Entwurzelte Lebensmittelproduktion

 In FEATURED, Politik, Umwelt/Natur

Die großen Lebensmittelhersteller kuscheln mit ihren Kunden beim WEF, während die heimischen kleinen und mittleren langsam kaputtgehen. Wie haben uns die Neoliberalen gequält mit ihrer fortwährenden Propaganda pro Wettbewerb! Das klang teilweise so, als sei es der Himmel auf Erden, andauernd gegeneinander zu kämpfen, Konkurrenten rauszukicken oder rausgekickt zu werden. Viele sehnten sich da nach einem neuen Paradigma, geprägt von Kooperation und einem harmonischen Miteinander. Die gute Nachricht ist: Dieses neue Paradigma ist da, und es ist nicht einmal wirklich neu. Die schlechte Nachricht: Alles ist ganz anders — schlimmer! —, als wir es uns vorgestellt hatten. Zwar ziehen viele Unternehmen weltweit jetzt in erstaunlicher Eintracht an einem Strang; jedoch sind damit nur die großen gemeint — die kleinen und mittelständischen Unternehmen werden derzeit plattgemacht. „Wettbewerb ist etwas für Verlierer“, lautet das Mantra von Peter Thiel, Mitbegründer von PayPal. Und die Gewinner? Sprechen sich ab, verteilen den Kuchen unter sich und zerstören damit den bei Kunden so beliebten Händler „um die Ecke“. Das ist besonders schlimm, wenn es um Lebensmittel geht, also buchstäblich ums Eingemachte. Ein Zusammenschluss von „Großen“, organisiert vom World Economic Forum, könnte schon bald kontrollieren, was wir alle essen. Und wenn wir dann denken: „Das ist mir zu teuer, ich gehe zur Konkurrenz“, könnte ein böses Erwachen drohen. Es gibt dann nämlich keine Konkurrenz mehr. Walter Schönthaler

 

Unter dem Titel „Inflationseindämmung? Fehlanzeige“ berichtet die Handelszeitung Retailreport am 21. November 2022

„Das waren noch Zeiten, als die CEOs von Wal-Mart und Procter eine gemeinsame Kanufahrt unternahmen und sich darauf verständigten, wie durch eine konstruktive Zusammenarbeit von Industrie und Handel gemeinsames Umsatzwachstum erzielt werden kann …“

Ja, das waren in der Tat noch Zeiten … Heute paddeln die CEOs marktmächtiger Konzerne nicht mehr gemeinsam im schlichten Kanu, sondern kuscheln jedes Jahr in Davos beim World Economic Forum (WEF). Denn beide Handelspartner und Milliarden-Konzerne, der Hersteller Procter & Gamble (P&G) und der Händler WalMart sind schon seit Jahren „Partner“ beim WEF.

Die Liste der rund tausend Partners, Strategic Partners und Board Members des WEF umfasst ausschließlich Unternehmen mit einem Mindestumsatz von 5 Milliarden US-Dollar. Fazit: Kein einziger mittelständischer Lebensmittelhersteller aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz ist dort vertreten.

Denn kein Mittelbetrieb wird in den erlesenen Zirkel der marktbeherrschenden Konzerne aufgenommen, er könnte sich die jährlichen Mitgliedsbeiträge — die billigsten Plätze kosten 60.000 Franken, das heißt etwa 61.100 Euro — sowieso nicht leisten. Einfache Mitglieder dürfen dafür einen Vertreter nach Davos entsenden. Der muss aber zusätzlich noch ein Ticket lösen. Das kostet 25.000 Franken plus Mehrwertsteuer, plus Reisekosten und Hotel summiert sich das auf einen sechsstelligen Euro-Betrag.

Wer ist das WEF und was ist seine Aufgabe?

Das Weltwirtschaftsforum ist eine Lobby-Organisation von mehr als tausend Mitgliedsunternehmen, ausschließlich globalen Firmen mit einem Umsatz von mindestens fünf Milliarden US-Dollar.

