Dieses Jahr findet ein “virtueller Ostermarsch” statt

 In FEATURED, Friedenspolitik

Ostermarsch 2006, Foto: Rufus 46, Lizenz Creative Commons

Der Ostermarsch findet auch im 60. Jahr seines Bestehens, diesmal als “Alternativer Ostermarsch” statt. Er ist eine der ältesten immer noch aktiven demokratischen Bewegungen für das Überleben in Deutschland. Wie immer passt er sich an die jeweils aktuelle Situationen an. Dieses Jahr schmücken Friedensfreund*innen an Ostern Balkone, Fassaden und Fenster. Sie nehmen Fotos davon auf und zeigen, dass sie dabei sind, indem sie diese auf der Website des Ostermarsches RheinRuhr sowie der Friedenskooperative in Bonn (nationale Aktion) veröffentlichen. Bernhard Trautvetter

Jede/r am Frieden aktiv Interessierte ist aufgerufen, sich daran zu beteiligen und dann ein Foto der Friedensgestaltung auf der Häuserfassade beim Netzwerk Friedenskooperative, der Bundes-Koordination der Ostermärsche, einzusenden. So können alle Kräfte für das Leben und die Zukunft das breite Engagement für den Frieden in einer digital verbundenen Community bundesweit im Netz und vor Ort zum Ausdruck bringen.

Die Plattform, auf der man die Fotografien hochladen kann, ist: www.friedenskooperative.de/alternativer-ostermarsch.

Angesichts der durch die Corona-Pandemie erneut deutlich gewordenen medizinischen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Verletzlichkeit unserer globalisierten Welt fordern die Friedenskräfte von der Bundesregierung als kurzfristigen ersten Schritt, die für die Erhöhung der Rüstungsausgaben vorgesehenen Geldmittel von rund 40 Milliarden Euro für Gesundheit, Umwelt, Bildung und Soziales umzuwidmen.

Zu den Anliegen der Friedenskräfte gehört …
– das Ende aller Kriegseinsätze der Bundeswehr
– die Ausweitung von Maßnahmen ziviler Konfliktlösung
– der Ausstieg aus der militärischen Integration für weltweite Einsätze der Europäischen Union,
– der sofortige Stopp aller Waffenexporte an alle kriegführenden Parteien
– der Einstieg in die Rüstungskonversion durch die Umwidmung von Waffenschmieden in zivile Produktion, etwa medizinische Geräte
– die Aufnahme einer glaubwürdigen Entspannungspolitik gegenüber Russland und der Beitritt zum Vertrag zum Verbot von Atomwaffen
– die Verhinderung der Stationierung neuartiger Wasserstoffbomben in Büchel, stattdessen Abzug aller nuklearen Systeme der Nato aus Deutschland entsprechend dem Beschluss des Bundestages vom März 2010
– das Verbot der Bewaffnung von Drohnen, damit sie nicht für außergerichtliche Tötungen missbraucht werden können

Die aktuelle Corona-Krise führt zu einer Konkretisierung und Ergänzung der Anliegen und Forderungen der Friedensbewegung:

