Eine leichte Besserung bei unserem Spendeneingang

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Der sechste neue Spendenbericht zu „Patenschaft für Panagiota“ (vorher „GriechInnenhilfe“). Dieses Mal kann ich bereits nach kürzerer Zeit einen weiteren Zwischenbericht geben. Wie sieht es also mittlerweile bei unseren Hilfsmöglichkeiten für verelendete Griechinnen und Griechen aus? Und: wie stellen sich inzwischen die Verhältnisse in Griechenland insgesamt dar? Dazu einige Neuigkeiten in meinem heutigen Bericht über eines der Armenhäuser in “unserem” Europa, in dieser gewissenlosen Wertegemeinschaft unter dem Diktat ihrer sogenannten Wirtschafts- und Finanzeliten. Holdger Platta

 

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

am 11. November – Ihr erinnert Euch sicherlich – ging Euch mein letzter Bericht zu unseren Hilfsaktionen in Griechenland zu. Da konnten wir für einen langen Berichtszeitraum von elf Wochen nur einen Spendeneingang von 400,30 Euro verzeichnen – neuester Spendenstand damals 1.073,85 Euro.

Bis heute, drei Wochen später, am 1. Dezember des Jahres, ging demgegenüber vergleichsweise um einiges mehr an Geldern auf unserem Hilfskonto ein: 205,30 Euro, überwiesen von sechs UnterstützerInnen an uns. Nach Abzug einiger Überweisungen nach Griechenland – vor allem für Miete an Panagiota – beläuft sich der Geldbestand auf unserem Griechenlandkonto auf 1.289,15 Euro. Das muss uns also unmittelbar noch keine Sorgen machen.

In einem kurzen Zwischenbericht vom 21. November konnte uns Anastasios Chatzatoglou mitteilen, dass inzwischen alle Reparaturen, die am Haus, das Panagiota mit ihren beiden Töchtern bezogen hat, erledigt werden konnten. Allerdings schreibt Tassos auch weiterhin, dass es sich bei dieser Unterkunft nur um eine „Notlösung“ handele. Wir werden also abwarten müssen, wie sich dort die Dinge weiter entwickeln.

Beängstigend ist wohl eher die Tatsache zu nennen, dass Panagiota von ihren Depressionen nahezu gelähmt erscheint. Für Tassos wie für uns ist natürlich bedrückend, dass wir da nicht helfen können.  Als Tassos bei ihr war, hat er ihr, soweit es für ihn als Laien möglich war, zu helfen versucht. Aber er selber klang eher resigniert. Und wir “von draußen”, ohne griechische Sprachkenntnisse zudem, sind völlig außerstande dazu.

Wir können hier nur hoffen, dass Panagiota sehr bald ärztlichen Beistand bekommt. Ob das griechische Krankenkassensystem dafür die Kosten übernimmt, dürfte nach unseren Erfahrungen jedoch mehr als fraglich sein. Schlimmer noch als bei uns lässt dieser ultrakonservative Staat Griechenland seine verarmten und verelendeten Menschen im Stich. Und leider gibt es ja überall MitbürgerInnen, die den Depressionserkrankten dann sogar noch moralische Vorwürfe machen, zum Beispiel ihnen unterstellen, sie würden sich nicht genügend zusammenreißen.

In den Mittelpunkt meines Berichtes möchte ich heute aber eine längere Mail stellen, die ich vor einigen Tagen von Tassos erhielt. Sein Resümee der Erfahrungen, die er bei seiner letzten Griechenlandreise zu machen hatte:

„Aus Andros kamen ein Hilferuf und traurige Nachrichten.  Unsere zuverlässige Helferin dort, Frau Martinou ist gestorben, ihr Mann bereits vor einem Jahr. Wir haben in den letzten Jahren dem Ehepaar mehrmals geholfen. Das gelähmte Kind, für das wir Hygieneartikel gekauft hatten, muss mittlerweile über eine Magensonde ernährt werden. Die IKA übernimmt die Kosten für die Sonden-Nahrung nicht. Diese müssen die Eltern direkt im  Krankenhaus kaufen.

In Griechenland ändert sich die Lage der Bedürftigen täglich, es wird schlimmer. Mitsotakis kommt strahlend ins Fernsehen und lässt sich von seinen  Anhängern feiern, im Verborgenen geht die Verelendung eines Teils der Griechen weiter.

Medikamente fehlen, Palliativpatienten bekommen ihre Medikamente nicht, da diese einfach nicht verfügbar sind. Eine Ministerin gab im Fernsehen ein Interview, in dem sie bestätigte, dass an jenem Stichtag im November, ich glaube es war der 14. November, 86 Medikamente in Griechenland fehlten.

