Krisenmanagement, Antisemitismuskeule und Palästinafrage

 In FEATURED, Politik

Anbei ein Interview, das Milena Rampoldi vom Magazin Promosaik zu verschiedenen Fragen mit der ehemaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Annette Groth geführt hat. Vor allem geht es hierbei um Diskriminierung, Ausschaltung Andersdenkender und die Palästinafrage, die wohl eher als Israelfrage zu gelten hat. Sehr interessant ist auch die Initiative Unlearning Zionism, die nichts Neues ist, aber irgendwie doch… https://promosaik.blogspot.com

Wie stark ist die Antisemitismusvorwurfswaffe in Deutschland heute immer noch?

Erschreckend stark! Schon kleine Kritische Äußerungen mit Bezug auf Menschenrechtsverletzungen oder auch vorsichtiges Hinterfragen der israelischen Positionen wird mit der Antisemitismuskeule bestraft. Aus lauter Angst vor dem Antisemitismusvorwurf schweigt die Mehrheit der Deutschen, einschließlich der meisten „Linken“, zu den gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch israelische SiedlerInnen und/oder SoldatInnen. In den letzten Monaten sind so viele palästinensische Häuser und Olivenbäume zerstört worden wie nie zuvor. Auch die Zahl der absichtlich verletzten PalästinenserInnen ist außergewöhnlich hoch!

Anfang November haben die israelischen Behörden das Dorf Khirbet Hamsa al-Foqa im besetzten Westjordanland abgerissen. Daphne Banai, eine Aktivistin, die verschiedene NGOs im Westjordanland koordiniert, berichtet: „Zehn Minuten! Zehn Minuten wurden den Bewohner*innen von Khirbet Hamsa al-Foqa gegeben, um ihr Hab und Gut zu sammeln, bevor die israelische Besatzungswalze alles zerstörte. Das wenige Hab und Gut der Bewohner wurde zerstampft und zermalmt, denn es blieb nicht genügend Zeit, um es in Sicherheit zu bringen. 75 Erwachsene und 43 Kinder standen am Dienstag bei Sonnenuntergang mitten in der Wüste und wussten nicht mehr wohin. All ihre Utensilien – Zelte, die Blechbaracke, der Schafstall, Solarpaneele und die elektrische Einrichtung, Matratzen, Decken, Küchenzubehör – über alles fuhren die Besatzer grausam hinweg. Ich bin seit vielen Jahren im westlichen Jordantal aktiv – doch Zerstörung von solchem Ausmaß habe ich noch nicht gesehen.“ https://www.juedische-stimme.de/2020/11/12/stellungnahme-zur-zerstorung-des-dorfes-khirbet-hamsa-al-foqa/

„Dies war die größte Anzahl von Unterkünften, die seit 2016 von den israelischen Streitkräften in einer einzigen Abrissaktion zerstört wurden, und die größte Anzahl von Menschen, die seit 2010 dabei obdachlos wurden“, kommentierte das Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern in ihrer wöchentlichen Kolumne BIP Aktuell 146. https://bibjetzt.wordpress.com/2020/11/14/bip-aktuell-146-khirbet-humsa-ein-dorf-wird-zerstort/

Die Jüdische Stimme klagt an: „Die Vorgänge in Khirbet Hamsa al-Foqa kann man insbesondere mit Verweis auf die nicht betroffenen jüdischen Siedlungen als ‚ethnische Säuberung‘ des Westjordantales bezeichnen. Dieses Verbrechen ist nur aufgrund der mangelnden Rechenschafts-pflicht gegenüber internationalen Akteuren wie z. B. Deutschland möglich. Erst im Oktober wurden der israelische Außenminister Gabi Ashkenazi zusammen mit seinem emiratischen Kollegen Scheich Abdullah bin Zayed nach Berlin eingeladen. Der Besuch in Berlin fand nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten im Weißem Haus statt, welches nach Expertenmeinung jedoch weniger ein Zwischenschritt zu einem Frieden in Nahost darstellt, sondern vor allem der Stärkung eines gemeinsamen Bündnisses gegen den Iran dienen soll. …Wir fordern Maßnahmen von der deutschen Regierung: Wir fordern, dass sie nicht länger Verstöße gegen das Völkerrecht legitimiert und ihrer Verantwortung für den Schutz des palästinensischen Volkes unter der Besatzung und für die Einhaltung des Völkerrechts nachkommt, indem sie gravierende Sanktionen gegen den Staat Israel verhängt, bis die israelische Regierung die Entscheidungen der UNO respektiert und bis die Verantwortlichen für die grausame Zerstörung von Khirbet Hamsa al-Foqa vor Gericht gestellt werden.“ https://www.juedische-stimme.de/2020/11/12/stellungnahme-zur-zerstorung-des-dorfes-khirbet-hamsa-al-foqa/