Der Zweck der Lobby-Organisation, die in einer steuerbefreiten Stiftung angelegt ist, wird in ihrem Leitbild (Mission Statement) auf der Website beschrieben:

„The World Economic Forum is the International Organization for Public-Private Cooperation. The Forum engages the foremost political, business, cultural and other leaders of society to shape global, regional and industry agendas.“ („Das WEF ist die internationale Organisation für öffentlich-private Partnerschaften. Das Forum engagiert die führenden politischen, geschäftlichen, kulturellen und anderen Führungspersönlichkeiten der Gesellschaft, um globale, regionale und branchenspezifische Agenden zu gestalten“).

Das WEF ist die internationale Organisation für öffentlich-private Partnerschaften.

Öffentlich-private Partnerschaften, englisch: „Public Private Partnerships“ abgekürzt PPP, sind Quasi-Monopole, die der Staat an private Großkonzerne überträgt und dann vor Konkurrenz schützt. Öffentlich-rechtliche Partnerschaften sind also eine Form des „Korporatismus“, eine Allianz von Staat und Monopolkonzernen.

Beispielsweise haben Digitalkonzerne wie Google, Facebook/Meta, YouTube die Aufgabe übernommen, regierungskritische Texte zu zensieren. Und zwar als Privatunternehmen.

Ein weiteres Beispiel, wie PPP „funktioniert“ — oder nicht funktioniert — ist der Kaufvertrag, den die EU-Kommission auf Rechnung der Steuerzahler der EU-Mitgliedsstaaten mit den Herstellern von COVID-Impfstoffen geschlossen hat. Trotz unermüdlicher, dringender Anfragen einer Gruppe von EU-Abgeordneten unter Leitung von Cristian Terhes und Christine Anderson weigern sich die EU-Kommissare seit Monaten beharrlich, den Text des mehr als hundert Seiten dicken Vertragswerks zu veröffentlichen.

Denn: Vertraulichkeit ist ein wesentliches Element von PPP. Der Vertrag, den die EU-Kommission über Millionen von COVID-Impfdosen mit Herstellern geschlossen hat, ist deshalb nicht öffentlich, weil er möglicherweise nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts „sittenwidrig“ wäre.

Das Ende des freien Marktes?

Die PPP-Vision des WEF bedeutet nach der Vorstellung der PPP-Protagonisten in letzter Konsequenz das Ende des freien Markts und die Ersetzung der KMU, des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rückgrats der Staaten, durch öffentlich-private Partnerschaften.

In seinem 2020 erschienen Buch „Covid-19: The Great Reset“ beschreibt Schwab, wie diese Welt in Zukunft aussehen soll:

„Einige Länder werden Verstaatlichungen durchführen, andere werden sich an Unternehmen beteiligen. (…) Die Unternehmen werden auch für soziale und Umweltprobleme zur Rechenschaft gezogen und es wird erwartet, dass sie Teil der Lösung sind. Zusätzlich dazu werden die Regierungen öffentlich-private Partnerschaften stark fördern, sodass Privatunternehmen stärker in die Abschwächung globaler Risiken einbezogen werden. Unabhängig von den Details wird sich die Rolle des Staates ausweiten (…) In allen Branchen und in allen Ländern werden sich Unternehmensleiter in verschiedenem Ausmaß an ein stärkeres Eingreifen gewöhnen müssen“ („Covid 19 — der große Umbruch, Schwab/Malleret, 2020, Seite 108).

Stefan Aust, Herausgeber der Welt-am-Sonntag kommentierte zu diesem Eingriff in das Privatleben wie folgt:

„Da verschiebt sich gerade etwas, und es wird interessant sein zu beobachten, ob sich das Rad nach der Pandemie so einfach wieder zurückdrehen lässt. Ich glaube das nicht“ (welt.de, Der Angriff des Staates auf das Private).

