In der Abwärtsspirale

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Politik

Alle schauen immer nur auf das Negative und tun sich dabei selbst keinen Gefallen. Wie kommt es, dass negative Nachrichten mehr Leser finden als positive? Was macht die Entmutigung so viel attraktiver als die Ermutigung? Schlechte Nachrichten, negative Analysen, die Fixierung auf das Schlimme, Schlechte und Böse scheinen eine ungeheuerliche Faszination auszuüben. Während Ermutigungen und Motivierendes den Adressaten aufrufen, aktiv zu werden, belassen schlechte Nachrichten ihn in seiner lethargischen Unzufriedenheit. Doch wer immer nur wie ein Kaninchen auf die Schlange starrt, wird am Ende von ihr gefressen. Felix Feistel

 

Als ich vor Kurzem eine Übersicht über die Zugriffe auf hier veröffentlichte Artikel zu sehen bekam, stellte ich ziemlich schnell etwas fest: All die Analysen und Berichte, die das Negative, das Schlechte und Schlimme zum Gegenstand hatten, wiesen im Durchschnitt um einiges höhere Zugriffszahlen auf als jene Artikel, die dazu gedacht waren, Mut zu machen, positive Nachrichten zu überbringen, ermutigende Beispiele und Personen zu zeigen. Es scheint, als interessierten sich nur wenige dafür, was man alles besser und anders machen, wie man sich aus dem Elend der Welt zumindest ein Stück weit befreien kann. Stattdessen sind die meisten nur daran interessiert, ihr ohnehin schon negatives Weltbild bestätigt zu bekommen.

Statt Mut und den Blick nach vorne, statt munter voranzuschreiten, scheinen sich die meisten in Angststarre nur mit der schrecklichen Gegenwart, die eine düstere Zukunft verheißt, auseinandersetzen zu wollen.

Auf diese Weise erhalten sie zwar andauernd Bestätigungen für ihre Sicht auf die Welt, doch ein aktiver Schritt aus der momentanen Wirklichkeit heraus in eine neue, andere, wird auf diese Weise nicht getan. Wer sich immer nur mit dem beschäftigt, was schiefläuft, woran es mangelt, welche Fehler begangen werden, der wird auch immer nur dasselbe zu sehen und spüren bekommen.

Wenn es dann tatsächlich schlechte Nachrichten gibt, werden diese als einzige wahrgenommen – und der Wahrnehmende sieht sich in seinen Erwartungen bestätigt, um dann für die Zukunft wieder nur negative Erwartungen zu hegen. Auf diese Weise geraten die Menschen in eine Abwärtsspirale, die zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird.

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit, und wenn die Aufmerksamkeit auf das Negative, die Fehler und Verfehlungen gerichtet ist, dann werden einem diese zwangsweise immer wieder begegnen.

Das hat viel mit der eigenen Einstellung zu tun. Denn wer nur auf das Negative schaut, übersieht die positiven Dinge, die Schönheit des Lebens, die vielleicht auch gerade in der Unvorhersehbarkeit, der Unwägbarkeit liegt. Der Tunnelblick auf die zukünftige Gesundheitsdiktatur, den Impfzwang, den Weltkrieg raubt den Sinn für das Gegenwärtige, den Moment. Denn jetzt gerade, in diesem Augenblick, gibt es all das noch nicht. Doch kann die Fixierung einer breiten Masse von Menschen auf solche Themen diese manifestieren, sie Wirklichkeit werden lassen. Das liegt daran, dass diese Menschen dann heute schon so handeln, als wäre all das schon da. Durch ihre Handlungen, die aus dem Denken entspringen, dass ein Weltkrieg, eine Gesundheitsdiktatur oder was auch immer schon existieren oder unausweichlich wären, führen sie genau das erst herbei.