– Erforderlich ist eine möglichst vollständige Abrüstung, da die Sicherheit unseres Landes und Europas nicht durch einen mächtigen Militärpakt im Osten bedroht ist, sondern durch medizinische und ökologische Herausforderungen. Das, was die Militaristen “Sicherheitspolitik” nennen, macht keinesfalls militärische Investitionen erforderlich, sondern Milliarden für die Gesundheit, Soziales, die Bildung und die Ökologie. Das betrifft adäquate Geldmittel für die Arbeitskräfte in der Medizin sowie eine für Krisen hinreichend ausgebaute Intensivmedizin
– Der Abbau des Militärsektors würde das Ende für einen der größten Verursacher von Umweltverschmutzung und dem Ausstoß fossiler Verbrennungsabgase bedeuten.
– Die in der Corona-Krise offensichtlich gewordene Rücksichtslosigkeit mächtiger Staaten wie der USA, die statt anderen zu helfen, Schutzmaterial durch Überbietung bereits gezahlter Preise auf Kosten anderer an sich reißen, muss Anlass für die Politik Deutschlands werden, sich für eine Kultur des Friedens einzusetzen. Das umfasst auch die Priorität von Kooperation und Interessenausgleich, denn die Weltprobleme lassen sich nur in einem Geist der Zusammenarbeit lösen; andernfalls gehen die Stärkeren und die Schwächeren in einer aus den Fugen geratenden Welt unter.
– Die Kultur des Friedens bedeutet auch, dass die Ursachen der Flüchtlingstragödien an der Wurzel, das heißt vor allem an den militärischen, ökonomischen und ökologischen Wurzeln bekämpft werden. Die Kriege bedingen Tod, Traumatisierung und Flucht in bislang ungekanntem Ausmaß. Wirtschaftskriege zehren die Kraft vor allem der ökonomisch schwächeren Staaten aus, ökologische Katastrophen wie das Ausbleiben von Regen über einen niemals zuvor so langen Zeitraum von mehreren Jahren zwingen Menschen in die Flucht. Sie gehen dabei das Risiko des Todes in der Sahara oder im Mittelmeer ein, ihnen droht auch der Tod durch eine Seuche in den hoffnungslos überfüllten Flüchtlingslagern an und vor den Grenzen der EU.
– Der Ostermarsch wendet sich gegen die Lüge, die Nato müsse mehr als vierzehn Mal mehr als Russland für Rüstung ausgeben. Die Bundeswehr ist kein sinnvolles Instrument der Gesundheitsversorgung in Krisen wie der Corona-Bekämpfung. Sie ist Ursache dafür, dass das nötige Geld im Medizinsektor fehlt.
– Die Friedensbewegung wendet sich auch gegen die Dämonisierung Russlands, dessen Gebiet im 20. Jahrhundert zweimal von Deutschland aus angegriffen worden ist, mit einer Anzahl von Toten, die die aller anderen Staaten der Welt bei weitem übertrifft. Allein das Schicksal der kriegsgefangenen Sowjetsoldaten in Nazideutschland macht das Grauen klar, das sich nicht wiederholen darf: 5 Millionen Menschen hatten teils unter freiem Himmel ohne Zelte oder Baracken zu vegetieren, die Hälfte von ihnen starb.

2020 wird der Ostermarsch 60 Jahre alt – welche Bewegung kann auf eine solch lang anhaltende Beharrlichkeit verweisen? Sie wird nicht aufhören, Frieden einzufordern, bis er da ist.

Die Friedensbewegung erinnert dabei auch an die Präambel des Vertrags, auf dessen Grundlage Deutschland existiert: Im Zwei-plusVier-Vertrag zur Regelung der deutschen Frage steht die Vorschrift, dass sich das vereinte Deutschland für eine europäische Friedensordnung einsetzten sollte, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten, also auch Russlands, zu berücksichtigen hat. Manöver wie Defender 2020 – das wegen Corona nur ausgesetzt ist -, die den Transport von Panzern und anderem Kriegsgerät an die russischen Westgrenze umfassen, widersprechen diesem Auftrag und den Überlebensinteressen der Menschen nicht nur in Europa.

Der Alternative Ostermarsch zuhause und virtuell ist eine wichtige Gelegenheit, mit dem Engagement für das Leben nicht nachzulassen.

Die Ostermarschbewegung unterstützt den Appell des UNO-Generalsekretärs, die Corona-Krise zum Anlass für einen weltweiten Waffenstillstand als ersten Schritt zum Frieden zu gehen:
https://unric.org/de/guterres-aufruf-zu-einem-globalen-waffenstillstand/

Konstantin Wecker unterstützt den Alternativen Ostermarsch und hat den Friedenskräften eine neue live-Version seines Liedes “Wenn unsere Brüder kommen” zu Verfügung gestellt, die die Friedenskooperative auf ihrer Website zum Alternativen Ostermarsch in den Tagen vor Ostern veröffentlicht.

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