Wie das Bündnis funktioniert, hat WEF-Gründer Klaus Schwab mit einem Beispiel dargestellt:

„Eine Gruppe grüner Aktivisten könnte vor einem Kohlekraftwerk demonstrieren, um eine strikte Durchsetzung der Umweltbestimmungen zu fordern, während eine Gruppe von Investoren im Sitzungssaal dasselbe tut, indem sie dem Werk den Zugang zu Kapital entzieht“ („Covid 19 — der große Umbruch, Schwab/Malleret, 2020, Seite 173).
Wie denken Multimilliardäre über Marktwirtschaft und Wettbewerb?

Wie diese Freunde des Private-Public-Partnerships ticken, kann man in dem Bestseller des Milliardärs Peter Thiel, Mitglied im Board des WEF, nachlesen.

In seinem Buch „From Zero to One: Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet“ postuliert der Mitbegründer von PayPal und Chef der IT-Überwachungsfirma Palantir einige Regeln, die beschreiben, wie er wirtschaftliche Tätigkeit sieht und was der Milliardär von Politikern hält. Spannend, dass Peter Thiel den ehemaligen Bundeskanzler der Republik Österreich, Sebastian Kurz, als „Global Strategist“ beschäftigt.

Thiel formuliert in seinem Buch einige Regeln.

Regel 1: „Leute, die sich selbst verkaufen, sind Politiker.“

Schließlich ist Silicon Valley eine vollkommen andere Welt als der Ballhausplatz in Wien. Glaubt Thiel, dass man Politiker kaufen kann? Thiel weiter:

„Mit einem Jahresgehalt von 300.000 Dollar verhält sich ein CEO eher wie ein Politiker und weniger als ein Unternehmensgründer. Ein hohes Gehalt ist ein Anreiz, sich am Status quo und am Gehalt festzuklammern, statt an der konsequenten Aufdeckung und Beseitigung von Schwächen zu arbeiten.“

Regel 2: „Die meisten Menschen glauben x — doch das Gegenteil ist der Fall.“

Peter Thiel berichtet in seinem Buch, dass er in Vorstellungsgesprächen den Bewerbern gern folgende Frage stellt: „Welche Ihrer Überzeugungen würden nur wenige Menschen mit Ihnen teilen?“

Eine passende Antwort erläutert Thiel ein paar Seiten weiter wie folgt:

„Auf die Querdenker-Frage (sic!) würde ich folgende Antwort geben: Wenn jeder der vielen Hundert Haushalte Indiens so lebt, wie die Menschen in den westlichen Industrienationen es heute tun, wäre das Ergebnis eine Katastrophe für die Umwelt.“

Glaubt Thiel, dass in Indien „die Umwelt“ — was immer er damit meint — einen höheren Wert hat als die Menschen? Zwei Drittel der Menschen in Indien leben in Armut: 68,8 Prozent der indischen Bevölkerung müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen. 1,4 Millionen Kinder sterben in Indien jedes Jahr vor ihrem fünften Geburtstag.

Regel 3: „Marktwirtschaft und Kapitalismus sind Gegensätze.“

Peter Thiel hält Marktwirtschaft und Kapitalismus nicht für identische oder zumindest ähnliche Begriffe, sondern betrachtet sie als Gegensätze. Er beschreibt seine Geschäftsphilosophie wie folgt:

„In Wirklichkeit ist Kapitalismus aber das Gegenteil von Wettbewerb. Kapitalismus basiert auf der Akkumulation von Kapital, doch im perfekten Wettbewerb fallen sämtliche Gewinne dem Konkurrenzkampf zum Opfer.“

Nach der Meinung von Peter Thiel gibt es also zwei Arten von Unternehmen: jene, die Konkurrenz erfolgreich ausgeschaltet haben, wie Microsoft, Amazon, Apple, Facebook/Meta, Google/Alphabet, und die notorischen „Loser“, die sich dem Wettbewerb in der Realwirtschaft stellen.

Wer das verstanden hat, begreift auch, warum die Quasimonopolisten der Plattformökonomie, die selbst nichts herstellen, sondern nur vermitteln, dank der Coronapandemie ihre Gewinne während der C-Krise massiv ausbauen konnten.