Aber statt eines großen Aufschreis und der Forderung, ab sofort das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel auszusetzen bis die israelische Regierung alle Verstöße gegen Internationales Recht und die täglichen Menschenrechtsverletzungen einstellt, hat das Auswärtige Amt lediglich „seine Sorge“ ausgedrückt. Darüber hinaus stellen „Beschlagnahmungen und Abrissen palästinensischer Strukturen im Westjordanland … ein Hindernis für die Umsetzung einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung dar“. Die Zwei-Staaten-Lösung ist für die Bundesregierung nach wie vor eine Heilige Kuh, deren Verwirklichung Priorität der deutschen Außenpolitik ist, egal, wie die Bevölkerungen der beiden Staaten dazu stehen.

Immerhin wird in der Pressemitteilung des AA noch an das humanitäre Völkerrecht erinnert, das „alle Staaten verpflichtet, Zivilisten in Konflikten besonders zu schützen. Wir rufen Israel dazu auf, diese Verpflichtungen, insbesondere aus dem 4. Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen, in den besetzten Gebieten zu beachten.“ https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/abriss-wohnunterkuenfte-westjordanland/2414174

Von der Linken im Bundestag war dazu nichts zu lesen!

Unlearning Zionism ist doch nichts Neues. Wie kann das immer wieder so gut laufen für die zionistische Propaganda? Worauf stützt sie sich immer wieder?

Es ist wie ein Pawlowscher Reflex. Sobald ein Journalist oder sonst jemand aus Politik und Medien auf eine Veranstaltung, einen Artikel, ein Projekt, ein Theater- oder Musikstück hinweist, das nicht dem Mainstream entspricht und irgendetwas Kritisches zu Israel oder zum Judentum andeutet, wird die Antisemitismuskeule geschwungen.

Der letzte Coup war der Skandal um „Unlearning Zionism“, ein Projekt jüdischer-israelischer Studierender, die sich an der Weißensee Kunsthochschule mit der offiziellen Geschichtsschreibung ihres Herkunftslandes auseinandersetzen und darüber diskutieren, was für eine Gesellschaft sie sich in Israel wünschen und welchen veränderten Umgang mit der eigenen Geschichte dies erfordert.

„Das Projekt wurde u.a. von Yehudit Yinhar ins Leben gerufen, einer jüdisch-israelischen Studentin an der Weißensee Kunsthochschule Berlin (KHB) und Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme. Zusammen mit anderen jüdischen Israelis hat sie das „Oktoberprogramm“ mit Online-Vorträgen auf Hebräisch und Englisch sowie eine Kunstausstellung organisiert, um einen Raum zur Diskussion und Reflexion über verschiedene historische, kulturelle und ökonomische Fragen zu schaffen, die sich auf die Geschichte des Zionismus beziehen. Das Programm und das Projekt überhaupt gerieten Anfang Oktober unter Beschuss, als der Springer-Journalist Frederik Schindler eine Presseanfrage an die KHB und die Kunsthalle am Hamburger Platz (KHHP), den Veranstaltungsraum für das „Oktoberprogramm“, schickte. Schindler behauptete, er würde einen Artikel über die School for Unlearning Zionism schreiben, und erwähnte vier der Sprecher*innen im „Oktoberprogramm“, denen er eine Unterstützung der BDS-Bewegung unterstellte (obwohl weder das Projekt noch die Vorträge etwas mit der Bewegung zu tun hatten). Seine Anfrage beruhte also auf dem McCarthy-Prinzip der Kontaktschuld, oder vielmehr dem Verdacht auf Kontaktschuld.

