„Die Politik der Furcht entmündigt!“ – Hans-Martin Schönherr-Mann & Gunnar Kaiser
Die Medizin als die „göttliche Gewalt“ verkörpert nicht bloß fundamentale Leitgedanken unserer Kultur, sondern hat sich zur regelrechten Grundlage der modernen Politik aufgeschwungen. Gegenüber der Medizin verliert der Bürger seine Mündigkeit und begibt sich in Expertenherrschaft. Diese Experten besitzen die exklusive Lizenz, uns zu verkünden, was es bedeutet, krank zu sein und, dass Krankheit etwas Allgegenwärtiges ist. Im Gespräch mit Gunnar Kaiser spricht Hans-Martin Schönherr Mann, Professor für Politische Philosophie an der LMU München, über den sprachlichen Trick, den Begriff der Verantwortung – ursprünglich eine individuelle Kompetenz der Mündigkeit – mit dem Pflichtbegriff zu verbinden. Besteht die staatliche Pflicht, sich auf eine gewisse Art und Weise zu verhalten, wird nun nicht mehr auf die Verantwortung des Einzelnen vertraut. Der Einzelne ist vielmehr in der Verantwortung, eben jene Verhaltensmaßregelungen konkret zu befolgen.