Corona hat die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, technologischen und rechtlichen Umfeldbedingungen quasi über Nacht radikal auf den Kopf gestellt und große Teile der Realwirtschaft durch mehrere Lockdowns, die nichts anderes sind als Berufsverbote für den Mittelstand, ins Corona-Koma geschickt.

Regel 4: „Wettbewerb ist etwas für Verlierer.“

„Wenn Sie ein Unternehmer sind, der ein Unternehmen gründet, sollten Sie immer darauf abzielen, ein Monopol zu erreichen und Wettbewerb zu vermeiden. Deshalb ist Wettbewerb etwas für Verlierer.“

Für Peter Thiel ist Wettbewerb in erster Linie eine Ideologie, die bloß von der Abschöpfung der Monopolgewinne abhält:

„Wettbewerb ist vielmehr in erster Linie eine Ideologie — die Ideologie, die unsere gesamte Gesellschaft durchdringt und unser Denken verzerrt. Wir predigen den Wettbewerb, glauben an seine Notwendigkeit und leben nach seinen Geboten. Wir sind in ihm gefangen, denn je mehr wir konkurrieren, umso weniger verdienen wir dabei.“

Auf Seite 27 bringt Peter Thiel es auf den Punkt:

„Ihr Unternehmen kann eine Menge Werte schaffen, ohne selbst wertvoll zu sein. Wertschöpfung allein reicht nicht aus — Sie müssen einen Teil des geschaffenen Wertes auch abschöpfen.“

Fazit: Es geht ums Verdienen. Nicht der Wert des Erzeugnisses, der „Customer Value“ eines Produktes oder Dienstleistung ist der Key Performance Indicator (KPI, Leistungskennzahl). Für Peter Thiel ist es der abschöpfbare „Shareholder Value“ in Form des Gewinns.

Regel 5: „Monopolisten erzählen Märchen, um sich selbst zu schützen.“

„Sie wissen, dass sie mit Prahlereien über ihre Monopolstellung nur die Aufmerksamkeit der Wettbewerbshüter auf sich ziehen. Da sie ein Interesse daran haben, auch weiter ungestört Gewinne abzuschöpfen, tun sie alles, um ihre Monopolstellung zu verbergen.“

In einem Punkt hat Thiel recht: Das Märchenerzählen war für Monopolisten noch nie so einfach wie heute — wenn man das nötige Kleingeld dafür hat.

Edward Bernays, einer der Begründer des organisierten Märchenerzählens, heute als Storytelling, Propaganda oder Public Relations bezeichnet:

„Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element der demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre herrschende Macht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Geist wird geformt, unser Geschmack geformt, unsere Ideen vorgeschlagen, größtenteils von Menschen, von denen wir noch nie gehört haben.“

Regel 6: „Die besten Start-Ups erinnern ein wenig an Sekten.“

Wenn Sie in einem Start-up für Peter Thiel arbeiten, bedenken Sie bitte:

„Der größte Unterschied ist, dass sich Sekten mit ihrem Fanatismus im Irrtum befinden. Die Mitarbeiter eines erfolgreichen Start-ups sind jedoch fanatisch hinter einer Sache her, die der Rest der Welt nicht erkennen kann. (…) Machen Sie sich keine Sorgen, wenn konventionelle Standesvertreter Ihr Unternehmen nicht verstehen. Freuen Sie sich lieber, wenn Sie als Sekte bezeichnet werden.“

Regel 7: „Geld kommt zu Geld.“

„‚Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat‘ heißt es in der Bibel. Albert Einstein hatte dieselbe Erkenntnis, als er den Zinseszins als das achte Weltwunder, die größte Erfindung des menschlichen Geistes und die stärkste Kraft des Universums bezeichnete.“

Also wenn der Zinseszins die stärkste Kraft des Universums sein soll, dann könnte man ins Zweifeln kommen, ob der geniale Albert Einstein die Relativitätstheorie wirklich erfunden hat. Und wenn das Zitat aus der Bibel stimmt, dann könnte man annehmen, dass schon vor mehr als zweitausend Jahren bezahlte „Advertorials“, also redaktionelle Aufmachung einer Werbeanzeige, früher auch „Schleichwerbung“ genannt, in der Bibel existierten.