Obwohl nicht alle Vortragenden im „Oktoberprogramm“ Jüd*innen sind, sind alle von Schindler erwähnten Personen jüdische Israelis. Schindlers Unterstellungen über diese vier Personen sowie seine Behauptung (mit Bezug auf zwei Tweets), das Programm würde bereits Kritik auf sich ziehen, da die Kunsthalle vom Bildungsministerium (BMBF) finanziert wird, haben scheinbar ausgereicht, um die KHB zu einem Boykott des Projekts zu bewegen. Die Website der Kunsthalle (KHHP) wurde entfernt und die Fördermittel für das Projekt blockiert, obwohl es bereits von den Referent*innen unterschriebene Verträge gab und die Vortragsreihe schon begonnen hatte. Innerhalb eines Tages positionierte sich die Zeitung Jüdische Allgemeine, die dem Zentralrat der Juden untersteht, gegen die School for Unlearning Zionism und verwendete in einem Artikel den von der israelischen Botschaft stammenden Ausdruck „Umarmung des Antisemitismus“, um das Oktoberprogramm zu beschreiben. In diesem Artikel wurden die KHB sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung zitiert, die nun selbst auf die Anti-BDS-Resolution vom 17. Mai 2019 verwiesen; die KHB teilte mit, dass das Programm nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werde und das BMBF sagte, dass die Bundestagsresolution sehr ernst genommen würde. Es wäre anzumerken, dass der Beschluss nicht rechtlich verbindlich ist, und dass der Bundestag aufgrund dessen inzwischen verklagt wird. Es besteht der Versuch ein gesamten Diskurs auf die Frage „BDS ja oder nein“ einzuschränken, dabei wissen wir, dass es um vielmehr geht wenn wir unsere Geschichten erzählen wollen. Dieser neue Trend zur Bekämpfung von Antisemitismus, dient vor allem einem, nämlich dem antimuslimischen Rassismus, der Diskriminierung von Palästinenser*innen und dem Ausschluss von kritischen jüdischen Stimmen aus dem Diskurs in Deutschland. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die wir in den letzten Jahren leider immer stärker beobachten konnten“. https://www.juedische-stimme.de/2020/11/01/newsletter-oktober-2020/

Wie viele andere habe auch ich einen Protestbrief an die Rektorin der Weißensee Kunsthochschule geschrieben und meine Kritik an dem Verfahren deutlich geäußert:

„Als ehemalige menschenrechtspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag (2009 -2017) und eine der wenigen PolitikerInnen, die sich für die Menschenrechte der PalästinenserInnen einsetzen und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen israelischer Armeeangehörigen und SiedlerInnen kritisieren, kenne ich den Vorwurf des Antisemitismus sehr gut. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie zielgerichtet dieser Vorwurf benutzt wird, um politisch unbequeme Menschen und Positionen zu diffamieren.

Der Vorwurf des Antisemitismus ist in Deutschland das beste Instrument, Kritiker, Störenfriede oder Leute, die man nicht mag, zu stigmatisieren und sie zum Schweigen zu bringen. Das Denunziationssystem arbeitet erschreckend effizient und nachhaltig und ich begreife nicht, dass es immer noch Intellektuelle gibt, die dieses unwürdige Spiel nicht durchschauen und darauf reinfallen. So wurden und werden unzählige Veranstaltungen verboten, namhafte ProfessorInnen und KünstlerInnen aus dem In -und Ausland haben Rede- und Auftrittsverbote, Universitäts-DozentInnen verloren ihren Job, die Liste ist lang und wird immer länger.

Weil diese Verbote eine gravierende Verletzung unserer im Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit darstellen, habe ich bereits vor 4 Jahren, also im Jahre 2016, eine Broschüre „Meinungsfreiheit bedroht? Die Gefährdung der Meinungsfreiheit in Deutschland durch die sogenannten ´Freunde Israels`“ herausgegeben.

