Drei Gedichte zum Jahreswechsel

 In FEATURED, Holdger Platta, Poesie

Damit das Jahr 2019 bei uns nicht ganz unpoetisch zuendegeht, veröffentlichen wir hier drei Gedichte unseres Redakteurs Holdger Platta. Mit unserer Lyrik-Reihe „Auf Seiten der Menschlichkeit“ geht es dann wie gewohnt im neuen Jahr 2020 weiter. (AK)

 

Eine Lampe erinnert sich an sich selbst

Draußen im Dunkel zieht der Schneefallwind
über die gerissene Erde, während ich Rum
in den Tee zähle, jeder Tropfen ein tiefverschlafener
Seefahrerglobus. Du siehst wie Linus aus
mit der Schmusedecke, wenn Du
Deine leisen Bücher durchs Haus trägst.

„Vater hat angerufen“, sagst Du, und die Ziegel
klopfen im Sturm auf dem Dach. Das geringelte
Schwarz unserer Katze neben dem Schrank,
irgendein hölzerner Mann, der sich vor meinen Augen
eine karierte Pfeife ansteckt.

Hinter den Fenstern schüttelt der nächtliche
Winter langsam die Betten aus und hält
die Erzählungen fest der hastigen Tiere. Die Lampe
erinnert sich im Glas an sich selbst. Wie niedlich
die Ängste im Schneefall doch sind.

Die Liebe des Dorfes

Des Abends im tiefverschneiten Dorf weiterer Schneefall,
schon flimmern die Fernsehgeräte hinter einigen Fenstern.
So früh verabschieden sich manche vom eigenen Leben?

Ein Schäferhund aus der Hofnacht jagt auf den Fremden zu,
mit lautem Gebell die eigenen Ängste bewachend.
Unter den Lampen wie irrsinnig die Tänze des Schnees.

Der Hund wirft sich jaulend dem Neuling vor die halberfrorenen Füße,
und stolz auf die Liebe des Dorfes geht der Wanderer
an den rissigen Zäunen vorüber nach Haus.

Widerspruch

Zugefroren die Luft. Der Garten
ein Nachbar hinter dem Zaun. Hier
erstarren die Wörter schon manchmal
zwischen den Menschen.

Was wir wissen und was wir sehen

Anzeigen von 2 Kommentaren
  • Bettina
    Antworten
    Lustvoll füllen mein Zimmer die Zeilen,

    warm bis zur Nase in Federn gehüllt,

    höre die Nacht tanzenden Flocken, sie eilen

    vom Lodern des Ofenfeuers erfüllt.

    .

    Sieh nur, am Pfahle da steht der Wand’rer!

    Die Haare zerzaust im eisigen Wind,

    lächelnd, wie sonst in dem Dorfe kein and’rer

    berührt er den Seelenspiegel als Kind.

    (BB / 19-12-31)

    .

    Alles Gute zum Neuen Jahr,
    Bettina

  • Ruth
    Antworten
    Wunderschön, lieber Holdger,

    es wäre schön, wenn weitere Gedichte oder kleine Erzählungen hier zu lesen wären!

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