Regel 8: „Eine Welt ohne Geheimnisse wäre eine gerechte Welt.“

„Unrecht setzt nämlich voraus, dass sich eine entscheidende moralische Erkenntnis noch nicht durchgesetzt hat: In einer demokratischen Gesellschaft besteht Unrecht nur dann fort, wenn es von den Menschen nicht als solches erkannt wird.“

Als Peter Thiel 2014 sein Buch geschrieben hatte, wusste selbst er vermutlich noch nicht, dass es seit dem März 2020 eine schöne neue Weltordnung geben würde. Professor Dr. Mattias Desmet versucht eine Erklärung: „Why do so many still buy in the narrative?“ („Warum glauben so viele Menschen immer noch an diese Erzählung?“)

Regel 9: „Manche Geheimnisse sind gefährlicher als andere.“

„Wie Faust zu Wagner sagt:
‚Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g´nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbannt‘“

Es gehört zu den wesentlichen, typischen Merkmalen von PPP, dass hier absolute Geheimhaltung herrscht, etwa bei den Verträgen, die von der EU mit den Pharmafirmen für die mRNA-Impfstoffe abgeschlossen wurden.

Regel 10: „Moral muss man sich leisten können.“

„Das Google-Motto ‚Don´t be evil‘ ist natürlich Teil einer Marketingstrategie, doch es ist auch typisch für ein Unternehmen, das so erfolgreich ist, dass es sich um Moral sorgen kann, ohne die eigene Existenz zu gefährden. In der Wirtschaft ist Geld entweder wichtig oder alles. Monopolisten können es sich leisten, an andere Dinge zu denken als an Geld.“

Wie bitte? Nur Monopolisten können sich Moral leisten?
Der Siegeszug der Investoren und der Rückzug der privaten Unternehmer

Während der letzten zwei Jahrzehnte traten die Investoren mit Unterstützung der Leitmedien einen triumphalen Siegeszug gegen die Unternehmer der Realwirtschaft an.

Wenn Sie das selbst überprüfen wollen, dann geben Sie das Wort „Unternehmer“ und das Wort „Investor deutsch“ in die Suchmaschine ein: Die Trefferliste bei Google für das Wort Investor (nur die deutschsprachigen Treffer) zeigt aktuell mehr als 200 Millionen Ergebnisse, während der Begriff Unternehmer nur halb so viel Treffer erbringt.

Denn es sind nicht die mittelständischen Unternehmer der Realwirtschaft, sondern die Investoren und CEOs marktbeherrschender Finanzkonzerne und Vermögensverwaltungen, die von den Leitmedien während der letzten zwei Jahrzehnte verehrt, oftmals unkritisch glorifiziert wurden.

Die Haltungsjournalisten, wie sie sich selbst stolz nennen, huldigen heute Menschen, die ihr Geld mit dem Spekulieren gegen Währungen oder dem Vermitteln von Produkten und Dienstleistungen durch die Plattform-Ökonomie gemacht hatten.

Milliardäre wie Warren Buffet, Bill Gates, Elon Musk oder Pierre Omidyar werden von Journalisten bewundert und verehrt. Sie sind durch die Political Correctness, die allerdings in Wirklichkeit das exakte Gegenteil, nämlich Correctional Politics ist, gegen Kritik geschützt und werden mit Schmeicheleien, Advertorials und Auszeichnungen überhäuft, während die Unternehmen der Realwirtschaft, vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat der westeuropäischen Wirtschaft bilden, Steuern zahlen und Wohlstand schaffen, durch sinnlose Lockdowns, die nichts weiter als Berufsverbote waren, von der Politik vorsätzlich oder wider besseres Wissen mehrmals — in Österreich nicht weniger als vier Mal — massiv geschädigt wurden.

Lockdowns schädigten die kleinen und mittleren Unternehmen massiv.

