Helfen wir den Menschen in Griechenland! – Siebzehnter Bericht 2016

 In Holdger Platta

GriechenlandhilfeLogoLiebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

drei gute Nachrichten vorweg:

• Bei den Eltern von Andreas A., über dessen schwere Erkrankung mit dem Namen „Stigma“ ich letzte Woche ausführlich berichtet habe, ist unsere Geldspende von 1.000,- Euro inzwischen angekommen. Der Vater von Andreas hat unseren Helfer Tassos Chatzatoglou vor einigen Tagen entsprechend informiert. Nun wird abzuwarten sein, ob dem schwersterkrankten Andreas die ärztliche Behandlung helfen wird. Wir hoffen es natürlich sehr. Und selbstverständlich werde ich Euch darüber berichten.
• Karl-Heinz Apel, der zweite Helfer aus unserem Team, ist inzwischen in Griechenland eingetroffen und wird in den nächsten Tagen mit seiner Hilfsarbeit vor Ort beginnen. Diesesmal wird es vor allem um die Weitergabe von Geldmitteln gehen, vorwiegend in der Südpeloponnes um Kyparissi herum. Auch hierüber werde ich Euch demnächst ganz sicher berichten können.
• Schließlich kann ich Euch mitteilen, daß während der letzten sieben Tage gegenüber den beiden Vorwochen ein erheblicher Spendenanstieg zu verzeichnen war: gingen in der Vorwoche 584,50 Euro an Hilfsbeträgen bei uns ein, gespendet von vier UnterstützerInnen, und in der Woche vor vierzehn Tagen lediglich 320,- Euro (überwiesen von insgesamt sieben SpenderInnen), so durften wir uns diesesmal über Neuspenden in der Höhe von 1.185,- Euro freuen – ein Gesamtbetrag, der von 27 Helferinnen und Helfern aufgebracht worden ist. Wir danken allen, die dazu beigetragen haben, sehr. Und sind – ich gebe es zu, manchmal sogar mit einem Gefühl der Fassungslosigkeit! – berührt davon, daß damit unsere Hilfsaktion für die von der europäischen „Wertegemeinschaft“ derart brutal im Stich gelassenen Griechinnen und Griechen eine derart zuverlässige Stabilität oder Beständigkeit zeigt. Für mich – ich wiederhole damit einen Zentralgedanken aus meinem letzten Zwischenbericht – bewahrheitet sich bei dieser Konstanz des Spendenzuflusses, daß Ihr alle mit Eurer Hilfe und Eurem Engagement helfen wollt, auch weiterhin, und weiterhin auch Eure deutliche Kritik an der Politik der Euro-Staaten zum Ausdruck bringt. Menschenhilfe und politisches Engagement, das ist für Euch wie für uns nicht zweierlei. Humanität und Widerstand gegen die Merkels & Schäubles gehören zusammen für Euch – wie auch für uns, die OrganisatorInnen dieser Hilfe für die brutal zwangsverelendeten Menschen in Griechenland. Auch dafür unser ganz großer Dank!

Womit ich auch bei einer Mitteilung bin, die erklären hilft, daß ich diesesmal nur einen Kurzbericht vorlegen kann und – auf intensive Empfehlung eines Freundes hin – mit einem Gedicht diese Mitteilungen abschließen will.

Am vergangenen Mittwoch, den 4. Mai, gab die gesamte Mail- und Internetfunktion bei meinem Router ihren Geist auf (ausgerechnet auch noch vor einem Feiertag). Folge: Erstellung und Versenden meines regulären Berichtes für Euch war nicht möglich, erst heute, am Sonntag, den 8. Mai, bekam ich meine PC-Anlage wieder vollständig in Gang. Deshalb relative Kürze und auch verspätete Publikation dieses Berichtes! Doch ein guter Freund von mir meinte, ich könne doch – im Anschluß an das Thema der letzten Woche (zur Vereinbarkeit von „Caritas“ und politischem Engagement, sehr verkürzt formuliert) – ein Gedicht von mir an den Schluß dieser Mitteilungen stellen, einen Text, in welchem ich mich, vor einigen Jahren schon, mit einem – wie ich finde: höchst fatalen – Satz des Svendborger Bert Brechts auseinandergesetzte habe. Ihr kennt diesen Satz sicherlich alle, der in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“ steht, in einem Langgedicht, das irgendwann zwischen 1934 bis 1939 in Brechts Exil auf der Insel Fünen entstand: „Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit / Konnten selber nicht freundlich sein“.

