Friedensappell türkischer WissenschaftlerInnen gegen Erdoğan

 In Friedenspolitik, Politik (Ausland)
Die kurdischen Gebiete,

Die kurdischen Gebiete,

Seit Wochen herrschen im kurdischen Südosten der Türkei bürgerkriegsähnliche Zustände. Panzer schießen auf historische Stadtviertel, ZivilistInnen werden verletzt und sterben. Abertausende fliehen. Mit einem Friedensappell haben über 2000 WissenschaftlerInnen aus der Türkei gegen den Krieg im eigenen Land Einspruch erhoben. Der türkische Staatspräsident Erdoğan hat die VerfasserInnen und UnterzeichnerInnen des Appells im Fernsehen persönlich zu “Landesverrätern” erklärt: “Wer das Brot dieses Staates isst, aber diesen Staat verrät, gehört bestraft.” Die Erklärung des Präsidenten wurde nur wenig später umgesetzt. HochschullehrerInnen werden entlassen, die 1128 ErstunterzeichnerInnen werden wegen “Beleidigung des Türkentums, der Republik und ihrer Organe” und “Propaganda für terroristische Organisationen” angeklagt, viele wurden bereits in Gewahrsam genommen. (Die Übersetzung aus dem Türkischen wurde von Axel Kleinecke besorgt)

Petition der türkischen Wissenschaftler-innen von 10. Januar 2016

Als Wissenschaftler und Forscher dieses Landes wollen wir nicht an diesem Verbrechen beteiligt sein!

Der türkische Staat hat seine Bürger in Sur, Silvan,Cizre, Silopi und vielen anderen Städten und ihrem Umland in den kurdischen Provinzen nicht nur durch die wochenlange Verhängung der Ausgangssperre sehr effektiv in eine Hungersnot getrieben, er hat die Bevölkerung auch mit schweren Waffen und dem Einsatz einer Kampfausrüstung angegriffen, wie sie sonst nur im Krieg eingesetzt wird. Die Folge sind Verletzungen der Menschenrechte auf Leben, Freiheit und Sicherheit, im Besonderen wurden das Folterverbot und das Recht auf ärztliche Versorgung, die durch die Verfassung und durch internationale Abkommen gewährleistet sind, gravierend verletzt.

Dieses gewollte und geplante Blutbad unter türkischen Bürgern ist eine schwerwiegende Verletzung der türkischen Gesetze ebenso wie der internationalen Abkommen, denen die Türkei beigetreten ist. Diese Kriegshandlungen sind eine schwerwiegende Verletzung des internationalen Rechts.

Wir fordern den Staat auf, das willkürliches Morden und die Deportation der Kurden und anderer Bevölkerungsteile in der genannten Region zu beenden. Wir fordern außerdem die Aufhebung der Ausgangssperre, die Bestrafung der Verantwortlichen für die Menschenrechts-verletzungen und die Entschädigung der Menschen, die materielle und seelische Schäden erleiden mussten. Zu diesem Zweck verlangen wir, dass unabhängige nationale und internationale Beobachter Zugang zu den betroffenen Gebieten bekommen und dass sie die Vorfälle untersuchen und über sie berichten dürfen.

Von der Regierung fordern wir, Verhandlungsbedingungen zu schaffen und einen Friedensplan vorzulegen, der geeignet ist, unter Berücksichtigung der Forderungen der politischen Bewegung der Kurden einen dauerhaften Frieden zu gewährleisten. Wir fordern die Hinzuziehung von unabhängigen Beobachtern aus einem breiten gesellschaftlichen Spektrum zu diesen Verhandlungen. Außerdem erklären wir unsere Bereitschaft als Beobachter teilzunehmen. Wir stellen uns der Unterdrückung von jeder Art Opposition entgegen.

Als Wissenschaftler und Forscher, die in und für die Türkei arbeiten, erklären wir, dass wir nicht durch Stillhalten an diesem Blutbad beteiligt sein wollen, und wir verlangen das sofortige Ende der vom Staat begangenen Gewaltverbrechen. Wir werden uns weiterhin gemeinsam mit politischen Parteien, dem Parlament und der internationalen Öffentlichkeit für die Durchsetzung unserer Forderungen einsetzen.

Für internationale Unterstützung senden Sie bitte Ihre Unterschrift, den Namen Ihrer Universität und Ihren Titel an info@barisikinakademisyenler.net

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