Seitdem hat sich die Situation auch durch den unsäglichen BDS-Beschluss des Bundestags vom Mai 2019 verschärft und beschäftigt etliche Gerichte. Es gab auch laute Kritik aus Israel an dieser furchtbaren Resolution und einen Aufruf „Setzen Sie „BDS“ nicht mit Antisemitismus gleich“, den 240 jüdische und israelische WissenschaftlerInnen unterzeichnet haben. …

Wir sollten alle Forschungen und Studien unterstützen, die sich mit der offiziellen israelischen Geschichtsschreibung auseinandersetzen, dies umso mehr, wenn es eine Gruppe jüdisch-israelischer Studierender und Kunstschaffender ist. Es ist ihr Recht, über die Zukunft ihres Landes zu diskutieren, darüber, was für eine Gesellschaft sie sich in Israel wünschen und welchen veränderten Umgang mit der eigenen Geschichte dies erfordert. Dass dies nicht im Interesse der israelischen Regierung ist, dürfte klar sein.

Ich kann nicht nachvollziehen, dass Ihre Einrichtung die auf Unterstellung beruhende Argumentationsweise nicht kritisch unter die Lupe genommen und mit den Projektverantwortlichen gesprochen hat, bevor sie eine Entscheidung getroffen hat.

Der Antisemitismusvorwurf wird schon seit langem instrumentalisiert, darum müssen gerade Universitäten und Hochschulen genau prüfen, ob es sich um bloße Denunziation handelt. Ein Beschluss ohne eine entsprechende sorgfältige Prüfung ist intellektuell höchst unredlich.

Zum Schluss möchte ich Amos Goldberg, jüdischer Historiker an der Universität Jerusalem, zitieren: „Es steht noch mehr Ärger bevor, falls Sie die Grundsätze der Demokratie, die Meinungsfreiheit und eine prinzipientreue Außenpolitik nicht energisch verteidigen. Wenn Sie nicht für diese Werte kämpfen, gerade auch im Kontext sensibler Themen, könnte sich Deutschland in fünf oder zehn Jahren in ein weiteres illiberales Bollwerk verwandeln. Seine Politik könnte dann der Israels, Ungarns und Polens ähneln.“

Goldberg spricht das aus, was mir schon lange große Sorge macht. Darum muss die Meinungsfreiheit verteidigt und der Rechtsextremismus bekämpft werden.

Was lernt man aus diesem vollkommen destruktiven “COVID-19-KRISENMANAGEMENT” über die Krise der linken Parteien und über die Unfähigkeit der Lösung der Palästina- oder besser gesagt Israelfrage.

Es alarmiert und macht mich schon sehr stutzig, wenn die sog. „Corona-Leugner“ auch mit Antisemiten gleichgesetzt werden. Schon das Wort „Corona-Leugner“ assoziieren viele Leute mit „Holocaust-Leugnern“ und dann muss man nicht weiter reden und nichts erklären.

Am 16. Mai war ich in Hamburg, kurz vorher waren die Museen wieder eröffnet worden, und an dem Tag waren einige Demos zu den Corona-Maßnahmen, u.a. eine Eltern-Kind-Kundgebung und eine gegen die Maßnahmen und für unsere Grundrechte. In der Nähe hatte sich die sog. Antifa versammelt. Ich sah dort ein Schild „Egal, was sie reden, sie sind alle antisemitisch“. Das fand ich sehr merkwürdig, weil mir diese Analogie nun gar nicht einleuchtete. Aber sehr schnell wurden die Corona-KritikerInnen als Antisemiten diffamiert, warum?