Ich gebe zu, ein Satz, der mich bereits als Schüler geärgert hat, ein Satz, den ich schon seit Jahrzehnten diesem großartigen Dichter Bert Brecht nicht wirklich abnahm. Zwangsfolge kommunistischer Parteinahme soll die „Unfreundlichkeit“ sein? Oder, wie ich später erfuhr, als ich mich, inzwischen Student der Germanistik in Göttingen, mit dem Lehrtheater Brechts zu beschäftigen begann: nach Brechts Auffassung – niedergelegt in seiner „Maßnahme“, dem Theaterstück, das 1930 in Berlin uraufgeführt wurde – gelte für diesen Autor der Satz: „Wer für den Kommunismus kämpft, hat von allen Tugenden, nur eine: daß er für den Kommunismus kämpft“.

Diese jesuitische Auslegung von Marxismus (= „Der Zweck heiligt die Mittel!“) stieß mich schon als Achtzehnjährigen ab, ich sehe sie nirgendwo in den Marxschen Grundschriften belegt. Kurz: diese Erinnerung kam wieder hoch, als uns der HdS-Leser X seine Müller-Reminiszenz mitteilte, offenbar verstanden als vorbildliche Marxismus-Position: ein „wahrer“, ein „echter“ Marxist habe sich Champagner kommen zu lassen, wenn er draußen vor seinem Hotelfenster einen Obdachlosen sähe, um diesem dann mit seinem systemkritischen Bewusstsein zuzuprosten statt Hilfe zu leisten. Diese Erinnerung an die Brecht-Sentenz, ausgelöst von der Müller-Story, kam auch bei meinem guten Freund wieder hoch, dieses kaputte Gegeneinanderstellen von Marxismus und Mitmenschlichkeit, und er riet mir zur Veröffentlichung meines folgenden Gedichtes. Apropos: auch dieser Satz findet sich in der „Maßnahme“ von Brecht, und auch dieser Satz ist bei ihm durchaus als positive, als zu beherzigende Maxime zu verstehen: „Welche Niedrigkeit begingst du nicht, um die Niedrigkeit auszutilgen?“ – Nun, dieser Art „negativer Dialektik“, dessen jesuitischen Zynismus, der sich offenkundig für Marxismus hält, sei also – erstmals hier öffentlich – meine lyrische Antwort entgegengestellt:

„Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.“
(Bertolt Brecht, aus „An die Nachgeborenen“)

Vom Marxismus und von der Freundlichkeit

1
Es war im lustigen Monat Mai. Er saß
auf der Holzbank vorm Haus im grünenden Forst,
da hat er geschrieben, sie hätten nicht
freundlich sein können bei ihrem Kampf
für die Freundlichkeit.

Doch wird auch berichtet, daß er
unbändig lachen konnte über den gewonnenen
Fight eines befreundeten Boxers, daß er
sich freuen konnte über gute Weine und gute
Zigarren, daß er auslachen konnte manch reaktionären
Idioten, der ihm durchschaubaren Unsinn erzählte,
und daß er fröhlich war, wenn seine Stücke
gut ankamen beim Publikum und Theaterdirektor.

2
Wieso eigentlich konnte er lachen
über so vieles, auslachen so viele, und soll niemanden
angelacht haben können all jener, die bei ihm
saßen und aßen an seinem Tisch?

Wer über so vieles hat lachen können,
wer so viele hat auslachen können,
soll niemanden angelacht haben können?

3
Wenn er nicht leben konnte,
was er erreichen wollte,
wie hätte er da erreichen können,
was er nicht zu leben verstand?

4
Ich kann nicht,
sage ich meistens,
wenn ich nicht will.

Warum also wollte er nicht
und tat so,
er könne es nicht?

5
So viele Berichte.
So viele Fragen.
Und so wenig Antwort.

Und hier, wie immer zum Abschluß meines Wochenberichts, die Angaben zu unserem Konto undsoweiter. Vielleicht ja zur Ermöglichung einer „Antwort“, die auch mein Gegengedicht zu Brechts Scheußlichkeiten nicht zu geben vermochte. Denn wahrlich, was sich daraus ergibt, aus diesen Schlußmitteilungen, das wird Eure Antwort auf Zynismen sein, die sich selber als Marxismus missverstehen:

Unser Konto, auf das Ihr unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ spenden könnt:

Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE

Die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):

Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de

Mit dankbaren und herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

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