Dass die Lockdowns, die 2020 und 2021 gegen die Unternehmer und die Bevölkerung verhängt wurden, vor allen die Kleinen & Mittleren Unternehmen (KMU) wirtschaftlich schwer getroffen haben, beweist eine österreichische Ministerialstudie: Die Umsätze der KMU in Österreich sind 2020 um 10 Prozent zurückgegangen, einzelne Bereiche, wie Beherbergung und Gastronomie haben durch die Lockdowns ein Viertel ihres Umsatzes verloren, viele mussten aufgeben, haben zugesperrt. Diese Zahlen und Fakten kann man in der Studie mit dem harmlosen Titel „KMU im Focus 2020“ jenes Ministeriums für Digitalisierung und Standortoptimierung, früher Wirtschaftsministerium, lesen, dessen politische Führung genau diese Lockdowns angeordnet hatte.

An den katastrophalen Folgen dieser planwirtschaftlichen Eingriffe in die Marktwirtschaft zu Lasten des Mittelstands und zugunsten der Plattform-Konzerne haben wir heute zu leiden: Allgemeine Verarmung durch Megainflation und wahnsinnige Energiepreise, gesellschaftliche Spaltung und systematische Vernichtung des Mittelstands. So sagte der österreichische Unternehmer Dietrich Mateschitz:

„Die Corona-Maßnahmen der Regierung? Mir kommt das so vor, als ob mir jemand ins Knie schießt, um mir dann einen Kredit für die Operationskosten anzubieten“.

Im Gegensatz zu den Unternehmern der Realwirtschaft wurden die Investoren oder Arbitrageunternehmer, wie der österreichische Ökonom Alois Schumpeter diese Abart des Unternehmertums bezeichnet hatte, von den Leitmedien hochgejubelt. Der Schumpeter-Preis, der für Unternehmer der Realwirtschaft gedacht war, wurde 2019 in Wien an den NGO-Politiker und Philanthropen George Soros vergeben, der sein Vermögen durch die Spekulation gegen das Britische Pfund „verdient“ hatte. Wie der große Ökonom Alois Schumpeter das kommentiert hätte?

Die fatale Verwechslung von Unternehmern mit Investoren

Alle Unternehmer sind Investoren. Aber sind alle Investoren auch Unternehmer? Es wird oft so behauptet und auch in den Medien berichtet. Aber ich behaupte, diese Vorstellung ist falsch, denn sie beruht auf einer fatalen Verwechslung. Denn jeder Unternehmer ist ein Investor, aber nicht jeder Investor ist ein Unternehmer. Die Grundsätze von Investoren auf die Unternehmensführung anzuwenden, führt zu gravierenden Fehlentscheidungen. Denn Finanzinvestoren agieren selten wie klassische Unternehmer. Eine prosperierende Wirtschaft braucht beide: Unternehmer ebenso wie Investoren. Doch die Geschäftsmodelle von Investoren und Unternehmern sind so gegensätzlich wie Credit Default Swaps und die Entwicklung einer innovativen Spitzen-Technologie.

Der Unternehmer will ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten und mit Gewinn verkaufen. Dazu benötigt er einen überlegenen Kundennutzen. Deshalb hat der Unternehmer unablässig den Markt, seine Kunden und den Nutzen seiner Produkte und Dienstleistungen im Auge.

Der Finanzinvestor hingegen ist Experte für Kredit und Geld, er orientiert sich am Shareholder Value. Ein Finanzinvestor muss von der Führung der Unternehmen selbst überhaupt nichts verstehen. Bei Schwierigkeiten verkauft er seine Papiere.

Der Unternehmer im Sinne des Eigentümers kümmert sich um sein Unternehmen bei jedem Wetter, er kämpft bei Schwierigkeiten, denkt in Generationen, kann und will auch nicht verkaufen, sein persönliches Schicksal ist mit seinem Unternehmen eng verbunden. Auch der Unternehmer wirtschaftet nicht aus altruistischen Motiven. Denn er will und muss Gewinne machen, um wieder investieren zu können. Aber der Fokus des Unternehmers liegt auf dem Markt, der kontinuierlichen Verbesserung der Produkte, Prozesse und Dienstleistungen, der Innovation und dem Marketing dieses Customer Values.

