Kommt der Aufstand?
Mag sein, dass es für unsere Erde die letzte Chance ist, wenn nun die Kinder aufstehen, nachdem wir Erwachsenen nicht wirklich etwas tun, um die Wende herbeizuführen, nach der die Natur schreit und die unsere Zivilisation retten könnte. Greta glaubt nicht mehr daran, dass die alten Herren etwas tun werden, schon gar nicht, wenn ein 15 oder 16 Jahre altes Mädchen sie dazu auffordert. Trotzdem »pflanzt sie ihr Apelbäumchen«, so wie Martin Luther das einst empfahl: »Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.« Wolf Schneider, www.connection.de
Wie die 15-jährige Greta Thunberg in Kattowitz den alten Herren von ‚Politics as usual‘ ins Gewissen redet, habt ihr wahrscheinlich schon gehört. Wenn nicht, unbedingt anhören! Ich hatte in meinem Blog vom 26. Jan schonmal einen Link darauf gesetzt und hab mir das heute nochmal angehört (3,5 min lang, dafür muss Zeit sein). Ihr Mut und ihre Unbestechlichkeit rühren mich zu Tränen.
Bürokratie und Business as usual
Ich selbst habe die Bürokratie bei den deutschen Jobcentern im Detail als noch schlimmer erlebt als sie hier beschrieben wird, vor allem die Bürokratie im Umgang mit den Flüchtlingen. In dem hier von der SZ beschriebenen Beispiel fallen die Bürokraten über die eh schon gedemütigten Harz IV-ler her und geben dabei auch noch mehr Geld aus als sie einnehmen – krass. Wer hier eintritt, lasse alle Hoffnung fahren (schrieb einst Dante über den Eingang zur Hölle). Die Bürokraten selbst werden das Problem nicht lösen, sie sind Teil des Problems.
Der italienische Autor und Zeitkritiker Daniele Dell’Agli sagt es noch krasser: Unsere heutige Arbeitswelt ist verrückt. Wir ruinieren damit uns selbst und unseren Biotop. Höchste Zeit fürs BGE, Entbürokratisierung, Degrowth und einen Aufstand der Jugend.
Und sonst? Welche Koalition in Berlin gerade regiert und was die vorhat ist, gähn, Relevanzstufe höchstens 3 von 10. Solange der Waffenhandel weltweit weiterhin zunimmt (Deutschland steht da an vierter Stelle im internationalen Ranking), die Umwelt weiterhin zerstört wird, die Insektenpopulationen weiterhin absterben (80% Verlust in Deutschland in 30 Jahren), die Polkappen schmelzen und die meisten in Afrika geborenen Kinder keine Wunschkinder sind, weil Verhütung verboten ist oder verpönt – so werden sie in Armut aufwachsen und mutigstens von ihnen werden versuchen, übers Mittelmeer nach Europa zu kommen.
»Das andere« ist eine soziale Konstruktion
Deshalb und überhaupt, ist es gut sich politisch zu engagieren. Sich dabei aber nicht mit dem Winden des Zeitgeistes und der Moden zu drehen, sondern einen klugen, enkeltauglichen Standpunkt einzunehmen und dabei nicht zu vergessen, dass unser Bewusstsein entscheidend ist für das, was wir fühlen, denken und tun.
Zur Relevanz des Bewusstseins gibt es nun neben dem Begriff des Narrativen, der immerhin unter Intellektuellen Konjunktur hat, noch einen weiteren neuen Begriff, der Hoffnung aufkommen lässt: das »Othering«. Es besagt, dass das andere – das, was ich nicht bin oder wir nicht sind oder nicht zu sein glauben –, dass das nicht schon auf natürliche Weise da ist, sondern erst mental und sozial konstruiert wird. Wir grenzen aus, um uns eines Ichs oder eines Wir sicher zu sein. Und scheitern dabei. Die Unsicherheit bleibt, auch bei denen, die sie durch Fanatismus und Orthodoxie überspielen, rationalisieren oder zu verdrängen versuchen, mit politisch schrecklichen Folgen.
Zum Thema Ich und das andere habe ich vor ein paar Tagen einen Blogeintrag gepostet, und dann gleich nochmal, zu einem für mich lebensprägenden Erlebnis an der türkischen Südküste. Hat beides mit der Ich-Konstruktion zu tun und der Frage, inwieweit solche Einsichten auch politisch wirksam werden können. Bei Dag Hammarskjöld wurden sie wirksam; dem damaligen Zeitgeist entsprechend hielt er es jedoch zu Lebzeiten geheim, wie sehr er von mystischen Erfahrungen beeinflusst war. Erst nach seinem gewaltsamem Tod wurde bekannt, was ihn bei seinem politischen Handeln motiviert hatte.
Sprachenviefalt
Kürzlich sprach ich mit einem befreundeten Verleger, Lektor und Übersetzer über die Vor- und Nachteile der Sprachenvielfalt auf der Welt. Ich sagte: Vielfalt ist auch im Sprachlichen gut, aus ähnlichen Gründen wie in der Biologie (biodiversity) und Kultur. Im Sprachlichen aber hat es große Nachteile, wenn zwei Menschen oder Stämme oder Nationen keine gemeinsame Kommunikationssprache haben; die Gefahr von Kriegen und anderen Befeindungen ist dann größer. Mein Fazit wäre deshalb Basic English als Mindestanforderung auf möglichst allen Schulen der Welt und eine gute Ausbildung in einer Elternsprache. Eine gute Allgemeinbildung sollte Flüssigkeit in mindestens zwei Sprachen beinhalten, je verschiedener die Sprachkulturen, umso besser. Unterricht in Englisch als Medium kann auch auf die Entwicklung drücken, zeigt dieser Artikel aus dem Economist. Die Wiederbelebung des Hawaiianischen gilt als einer der seltenen gelungenen Versuche, eine fast vernichtete Indigenensprache wiederaufleben zu lassen.
Auf den Kontext kommt es an
In der Biologie hat die Ökologie die Weisheit der alles umfassenden Verbundenheit mainstreamkompatibel gemacht, in der Psychologie versucht das Systemische eben das. Niemand ist eine Insel, kein Ding und kein Lebewesen lässt sich aus dem Kontext herauslösen ohne dabei Wesentliches zu amputieren. So ist es auch mit Worten, Signalen und anderen Sprachpartikeln: Der Kontext ist entscheidend für die Bedeutung.
Deshalb ist Framing ein so mächtiges Instrument. Es setzt ein Ereignis durch die Art, wie es sprachlich wiedergegeben wird, in einen neuen Rahmen und interpretiert es so neu. Gut anwendbar auf die eigene Biografie und überhaupt alles, was erzählt wird. Ein Text aus der Wissenschaftsredaktion von spektrum.de reißt das Thema leider nur an. Sprachmagie ist noch viel mächtiger als hier beschrieben.