Make war, not love

 In FEATURED, Politik

Warum lernt der Westen, geführt von den USA mit ihrem Militärbündnis der NATO, nicht aus seinem globalen Scheitern? Vietnam, Irak, Afghanistan und nun der Stellvertreterkrieg in der Ukraine – die Arroganz des Westens ist dieselbe geblieben. Wolf Schneider, connection

 

Auch ein Sieg brächte keinen Frieden

Selbst wenn die Ukraine gegen Russland gewinnen sollte, wäre es ein Pyrrhus-Sieg, eine weitere verlorene Schlacht auf dem Weg zum Frieden. Auch ein solcher, auch von unserer Außenmisterin Baerbock angestrebter Sieg, würde weitere zigtausend Opfer auf beiden Seiten kosten. Plus die verheerenden wirtschaftlichen und zivilisatorischen Folgen eines solchen ‚Vorbildes‘. Und auch mit einem Sieg wäre Russlands oder Putins Größenwahn kein Riegel vorgeschoben, denn die meisten Russen halten Putins Vorgehen für richtig. Ein etwa von einer Drohne ausgeführter Tyrannenmord würde die Katastrophe deshalb noch verschlimmern. So wie der Versailles-Vertrag den Aufstieg Hitlers überhaupt erst möglich machte, würde ein Sieg der NATO über Russland im Ukraine-Krieg in Osteuropa keinen Frieden bringen und zudem eine Entmilitarisierung der Welt erneut in weite Ferne rücken.

Selenskyi will in der Ukraine weiterkämpfen bis zum Sieg über Russland. Friedensverhandlungen kommen für ihn nicht infrage. Ganz anders die ukrainischen Pazifisten, die mit ihrer Friedensagenda einen Hoffnungsschimmer verbreiten.

Darf man das sagen?

Die politische Wutrede zum Ukraine-Krieg von Tim Schnitger, einem jungen Mitglied der CDU, ist so überspitzt. wie Wutreden es eben manchmal sind. Aussagen mit »alles«, »kein einziger«, »immer« misstraue ich, äh, immer. Tim Schnitger möchte ich das aber in diesem Falle verzeihen, denn er ist jung und nimmt hier einen klaren Standpunkt für den Frieden ein. Ebenso leidenschaftlich pazifistisch, aber abgeklärter ist die Rede des viel älteren Eugen Drewermann anlässlich der G 7 Konferenz.

Von 2001 bis 2005 war er Redakteur bei meiner Zeitschrift Connection, seit 2020 ist Roland Rottenfußer Chefredakteur des Rubikon und hat dort Toralf Laibzsch den seit einiger Zeit in unseren Medien tobenden Meinungskrieg gegen den Frieden analysieren lassen.

Ist Krieg witzig?

Sind Diktatoren und Autokraten, die »Make war, not love« praktizieren, komisch? Ja, tragisch und komisch zugleich. Denn auch sie sind Menschen, das heißt, sie sehnen sich nach Liebe, wie tief auch immer diese Sehnsucht in ihnen verbarrikadiert oder verschüttet sein mag. Vielleicht darf man deshalb nicht nur, sondern muss sogar über sie Witze machen. Auch, weil Lachen gesünder ist als ein nicht endendes Schluchzen.

Der Song Ficken für den Frieden von der Frauenband Suchtpotenzial wurde schon 2016 zum ersten Mal aufgeführt. Er enthält die Zeile »Wer geht mit Putin in die Kiste« lange bevor Russlands Armee im vergangen Februar in die Ukraine einmarschierte. Macht sich dieses Lied mehr über die Naivität der Make-Love-not-War 68er lustig als über die Charakterpanzer der Diktatoren? Wie auch immer dem sei, die Körpertherapeuten unter uns würden sich diesen Panzern sicherlich gerne mal widmen, meine ich. Friedlich und liebevoll. nicht als Gegenangriff, um damit weitere Kriege und Massaker zu verhindern. Wenn man uns da doch nur mal ranließe! Im gleichen Jahr kam Bodo Vartke mit einer Neuinterpretation seines Songs Monika, den er Monika Lewinsky zu Ehren 2004 geschrieben hatte, um die Wiederwahl des 9/11- und Irakkriegspräsidenten George W. Bush zu verhindern. Was leider nicht gelang, wie alle wissen. 2016 hatte er den Song für Donald Trump nochmal uminterpretiert.

Make love & peace with nature

Spaß beiseite und zurück zu den Chancen, die es für den Frieden wirklich gibt. Jeffrey Sachs, der Berater von UNO-Generalsekretären und Vorsitzende des UN Sustainable Development Solutions Network, ein Kenner von Osteuropa, Russland und den Strategien der USA, hat einiges dazu zu sagen. Er hält Bidens Strategie gegenüber Russland für grundfalsch. Was Osteuropa anbelangt, tendiere ich dazu, ihm zuzustimmen. Seiner Forderung nach Wirtschaftswachstum hingegen nicht, denn Wirtschaftswachstum bedeutet eine Fortsetzung des Krieges gegen die Natur. Wir brauchen Degrowth, Schrumpfung, Bescheidenheit im Ressourcenverbrauch. Mehr Genuss mit weniger Shopping und ein Ende des Raubbaus an der Natur.

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