Klarheit bringt die Auffassung von Anette Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, die am 23.11. 2020 auf einer Pressekonferenz betonte, dass „Verschwörungstheorien immer ein antisemitisches Betriebssystem haben. Zusammen mit Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung und Kevin Kühnert, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, gab Kahane eine Pressekonferenz zum Thema “Die wachsende Radikalisierung und Gefahr durch Antisemitismus und die Corona-Leugner-Szene”. Die gemeinsame Botschaft: Antisemitismus und Corona-Kritik habe denselben Kern. Da „Corona-Leugner“ häufig mit Verschwörungstheoretikern gleichgesetzt werden, sind diese auch Antisemiten, weil „der Antisemitismus selbst die älteste Verschwörungstheorie überhaupt ist. (…) Das heißt, der Antisemitismus selbst ist die Idee vom bösen Juden, den man beschuldigen kann für alles, was schiefläuft. Und deswegen sind Verschwörungsideologien immer auch antisemitisch. Selbst, wenn sie sich mit Leuten wie Bill Gates beschäftigen, sind sie in ihrer Form und ihrer Struktur genuin antisemitisch. Und das muss man wissen, wenn man sich mit den Corona-Protesten beschäftigt.” Es mutet schon sehr verschwörungstheoretisch an, wenn Felix Klein ausführt, dass “Judenhass (…) bei den Protesten gegen die Infektionsschutzmaßnahmen politische Milieus verbindet, die vorher wenig oder gar keine Berührungspunkte hatten. … Das Spektrum reicht von Esoterikbegeisterten über Heilpraktiker und Friedensbewegte bis zu Reichsbürgern und offen Rechtsextremen, die diese Demonstrationen als Mobilisierungsforum nutzen.” Gefährlich wird es, wenn Klein einen Zusammenhang mit rechtsextremistisch motivierten Attentaten herstellt. Er sagte: “Worte werden schnell zu Taten. Das haben die Attentate in Halle, Hanau und Dresden und die jüngsten Ausschreitungen im Zuge der sogenannten Corona-Proteste deutlich gezeigt.” Nun sei jeder gefragt, “in der Pandemie Verantwortung zu übernehmen, um sich und andere zu schützen – vor dem Coronavirus genauso wie vor ansteckenden falschen Überzeugungen”. https://deutsch.rt.com/inland/109635-anetta-kahane-verschworungsideologien-haben-immer/

Ich habe mir auch das Video über diese Pressekonferenz angeschaut und muss sagen, dass ich entsetzt war. Die Aussagen der drei Personen sind eher dazu angetan, Antisemitismus zu befördern. https://www.youtube.com/watch?v=fCUVSvKvDl0 [1]

Es macht mir Mut, dass jetzt auch einige kritische Stimmen zum Thema Corona, PRC-Tests und Impfstoffe zu hören bzw. zu lesen sind und hoffe, dass die Menschen aus der Panik herauskommen, die sie vereinsamen läßt und häufig auch krank macht.

Ich habe Deutschland 2014 verlassen, weil ich den Rechtsruck und die Diskriminierung muslimischer Bürger im öffentlichen Leben nicht mehr aushielt… wie sehr hat sich die Situation in den letzten 6 Jahren verschlechtert und wie sieht es heute aus?

Es sieht schlimm aus: die Überwachung hat sich perfektioniert und wird immer ausgefeilter, die Polizei hat durch diverse Gesetzesverschärfungen eine Riesenmachtfülle, mittels der Corona-Maßnahmen sind zahlreiche Grundgesetze außer Kraft, fake news und hate-speech haben ungeheure Ausmaße angenommen, dazu gehören krasse Diffamierungen Andersdenkender bis zu Morddrohungen; die Zensur durch Google/Facebook wird immer schlimmer, Youtube-Filme mit kritischem Inhalt zu Corona werden abgestellt.

Passend dazu hat Bundesinnenminister Horst Seehofer kürzlich angekündigt, die Demonstrationen von Corona-Gegnern genauer zu beobachten. Seehofer beunruhigt, dass Rechtsextremisten und Reichsbürger gemeinsam mit Impfgegnern und Corona-Kritikern demonstrieren, und warnte davor, dass die Verbreitung von Desinformation und Verschwörungstheorien „radikalen Kräften“ Vorschub leistet und dazu geeignet ist, „die demokratische Willensbildung zu manipulieren“.

Seehofer fordert auch, dass Ermittler leichteren Zugang zu Kommunikationsdiensten wie WhatsApp erhalten. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundesinnenminister-im-interview-seehofer-warnt-corona-leugner-die-sicherheitsbehoerden-haben-einen-genauen-blick-darauf/26672790.html

Alle Protestierer und Demonstranten werden in einen Topf geworfen, es wird nicht differenziert, aus welchen Gründen Menschen auf die Straße gehen; das halte ich für gefährlich.

Ich beobachte, dass viele Menschen in die innere Emigration gehen, weil Freunde und Familien sich wegen kritischer Nachfragen und/oder Äußerungen zu Corona-Einschneidungen zurückziehen.

Darüberhinaus habe ich große Bedenken vor einem indirekten Impfzwang und verstehe nicht, dass es kaum kritische Artikel in den Mainstreammedien zu dem mRNA Impfstoff gibt, den es noch nie gegeben hat.