Diese Negativentwicklungen werden geradezu als schicksalhafte Vorhersehung herbeigeredet. Es muss eine digitale Diktatur geben, weil ich eine solche erwarte, es muss zu einem Weltkrieg kommen, weil ich fest davon ausgehe, dass dieser Wirklichkeit wird. So übersieht man alle Handlungsmöglichkeiten, die man im Hier und Jetzt hat, um genau dieses Schicksal abzuwenden. Die Fixierung des Kaninchens auf die Schlange führt dazu, dass es irgendwann von eben jener Schlange gefressen wird. Es kommt nicht zum Handeln, beispielsweise zur Flucht, weil es so sehr auf die angebliche Gefahr fixiert ist.

Verantwortungslosigkeit

Doch vielleicht ist dies genau der Sinn der Sache. Das beständige Starren auf die Gefahr entlässt den Menschen in die Passivität. Die Erwartung des schlimmstmöglichen Schicksals entledigt ihn der eigenen Verantwortung. Klar: Wenn der Weltkrieg, die Abschaffung des Bargelds oder die Preisgabe von Daten schon als schicksalhaft betrachtet werden, dann muss man auch nicht tätig werden, sich mit anderen Menschen zusammenschließen, um dem etwas entgegenzusetzen. Man muss nicht demonstrieren, denn Demonstrationen ergeben ja ohnehin keinen Sinn. Man muss in seiner Nachbarschaft nicht gemeinsam unabhängige Strukturen aufbauen, denn eine globale Diktatur würde diese ohnehin zerstören, ganz zu schweigen vom nuklear geführten Weltkrieg, der keinen Stein auf dem anderen lassen würde. Man muss nicht die Anstrengung auf sich nehmen, das eigene Leben zu überdenken oder seine Gewohnheiten zu verändern. Es ist dieselbe Einstellung, die einen beispielsweise an einem Job festhalten lässt, der einem schon lange nicht mehr guttut. Das bekannte Elend ist in der Regel komfortabler als der unbekannte Ausweg aus diesem. Statt also diesen Ausweg zu suchen, fügt man sich in den schicksalhaften Untergang und lebt bis dahin weiter wie eh und je, ohne den eigenen Einfluss auf die negativen Entwicklungen zu hinterfragen oder gar aufzuheben.

Stattdessen starrt man auf die schlechten Nachrichten, die negativen Analysen über all das, was falsch läuft, sieht dabei die Einschläge näherkommen, und rafft sich doch nicht auf, ihnen zu entgehen. Denn im Großen und Ganzen sieht man sich einer übermächtigen Weltverschwörung gegenüber, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Allenfalls hofft man auf den nächsten großen Erlöser, die nächste Partei, welche die Umstände doch noch mal verändert, die Gefahr doch noch mal abwendet. Die Verantwortung für das eigene Leben wird dabei wieder einmal an andere abgetreten.

Doch wenn eine Welt entstehen soll, die für die Menschen da ist, in der alle Menschen einen Platz finden, in der sie nicht versuchen, sich gegenseitig zu unterdrücken, zu beherrschen und zu übervorteilen, in der stattdessen Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung und freie Entfaltung herrschen, dann muss man die Verantwortung für das Leben in die eigene Hand nehmen.

Das ist gar nicht so leicht; werden wir doch von Anfang an in unserem Leben dazu erzogen, unsere Verantwortung abzugeben. Wir geben sie ab an die Eltern, die Schule, den Vorgesetzten, die Parteien, die uns alle schöne Versprechungen machen, nur um dann doch lediglich in ihrem eigenen Interesse zu handeln. Der Staat, die Lehrer, die Professoren haben zudem einen Erziehungsauftrag, nämlich, uns im Sinne der herrschenden Ideologie zu erziehen. Damit bringen sie uns weg von uns selbst und reden uns fremde Ziele und Interessen als eigene ein. Menschen, die ihre Verantwortung abgegeben haben, sind leicht zu steuern, zu manipulieren und zu kontrollieren. Trag diese Maske, es ist zum Wohle aller, nimm diese Spritze, damit du geschützt bist, verzichte auf das Bargeld und nimm stattdessen digitale Zentralbankenwährungen, das dient nur der Bekämpfung von Geldwäsche, zieh in den Krieg, denn es dient deinem Land, und vor allem: Hinterfrage niemals, was man dir sagt. Die Verantwortung für das eigene Leben wird einem systematisch aberzogen. Das setzt sich auch bei jenen fort, die meinen, bereits alles verstanden zu haben.

