie soll sogar von 24 Prozent abgesenkt werden auf 13 Prozent.
  • Die Energiesteuer auf Strom und Gas soll mehr als halbiert werden von 13 Prozent auf 6 Prozent. Und nicht zuletzt:
  • Erneut soll, zumindest für Staatsbedienstete, wieder die Vergabe einer 13. Monatsrate bei der Rente eingeführt werden.

Mit einem Wort: offenbar, weil Wahltag ist am 26. Mai 2019, soll all das möglich sein, was angeblich seit dem Sommer 2015 in Griechenland nicht möglich gewesen war – Rückkehr zu einer Politik, die endlich wieder den Menschen im Lande dient. Und ich riskiere den Satz: nicht zuletzt deswegen wohl, weil den meisten Umfrageergebnissen zufolge nach wie vor mehr als 20 Prozent aller Stimmberechtigten noch unentschieden sind, wem sie an diesem letzten Sonntag im Mai ihre Stimmen geben wollen. Drastisch formuliert: Tsipras und SYRIZA haben die Menschen wiederentdeckt, weil sie in ihnen die dringend benötigten Wähler wiederentdeckt haben. Weil es um eigene Pfründe und Parlamentssitze geht, sollen nun auch die Ärmsten der Armen, sollen auch die kleinen Leute wieder etwas haben von der großen Politik.

Man missverstehe mich nicht: ich gönne einem jeden der verelendeten GriechInnen eine Verbesserung ihrer Situation! Ich beklage aber den zynischen Ursache-Wirkungszusammenhang und dass erst Wahlinteresse eine angeblich sozialistische Regierung endlich wieder an die Menschen denken läßt. Ich beklage, daß Macht und Machterhalt die Hauptrolle spielen bei dieser Wahlgeschenkpolitik, nicht aber eine ernstzunehmende und ernstgemeinte Wiederentdeckung der Mitmenschlichkeit! Wobei ich sicher bin: diese neue, diese scheinbar wieder sozial motivierte Politik wird SYRIZA durchzuhalten versuchen bis zu den großen Parlamentswahlen im Herbst.

Aber: was wird danach geschehen? Das Jahr 2015, dieses entsetzliche Umfallerjahr der SYRIZA, sollte uns immer noch als warnendes Beispiel vor Augen stehen! Und Wahlgeschenke haben die fatale Eigenschaft, dass man sie auch schlagartig wieder zurücknehmen kann! Dieser Weihnachtsmann Tsipras haut nach Abgabe seiner Geschenke nicht wieder ab durch den Kamin, um erst im Jahr darauf zurückzukommen mit neuen Geschenken. Dieser Weihnachtsmann Tsipras klingelt vielleicht schon drei Tage später wieder an der Tür und will alle Geschenkpakete wieder zurück! Wer anderes glaubt, glaubt wirklich an den Weihnachtsmann. Oder anders gesagt: wo mithilfe von Wahlgeschenken dem Elend der Menschen ein Ende gesetzt wird, da fängt vielleicht schon drei Tage später wieder die Phase des Betrugs und der Verlogenheiten an. Wenn ich Unrecht haben sollte: keiner würde sich mehr darüber freuen als ich!

Und damit bin ich wieder einmal bei meinen abschließenden Bitte um Spenden zugunsten unserer Hilfsaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Und wer, wie gesagt, noch etwas mehr tun will: auch unser gemeinnütziger Verein, die „Initiative für eine humane Welt (IHW) e. V.“, ist immer wieder erneut auf neue Hilfsgelder angewiesen, zur finanziellen Absicherung unserer Arbeit ganz generell. Diese Spenden bitte dann an dasselbe Konto, wie oben angegeben, jedoch mit dem Stichwort „IHW“ versehen. Es sei wiederholt: wir würden uns riesig auch über diese Unterstützung freuen.

Mit herzlichen Grüßen wie stets

Euer Holdger Platta

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