Mit machen auch die zahlreichen Insolvenzen, die wie ab 2021 erleben werden, begleitet von einer hohen Arbeitslosigkeit und zunehmenden Armut, große Sorgen. Gewinner sind Amazon, Google, Facebook und BigData Pharmakonzerne, die den Einzelhandel und die Gastronomie übernehmen, so dass wir nur noch Ketten wie McDonalds haben. Dazu kommt ein Sterben der Kulturszene, die uns desorientiert und arm zurück läßt – keine schönen Aussichten.

Auch die Antideutschen sind im Vormarsch und haben große Teile progressiver Organisationen wie auch die Partei Die Linke unterwandert. Das macht es für uns schwerer, Kritik zu äußern.

Wie kann man in dieser Zeit noch konstruktiv für Palästina arbeiten?

a) Als Kind bin ich in Namibia für Rassismus und Apartheid sensibilisiert und politisiert worden und setze mich seit Jahrzehnten für Völkerrecht, Gerechtigkeit und Menschenrechte ein. Palästina ist ein Synonym für Kolonialismus, Apartheid, Rassismus, Versagen des Völkerrechts und für gravierende Menschenrechtsverletzungen. Dagegen kämpfe ich. Leider war ich noch nie in Palästina, aber habe viele beeindruckende Leute von dort kennengelernt und bewundere deren Mut und Ausdauer. Von ihnen können wir etwas lernen.

Auch hier in Deutschland und in Europa habe ich viele eindrucksvolle Menschen kennengelernt, die sich teilweise zu guten Freundschaften entwickelt haben. Dafür bin ich sehr dankbar, und das ist ja auch nicht selbstverständlich. Wenn ich mich für Palästina einsetze, kämpfe ich gegen Rassismus, gegen Menschenrechtsverletzungen und gegen die krasse Ungerechtigkeit hier bei uns. Denn das gehört für mich zusammen. Ich kann mich nicht für Palästina einsetzen, und hier die Augen vor der sozialen Misere verschließen, die durch Corona jetzt wesentlich verschärft wird. Wenn die Reichen und Superreichen nicht massiv an den Kosten beteiligt und der Rüstungsetat nicht drastisch gekürzt wird, sehe ich schwarz.

b) Mir machen Initiativen Mut, wie die Gruppe »Bundestag 3 für Palästina« (BT3P), die am 18. Mai dieses Jahres beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages vom 17. Mai 2019 eingereicht haben. Das finde ich toll und hoffe, dass sie Erfolg haben!

BT3P sind die drei »jüdisch-palästinensisch-deutschen Aktivist*innen« Judith Bernstein, Amir Ali und Christoph Glanz. Für ihre Klage mandatierten sie den Berliner Rechtsanwalt Ahmed Abed, der bereits mehrfach erfolgreich gegen Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Zusammenhang mit der BDS-Kampagne geklagt hatte. Dem Präzedenzfall in Oldenburg folgten erfolgreiche Klagen etwa in München und Köln. Den Vorwurf, BDS sei im Kern antisemitisch und weise gar Parallelen zu Praktiken der Nazizeit auf, weist BT3P vehement zurück. Die Mitbegründerin der Gruppe, die deutsche Jüdin Judith Bernstein, die selbst Angehörige in Auschwitz verloren hat, stellt gegenüber junge Welt den historischen Kategorienfehler dieses Vergleichs heraus: »Der Rassenhass der Nazis kannte als Schlusspunkt nur die ›Endlösung‹. BDS beruht hingegen auf den Menschenrechten und hat ein klares politisches Ziel: Diese gewaltfreien Maßnahmen sollen angewendet werden, bis Israel endlich nach internationalem Völkerrecht handelt.«

Ein vom European Legal Support Centre (ELSC) in Auftrag gegebenes Gutachten unterstützt die Rechtsauslegung der Gruppe, wie Amir Ali von BT3P erklärt. ELSC bietet Gruppen und Individuen, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen, juristische Unterstützung. Im Oktober 2019 rügte auch das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte die Bundesregierung bezüglich des Anti-BDS-Beschlusses. Laut Spiegel kritisierten fünf UN-Sonderberichterstatter in einem Brief an Außenminister Heiko Maas, »dass der Beschluss einen besorgniserregenden Trend setzt, die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unverhältnismäßig einzuschränken«. Weiter heißt es im Brief, der »Beschluss greift unverhältnismäßig in das Recht der Menschen auf politische Meinungsäußerung in Deutschland ein«.