Die Preise in den Regalen werden täglich nach oben hin aktualisiert. Ich beobachtete das Kaufverhalten der Kunden. Diese stehen vor den Regalen, überlegen lange, und gehen dann meistens weiter, ohne ein Produkt gewählt zu haben. In griechischen Supermärkten  gibt es derzeit noch überdimensional große Einkaufswagen. Doch manche Supermarkt-Ketten tauschen diese nun gegen kleinere, dem Einkaufsverhalten angepasste neue Einkaufswagen aus.

Skandale kommen durch der Syriza nahestehende Journalisten ans Tageslicht. Der letzte, ein illegaler Abhörskandal, landete beim Staatsanwalt. Anstatt einer Regierungserklärung wird nun aus allen Rohren auf den Journalisten geschossen. Der Journalist der Zeitung „Documento“ wird vermutlich im Gefängnis landen. Dieses Mal aber ist die Regierung Mitsotakis zu weit gegangen. Regierungsnahe Zeitungen verlangen eine Erklärung. Zeitgleich teilen Umfrageinstitute mit, dass Mitsotakis in der Popularität bei den griechischen Wählern immer noch um ein paar Prozente vor den anderen Kandidaten liegt.

Ich aber messe die Popularität eines Regierungschefs an der Anzahl der Hilferufe für Bedürftige, die sich zurzeit häufen.

Manchmal frage ich mich, wozu eine Regierung da ist. Anstatt sich um die Bürger zu sorgen, lässt diese die Menschen im Stich. Arbeiter bekommen den ihnen laut Gesetz zustehenden Mindestlohn. Die Entlohnung für die Arbeit ist bewusst niedrig geregelt.

Die Mindestlohngrenze beträgt derzeit 663,- Euro. Vergleicht man das mit den Lebenserhaltungskosten, deckt der Lohn nicht einmal die Grundbedürfnisse.

Auf der anderen Seite ist Griechenland im Moment für die Unternehmer das Eldorado, von dem sie immer geträumt hatten. Gewinne in Milliardenhöhe werden erzielt. Am Arbeitsplatz allerdings werden die Menschenrechte, die die bürgerliche Gesellschaft definiert hat, täglich mit Füßen getreten. 31 Millionen Gäste besuchten Griechenland im Jahr 2020. Die Einnahmen aus der Tourismusbranche, der „Schwerindustrie“ Griechenlands, betrugen 21,3 Milliarden Euro. Heuer haben 38 Millionen Gäste Griechenland besucht. Das Jahr ist jedoch noch nicht zu Ende. Man muss abwarten, bis die Tourismus-Einnahmen veröffentlicht werden.  Man erwartet Rekordeinnahmen. Ich befürchte, das Geld wird in die Rüstung investiert und nicht in die Sektoren Soziales, Bildung und Gesundheit. Das sollte für mich der wesentliche Teil der Politik einer Regierung sein, das Mindeste, was eine Regierung machen kann. Jubelrufe für Politiker auf den Balkonen fielen dann leichter. Der seit dem 14. Juli  2022 herrschende Slogan der Regierung lautet: „NO GERMAN WILL FREEZE IN GREECE!“ Damit werben sie, dass Deutsche, die in ihrem Land frieren müssen, nach Griechenland übersiedeln sollten. Weit gefehlt und wieder nur Propaganda: Obdachlose Griechen (er)frieren in den Parks!“

Was sollen wir, was soll ich dazu sagen? – Wiederum mit etwas Abstrichen gesagt: auch bei uns in Deutschland sind wir mit solchen Zynismen ja in wachsendem Maße vertraut: Die Mitteilung, Armutsrentner oder arbeitslos zu sein, kommt auch hierzulande für viele Menschen, denen es immer noch besser geht, einem Schuldeingeständnis gleich. Und was bei uns derzeit als sogenanntes „Bürgergeld“ diskutiert wird, ist von hämischer Lächerlichkeit.

Umso bemerkenswerter ist es, dass nicht zuletzt die ganz Armen bei uns wieder und wieder dazu beigetragen haben, dass wir unsere Hilfsaktionen für die verelendeten Griechinnen und Griechen fortsetzen konnten. Und auch so manche “GroßspenderInnen” waren dabei, die uns das Aufrechterhalten der GriechInnenhilfe ermöglicht haben! Wieder einmal ist also Anlass, allen Helfern und Helferinnen Dank zu sagen, auch denen aus den letzten Wochen. Und wiederum Anlass auch dafür, um weitere Beharrlichkeit beim Helfenwollen zu bitten. Wie üblich also zum Schluss:

Wer von Euch uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „Panagiota“ auf das Konto:

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21 GOE
Inhaber: IHW

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an Volker Töbel, entweder unter der Postanschrift Tewaagstraße 12, 44141 Dortmund, oder unter der Mailadresse vtoebel@web.de.

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

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