Hingegen sind die Augen des Investors auf den Shareholder Value, den Kurs und den Börsen-Ticker gerichtet. Den Finanzinvestor interessiert nur die Kursentwicklung der Aktien.

Ein Unternehmer richtet seine Aufmerksamkeit nicht auf das kurzfristige Steigen des Aktienkurses seines Unternehmens, sondern auf die mittel- bis langfristige Entwicklung des Unternehmens am Markt. Wichtiger als der Aktienkurs sind dem Unternehmer die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens und seine Stellung am Markt. Auch wenn ihm das nicht immer passt und nicht immer leichtfällt.

Doch er hat gar keine andere Wahl. Er kann sich nicht nur am Shareholder Value orientieren. Der Unternehmer muss sein Unternehmen danach ausrichten, den Nutzen für seine Kunden zu schaffen und ihn permanent zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Unternehmer mehrere Parameter im Unternehmen beobachten und aktiv verändern: Marktanteile, Innovationen, Investitionen, Qualitäts-Management, Forschung und Entwicklung, Cashflow und Liquidität. Der Unternehmer braucht dazu keine Stock Exchange. Daher haben Unternehmen schon Jahrhunderte existiert, lange bevor Börsen überhaupt entstanden waren.

Wie lange gibt es sie noch, die kleinen und mittleren Unternehmer, das Rückgrat unserer Wirtschaft?

Es gibt sie noch, die KMU, das Rückgrat unserer Wirtschaft. Trotz der verfehlten Pandemiepolitik, trotz des perversen „Merit-Order-Prinzips“ in der Energiepolitik, welches den Preis des Anbieters mit dem höchsten Preis für alle anderen Anbieter definiert, trotz der Sanktionspolitik, welche auch die eigene Wirtschaft trifft, trotz der verfehlten Steuerpolitik mit einer zusätzlichen Luftsteuer für CO2, trotz der hemmungslosen Verschuldungspolitik der EU, welche dazu führte, dass jeder österreichische Erwerbstätige bereits mehr als 79.000 Euro an Staatsschulden zu tragen hat, was mehr als das Doppelte des Median-Einkommens ist.

Trotz der nicht weniger als 4 vollkommen sinnlosen Lockdowns und eines Lockdowns für gesunde Ungeimpfte (!) in Österreich, welche die KMUs, das Rückgrat unserer Wirtschaft, massiv geschwächt haben, zugunsten der Plattformökonomie und der Monopolkonzerne. Während Amazon die Lockdowns genutzt hat, um Rekordumsätze einzusammeln, haben viele kleine Händler und Hersteller aufgeben müssen.

Es droht der Verlust der Lebensmittelproduktion im eigenen Land

Je kleiner die Lieferanten, desto „kooperativer“ seien sie, was die Preisdisziplin betrifft, erklärte SPAR-Aufsichtsratspräsident Gerhard Drexel auf Anfrage des retailreport.at.

„Kooperativer bei der Preisdisziplin“? Das bedeutet im Klartext, dass kleine und mittlere Hersteller die enormen Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Verpackungen, Logistik, Frachtkosten und Personal in hohem zweistelligen Prozentbereich nicht in gleichem Ausmaß wie die großen Multis beim Handel durchbringen konnten. Fazit: Unsere KMUs, das Rückgrat der Wirtschaft in D-A-CH, sind in der Gefahr, gegen die großen Multis nicht mehr bestehen zu können.

Der Fachverband der Lebensmittelindustrie fasste es in seiner Aussendung vom 7. September 2022 wie folgt zusammen:

„Aus betriebswirtschaftlichen Gründen müssen die Herstellkosten der Lebensmittelproduzenten bestmöglich durch die Einkaufspreise ihrer Kunden gedeckt werden. Ist das nicht der Fall, droht der Verlust der Lebensmittelproduktion im eigenen Land … “

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Dank an den Rubikon, www.rubikon.news, wo dieser Artikel zuerst erschienen ist.

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