Mit dem pauschalen Antisemitismusvorwurf gegen die BDS-Kampagne wird der dringend gebotene Kampf gegen Antisemitismus zur Abschirmung der israelischen Regierung vor Kritik instrumentalisiert. »Wer diese Bewegung als antisemitisch abstempelt, hat primär ein politisches Interesse – und kein Interesse an Aufklärung und Frieden«, erklärte der renommierte Antisemitismusforscher Wolfgang Benz im März 2019 im Interview mit der Südwestpresse.

https://www.jungewelt.de/artikel/391591.bds-kampagne-methode-mundtotmachen.html

c) Auch das kürzlich ergangene Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist für uns alle ermutigend. Damit ist die Stadt München dazu verpflichtet, Münchner BürgerInnen einen Veranstaltungsraum für eine Diskussion über die BDS-Bewegung zur Verfügung zu stellen. Das war durch einen Beschluss der Stadt vom 13. Dezember 2017 verboten. Auf dieser Grundlage wurde eine Reihe von Veranstaltungen untersagt.

Ausgelöst wurde das Verfahren durch einen Antrag des Klägers an das Stadtmuseum München, ihm für eine Diskussionsveranstaltung zu dem Thema „Wie sehr schränkt München die Meinungsfreiheit ein“?- Der Stadtratsbeschluss vom und seine Folgen“ einen Saal zur Verfügung zu stellen. Dieser Beschluss sieht vor, dass „Organisationen und Personen, die Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen durchführen wollen, welche sich mit den Inhalten, Themen und Zielen der BDS Kampagne befassen, diese unterstützen, diese verfolgen oder für diese werben, (…) von der Raumüberlassung bzw. Vermietung von Räumlichkeiten ausgeschlossen“ werden.

Der Antrag des Klägers wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die geplante Veranstaltung „nicht ohne eine Thematisierung von BDS sowie deren Inhalten, Themen und Zielen auskomme“. Dies hielt er für eine unzulässige Beschränkung seiner Meinungsfreiheit bei der Benutzung gemeindlicher Einrichtungen, zu der er als Bürger der Stadt München nach § 21 der Bayerischen Gemeindeordnung berechtigt ist. Nachdem seine Klage in 1. Instanz abgelehnt worden war, bekam er vor dem Verwaltungsgerichtshof Recht.

Das VGH hat dabei festgestellt, dass es für die Grundrechtsprüfung unerheblich ist, ob die BDS-Bewegung als antisemitisch zu qualifizieren ist oder nicht. „Denn selbst wenn sich dies anhand objektiver Kriterien eindeutig nachweisen ließe, ergäbe sich allein daraus noch keine Rechtfertigung für eine Beschränkung der Meinungsfreiheit“. Die Qualifizierung als antisemitisch reicht „für sich genommen nicht aus, um entsprechende Meinungsäußerungen auch im Rahmen politischer Informations– oder Diskussionsveranstaltungen behördlicherseits von vornherein zu untersagen oder darauf einen Nutzungsausschluss zu stützen“. Dies sei erst dann möglich, wenn antisemitische Meinungsäußerungen „den öffentlichen Frieden als Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährden und so den Übergang zur Aggression oder Rechtsbruch markieren. Von einer solchen sich abzeichnenden konkreten Rechtsgutgefährdung, die eine staatliche Schutzpflicht auslösen würde, kann aber im Zusammenhang mit der BDS–Kampagne nach den gegenwärtig erkennbaren Umständen nicht gesprochen werden“.

