Fragwürdiger Mythos

 In FEATURED, Kultur, Politik

Bill Withers verlieh mit seinem Song „I can’t write left-handed“ Kriegsheimkehrern eine Stimme, die sich in jugendlicher Naivität an die Front schicken ließen und versehrt zurückkehrten. Den Krieg steckt niemand einfach so weg. Zurückgekehrt von der Front, wirken ehemalige Soldaten oft wie ausgetauscht. Das Erlebnis tödlicher Gewalt hinterlässt innerlich wie äußerlich seine Spuren: Narben, die niemals zur Gänze heilen werden. Gerade junge Menschen, die sich für den Dienst an der Waffe begeistern ließen und anschließend in die Kampfgebiete ausrückten, wussten zu Beginn nicht, wie ihnen geschehen würde. Nach ihrer Rückkehr sind sie zwar um diese schreckliche Erfahrung „reicher“, aber durch seelische wie körperliche Verwundungen an Lebensqualität deutlich ärmer. Bill Withers lieh diesen Menschen seine Stimme. Ein Text zu der Aktion #Friedensnoten. Uli Masuth

 

Ich muss damals 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein, als mein acht Jahre älterer Cousin mir — mächtig stolz — seine gerade erworbenen Lautsprecherboxen vorführte. Die 901 von Bose. Eine Boxen-Legende, die in der damaligen Hifi-Welt für Furore sorgte. Ich musste mich auf einen speziell platzierten Stuhl setzen, weil dort das Klangerlebnis am größten war. Von der LP, die mein Cousin dann auflegte, kannte ich weder den Namen des Musikers noch dessen Musik. Es war Bill Withers. Der Song hieß „Harlem“, gehört immer noch zu meinen Lieblings-Songs und — um es kurz zu machen: Es hat mich damals umgehauen.

Zum einen der Klang der Boxen — nein, ich habe keinen Endorsement-Vertrag mit Bose — und zum anderen diese Musik. Die Intensität der Stimme, der Groove, das Bass-Lick, das sich in Halbtonschritten chromatisch nach oben bewegt. Ein Titel der — obwohl als A-Seite gepresst — ziemlich floppte. Ein Mega-Hit wurde dafür die B-Seite „Ain’t no sunshine“. Weitere Hits folgten. Wie „Just the two of us“,„Lovely day” sowie „Lean on me“, das während der Coronanummer in den USA so etwas wie eine inoffizielle Hymne der Pflegekräfte war.

Der Song, um den es hier gehen soll, hat nicht die Charts gestürmt, dafür aber mit Sicherheit viele Gemüter bewegt. Er heißt „I can’t write left-handed“ und entstand unter dem Einfluss des Vietnam-Kriegs. Withers siniert über junge Menschen, die — wie er, als er jung war — sich wenig um Politik gekümmert haben. Die nicht viele Fragen stellten, sondern in den Krieg gegangen sind, wenn es hieß „go“. Von so einem jungen Mann, den Bill Withers auf der Straße gesehen hat, ist in diesem Song die Rede. Der junge Mann hat im Krieg seinen rechten Arm verloren und Withers versucht, sich in dessen Lage zu versetzen. Dass dieser junge Mann vielleicht sagt, dass er nicht mit links schreiben kann und ihn deshalb bittet, einen Brief an seine Mutter zu schreiben. Die wiederum den Anwalt der Familie bitten soll, für den jüngeren Bruder einen Aufschub für den Kriegsdienst zu bekommen. Und dass Reverend Harris für ihn beten soll.

Bill Withers hat über sich selber gesagt: „Ich bin kein Virtuose, aber ich habe es immerhin geschafft, Songs zu schreiben, mit denen die Menschen sich identifizieren konnten.“ Mit „I can’t write left-handed“ ist ihm eine Komposition gelungen, die weniger Song ist, als vielmehr musikalische Prosa, die die Folgen von Krieg an einem persönlichen Schicksal verdeutlicht. Nicht abstrakt, sondern konfrontativ. In diesem Fall dem Vietnam-Krieg. Der — nebenbei bemerkt — mit ein Grund für die Gründung der Grünen war.

Eine Partei, die sich von Beginn an immer auch als Friedenspartei gerierte. Tempi passati — Denn bei den Grünen führen heute die schlimmsten Kriegstreiber das Wort. Und stellen zudem mit Annalena Baerbock eine Bundesaußenministerin, die Russland ruinieren will, und mit Robert Habeck einen Bundeswirtschaftsminister, der zwar nicht weiß, was eine Insolvenz bedeutet, dafür aber keine Angst vor dem Dritten Weltkrieg hat.

So ein ungeheuerliches und dummes Statement wäre einem Bill Withers wohl nie über die Lippen gegangen. Genauso wenig wie dem Autor dieser Zeilen.

 

 

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