So lesen sie zwar all die guten Analysen und Beschreibungen, schauen sich Videos und Podcasts an, wissen also im Großen und Ganzen, was auf dieser Welt schiefläuft, woran es mangelt, und vor allem, wohin die Reise gehen könnte. Doch zum Handeln kommen sie nicht. Dabei gibt es auch hier viele Beispiele und Menschen, die vormachen, wie man es besser machen könnte. Doch wer in der Abwärtsspirale gefangen ist, der will das Licht am Ende des Tunnels nicht sehen, will nicht nach links und nicht nach rechts schauen, was es denn da noch so gibt, außerhalb der eigenen Erfahrungswirklichkeit.

Natürlich ist es wichtig, im Bilde zu sein über das, was nicht stimmt, was schiefläuft und was verbessert werden müsste. Doch nützt es nichts, nur ewig dieses Wissen aufzusaugen und in der Kritik an den herrschenden Zuständen zu verharren. Stattdessen sollen die Analysen, Berichte und Artikel lediglich dazu dienen, die Notwendigkeit von Änderungen aufzuzeigen, um dann zum Handeln zu ermutigen. Handeln jedoch muss jeder für sich, und im Zusammenwirken mit anderen. Keine noch so guten Analysen und Artikel können dem Leser diese Verantwortung abnehmen, denn sie alleine werden die Welt nicht verändern.

Statt sich also nur entmutigen zu lassen, indem immer wieder das ewig Gleiche thematisiert wird, könnte man stattdessen mal das Ermutigende zur Kenntnis nehmen. Denn gerade in den positiven Beispielen steckt viel Energie und Kraft, die, einmal entfesselt, ein erhebliches Veränderungspotenzial haben. Dabei sollte man nicht davon ausgehen, das Gesehene oder Gelesene eins zu eins ins eigene Leben übertragen zu müssen. Denn dadurch entsteht wieder ein Gefühl des Zwangs und Drucks, der erneut in die Passivität führt. Stattdessen sollte man die aufbauenden Beispiele als eine Inspiration nehmen, das positive Lebensgefühl, das einem aus solchen Beispielen geradezu entgegensprüht, in das eigene Leben zu integrieren.

Denn wer hält schon dauerhaft ein Leben in Negativität, Depression, Angst und Verzweiflung aus? Diese Gefühle machen passiv, stumpfen die Sinne ab und rauben die Freude an den kleinen Dingen des Lebens. Wie wäre es, stattdessen ein Leben zu führen, in dem jeder Aspekt durchtränkt ist mit Freude, mit Wohlbefinden und Genuss? Wie wäre es, anstatt immer nur deprimiert auf die dunklen Wolken am Horizont zu starren, den momentanen Sonnenschein zu genießen, der hinter der Wolkenfront ohnehin erneut hervorkommen wird? Und was bräuchte es, dieses Lebensgefühl, welches das Leben als Wechselspiel betrachtet und dabei das Positive nie aus dem Blick verliert, in das eigene Leben zu integrieren?

Es ist wahrscheinlich leichter, als die meisten denken. Den Job kündigen, der einen schon lange unglücklich macht, an einen schöneren Ort umziehen, sich mit den Menschen in der unmittelbaren Umgebung zusammentun, um ein gemeinschaftliches Projekt zu verwirklichen oder einfach das Leben zu genießen. Nichts von dem, was einem heute als unerlässlich erscheint, ist wirklich unverzichtbar. Vielleicht kann gerade die Trennung von Dingen, die einen zu großen Stellenwert im Leben einnehmen, ein Befreiungsschlag sein, beispielsweise von einem Job, der einem wichtig erscheint, weil er das dringend benötigte Geld bringt, aber einem eigentlich schon lange die Lebensenergie raubt, und damit jede Freude am Leben.