Lothar Zechlin: https://verfassungsblog.de/auf-antisemitismus-oder-das-was-manche-dafur-halten-kommt-es-bei-der-meinungsfreiheit-nicht-an/

Die Stadt München hat angekündigt, in die Revision zu gehen. Dadurch wird sich auch das Bundesverwaltungsgericht mit der Thematik der Raumüberlassung für Veranstaltungen mit BDS–Bezug befassen. Die bisherige Rechtsprechung ist durch eine klare Tendenz gekennzeichnet, die sich gegen die Verweigerung der Raumüberlassungen durch staatliche oder kommunale Träger richtet. Dazu gehört auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 11.6.2020. Es wäre deshalb überraschend, wenn das Bundesverwaltungsgericht zu einer grundlegend anderen Auffassung als der VGH kommen sollte. Für die zahlreichen Kommunen, die ähnliche Beschlüsse wie der Münchner Stadtrat verabschiedet haben, wird es also Zeit, ihre Praxis zu überdenken.. https://www.nachdenkseiten.de/?p=67206

Und wir haben die Hoffnung, dass wir demnächst hoffentlich Räume für unsere Palästina-Veranstaltungen erhalten!

Die Erfolge zeigen, dass man um seine Rechte kämpfen muss! Aber es lohnt sich und darum möchte ich auch alle LeserInnen ermutigen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern mit anderen gegen Unrecht und Rassismus zu kämpfen. Dann wird das Leben lebenswert!

 

Annette Groth

Hier noch einige biographische Daten zu Annette Groth:

Annette Groth, geb. 16.Mai 1954 in Gadderbaum/Bielefeld, Soziologin, Autorin

2009 – 2017 Abgeordnete des deutschen Bundestags, menschenrechtspolitische Sprecherin, Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe, Mitglied im Europarat

2017 Mitherausgeberin „Palästina – Vertreibung, Krieg und Besatzung, Wie der Konflikt die Demokratie untergräbt“, PapyRossa

2007 und 2008 Referentin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bundestagsfraktion „Die Linke“

2004 bis 2007 freiberuflich im Bereich europäische und internationale Politik

2001- 2004 Referentin beim Ökumenischen Stipendienreferat des Diakonischen Werks der EKD, Stipendien- und Ausbildungsprogramme in Afrika

1999 – 2001 Freiberufliche Tätigkeit im Bereich der entwicklungsbezogenen Bildungsarbeit, Schwerpunkt 3. Welt-Tourismus

1997 – 1999 Direktorin der Ecumenical Coalition on Third World Tourism (ECTWT) und Herausgeberin der Vierteljahreszeitschrift CONTOURS, Barbados, Karibik

1992 – 1997 Education Officer, United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR, Genf,

1988 – 1989 Referentin für West-Afrika und Latein Amerika, Dienste in Übersee, Stuttgart

1984 – 1987 Referentin in der Geschäftsstelle der Evangelischen Studentengemeinde, Stuttgart

1981- 1984 Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim europäischem Forschungsinstitut (Ecumenical Research Exchange, ERE), Rotterdam, Niederlande, Projekt: „Wanderarbeiter in der EG“

Vergleichende Analyse in sechs europäischen Ländern über:

a) die legale Situation ausländischer Arbeitnehmer

b) ihre Selbstorganisationen

c) die Probleme der 2. Generation

Kommentare
  • Freiherr von Anarch
    Antworten
    Inzwischen habe ich eine gute Übersicht zu den Demos – Querdenken, Infotour und vielen anderen, die Widerstandsbewegung gegen den Pandemieterror allgemein –

    selbst auch dabei in meiner Nähe und weiß daß es zu ca. 95 % diese ‘Normalbürger’ sind, wie man sie oft bezeichnet, quer durch die Gesellschaft, Schichten und durch sonstige Richtungen. Dazu gehören freilich auch sogenannte ‘Rechte’, bei den großen Demos vielleicht eine handvoll sogenannter ‘Reichsbürger’.

    An dieser Stelle sei nochmal betont daß Jeder Bürger das Recht hat seine Meinung zu vertreten, unabdingbar für eine Demokratie.

    Aber niemals habe ich einen ‘Antisemiten’ gesehen, was immer das ist und wer auch immer ein solcher sein sollte.

    Diese Gelegenheit die Demos als nun weiteres Schlachtfeld der gezielten Diffamierung und Kriminalisierung zu ‘Antisemiten’ zu eröffnen – läßt sich der Zentralrat der Juden und der Knobloch-Clan wohl nicht entgehen. Und dadurch auch weitere Einflußnahme auf die Politik mit blanker Lügenpropaganda.

    Das ist erbärmlich schändlich und hochkriminell.

     

     

     

     

     

     

     

     

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