„Mein Name ist Krieg“

 In Poesie, Politik

Der Krieg in der Ukraine ist seit Beginn dieses Jahres, mehr noch seit dem Sommer und dem Versuch der Ukraine einen Durchbruch zu erzielen, zu einem Stellungskrieg geworden. Teils werden beide Seiten brutaler, um trotz vermintem Gelände doch noch Erfolge zu erzielen. Innenpolitisch brauchen sie solche Erfolge, um vor der eigenen Bevölkerung mit den vielen schon geopferten Menschen nicht blöd dazustehen. So gelten Streubomben und Uranmunition nun auch auf ukrainischer Seite als gerechtfertigt, obwohl sie international geächtet sind. Teils ist, jedenfalls bei uns, Gewohnheit eingekehrt: Russland und die Ukraine sind eben ‚im Krieg‘, und ‚wir helfen der Ukraine, sich zu verteidigen, denn Russland hat den Krieg angefangen‘. Wolf Schneider, connection

 

Mein Freund Bobby Langer von der Wandelbewegung hat dazu ein Gedicht geschrieben, in dem er seiner Enttäuschung Ausdruck gibt, dass aus der Losung „Nie wieder Krieg“ nun doch nichts geworden ist. Eine Losung, die nach 1945, am Ende des schrecklichsten aller Kriege ausgegeben wurde und so vielen Menschen so lange Hoffnung gemacht hatte. Nun ist Krieg doch irgendwie wieder normal geworden und gilt als unvermeidlich, wenn einer „so böse ist wie Putin“. Wir, die Menschheit, haben den Krieg als Kennzeichen unserer Zivilisation nicht abschaffen können.

Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Bobby meint mit „Endlich zahlt sich die Laissez-faire-Erziehung der letzten Jahre aus“ nicht, dass diese Art der Erziehung grundsätzlich schlecht wäre, sondern dass das wirksame Nicht-mehr-Zulassen von Kriegen leider nicht Teil der neuen Weltordnung im 21. Jahrhundert geworden ist. Wenn wir Menschen „Im Grunde gut“ sind, wie Rutger Bregman in seinem Buch so eloquent argumentiert, müsste ein echtes Laissez-faire ja zu Frieden führen.

Nun zu Bobbys Gedicht:

»Um ein Haar wäre ich verhungert«

Guten Tag. Mein Name ist Krieg.

Um ein Haar wäre ich verhungert.

Die Welt drohte grün zu werden

und bombenlos.

 

Eine Weile, nur eine kurze,

Gott sei Dank,

lag ich im Koma, aber

dank der geduldigen Pflege 

meiner Angehörigen

kehrte ich wieder zurück.

Dabei hatte ich schon das Licht 

am Ende des Tunnels gesehen.

 

Man liebte mich nicht mehr,

selbst meine besten Freunde 

hielten sich öffentlich bedeckt.

In einen Laufstall eingesperrt

kümmerte ich vor mich hin

und bekam nur das Allernötigste

zugesteckt: Wasser und gutes

deutsches Brot.

 

Glücklicherweise haben sich

die Erwachsenen verzogen

und die Kinder kamen an die Macht.

Kinder haben schon immer

gerne mit mir gespielt.

Endlich zahlt sich die Laissez-faire-Erziehung 

der letzten Jahre aus. 

Es geht mir wieder gut.

Danke, Kinder – und:

auf ein Bombenwiedersehen!

Bobby Langer

Kommentare
  • ert_ertrus
    Antworten
    Nicht bloß noch´n Gedicht, einfach klasse und leider bitter wahr: verzogene, verwöhnte und wohlstandsverwahrloste Kinder  in Erwachsenengestalt bekamen zur Unzeit zu viel politische Macht in die Hände – Ideologie in den Köpfen, ohne eine einzige klare politische Idee im Kopf …

    Auch biografisch kommt es hin: zu ihrer Kindheit war antiautoritäre Erziehungsideologie en vogue.

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