Natürlich sollte man jetzt nicht unüberlegt alles hinschmeißen und das Leben komplett auf den Kopf stellen. Aber es könnte schon hilfreich sein, sich Gedanken darüber zu machen, was einem im eigenen Leben Freude und ein Gefühl der Sinnhaftigkeit bereitet, und was einen nur belastet, worauf man eigentlich lieber verzichten würde. Es hilft, all das aufzuschreiben.

Und dann kann man sein Leben schrittweise so umgestalten, dass die negativen Dinge immer unwichtiger werden und schließlich ganz verschwinden. Und wem nach reiflicher Überlegung der Sinn danach steht, alles hinzuschmeißen und das Leben komplett auf den Kopf zu stellen, der kann natürlich auch das tun.

Doch in der Abwärtsspirale gefangen zu bleiben, ist keine Option. Denn sie kreiert Menschen, die in vollkommener Passivität ihrem Schicksal gegenüber mehr und mehr gleichgültig werden, die, da für sie alles vollkommen ausweglos erscheint, kein Interesse mehr verspüren, noch am Leben zu partizipieren. Sie können sich mitunter auch schon gar nicht mehr daran erinnern, wie das Leben eigentlich mal gewesen ist, beispielsweise in der Kindheit. Von daher wäre es doch ein Anfang, den Blick von der düsteren Gefahr der Dystopie zu wenden und sich umzusehen, ob es nicht noch etwas anderes im Leben gibt.

Die vielen mutmachenden Berichte und Artikel, die in der MANOVA-Rubrik „Zukunft & Neue Wege erscheinen, können ein erster Ansatz sein, bei dem man seine Gewohnheiten sogar nur ganz geringfügig ändern muss: Es genügt, einfach andere als die düsteren, niederschmetternden Artikel zu lesen. Und vielleicht inspirieren die Ideen, Beispiele und Personen, von denen dort die Rede ist, den einen oder anderen ja auch, kleine Veränderungen im eigenen Leben vorzunehmen. Veränderungen, die Schritt für Schritt zu einem positiveren Lebensgefühl führen und die Freude am Leben und an der Lebendigkeit zurückbringen.

Auf diese Weise finden die Menschen zurück in die Eigenverantwortung.

Denn wer einmal einen Hauch von Freiheit, Selbstbestimmung, Kreativität und Lebendigkeit verspürt hat, der wird sein Leben nach und nach in die eigene Hand nehmen wollen, um mehr davon zu erreichen.

Auf diese Weise kann man sich lösen von den vielen Erwartungen, dem „Das haben wir aber doch immer schon so gemacht“, dem „Du kannst doch nicht“ oder „Du darfst aber nicht“. Jeder darf und jeder kann ein Leben der Lebendigkeit, der Wertschätzung und der Freude leben. Für einige ist der Weg länger und härter als für andere. Aber eins steht fest: Wer sich nicht auf den Weg macht, wird sein Ziel garantiert nie erreichen.

Kommentare
  • Partizipation ist alles
    Antworten
    Feistel trifft mal wieder den Nagel auf den Kopf. “In der Abwärtsspirale gefangen zu bleiben”, ist keine Option. Kauft Euch doch endlich ein Buch über die Beatles, dann wir alles wieder gut! https://www.rubikon.news/artikel/all-you-need-is-art/read

    Oder seid naiv, und stolz darauf. Auch das ist ein mutiger Weg, zu mehr Resilienz. Oder, wenn alle Stricke reißen, und Euch die hinter- bzw tiefsinnigen Dialoge von Sven Boettcher und M. Burchardt spirituell auch nicht mehr in Stimmung bringen, wie wär’s mit  den  Jesuiten? Oder mit China? Die  bieten auch Alternativen. Oder der Club of Rome, oder die UN!  Oder Manova!

     

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