Stärker werdender und schwächer werdender Widerstand

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

255. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Der weltweite Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik der griechischen Regierung scheint stärker zu werden, doch in Griechenland schränkt man weitere Widerstandsmöglichkeiten ein. Die sozialen und ökonomischen Probleme in Griechenland verschärfen sich wieder, doch wir lassen in unserem Bemühen nicht nach, den notleidenden Menschen zu helfen in Griechenland. Holdger Platta

 

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

ich schloss meinen letzten Bericht mit der Information, dass nun endlich auch die UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, gegen die Flüchtlingspolitik der griechischen Regierung protestiert hat, gegen die Tatsache nämlich, mit der eigenen Mittelmeerflotte und gemeinsam mit der europäischen Grenz“schutz“organisation FRONTEX Boote mit Asylbewerbern an Bord bereits auf hoher See wieder zurückzubefördern in die Türkei. Eindeutig ein Dauerverstoß gegen zahlreiche internationale Völkerrechtsvereinbarungen. „Die Achtung vor dem Leben von Menschen und den Rechten Geflüchteter ist keine Wahl, sondern eine rechtliche und moralische Pflicht“ – so hatte es die Hochkommissarin für den Schutz Geflüchteter Gillian Triggs formuliert.

Außerdem hatte ich Euch darüber informiert, daß eine syrische Menschen- und Bürgerrechtsorganisation, das SJAC, ansässig in den USA, gegen diese menschenrechtswidrige Praxis protestiert hat und die gesamte Flüchtlingspolitik der griechischen Regierung vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bringen will, mit der Begründung, dass diese Politik wie auch die menschenunwürdige Unterbringung der Flüchtlinge in Lagern auf der Insel Lesbos und anderswo ein Verbrechen darstelle gegen die Menschlichkeit.

Nunmehr hat sich auch eine weitere Menschenrechts-Initiative, die „Internationale Organisation für Migration“ (IOM), diesen Protesten angeschlossen. Dessen „Stabschef“ Eugenio Ambrosi formulierte in der letzten Woche die Kritik an diesen illegalen Praktiken so: „Die Souveränität von Staaten – einschließlich der Zuständigkeit, ihre Grenzen zu schützen – muss mit ihren Verpflichtungen und dem internationalen Recht und der Achtung vor den Menschenrechten und den Grundfreiheiten für alle in Einklang stehen“. Hoffen wir alle also, dass dieser wachsende Protest zu einem baldigen Ende dieser Unrechtspraxis in der Ägäis führt!

Ergänzend zu einem Vor-Bericht habe ich allerdings auch die folgende ungute Nachricht mitzuteilen:

Nach einer zweitägigen Parlamentsdebatte wurde am Donnerstag, den 11. Februar, tatsächlich das neue Hochschulgesetz verabschiedet, demzufolge das Asylrecht für Politisch-Verfolgte auf dem Areal der griechischen Universitäten abgeschafft wird und neue Polizei-Einheiten aufgestellt werden sollen, diese Errungenschaft des studentischen Kampfes gegen das Obristen-Regime (1967-1974) außer Kraft zu setzen.

Selbstverständlich gab es auch dagegen zahlreiche Proteste in Griechenland, in Athen und in anderen Städten des Landes. Trotz Demonstrationsverbots gingen Tausende von Studenten auf die Straße, es kam – wie kaum anders zu erwarten war – zu brutalen Polizei-Angriffen mit Tränengas, Knüppeln und Pfefferspray. Aber alle Proteste waren vergeblich. Mit 166 gegen 132 Stimmen verabschiedete das griechische Parlament dieses Gesetz, begründet vom ultrakonservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis mit dem Satz „Mit diesem Gesetz schließen wir die Tür vor der Gewalt und öffnen für die Studierenden die Tür zur Freiheit“, und selbst die Mehrheit der griechischen Bevölkerung scheint mit dieser Abschaffung eines demokratischen Erbes aus dem Kampf gegen die Militärherrschaft in Griechenland einverstanden zu sein. Einer Umfrage des griechischen Meinungsforschungsinstitutes GPO zufolge sollen 58 Prozent der befragten GriechInnen dieser Liquidation eines Stücks Demokratie im eigenen Land zugestimmt haben.

Selbst Dimos Chatzichristou, der Chef-Kommentator der „Griechenland Zeitung“ (GZ), der diese Politik des griechischen Regierungs-Chefs Mitsotakis als Versuch bezeichnet hat, „Feuer mit Öl zu bekämpfen“, räumt in einer Stellungnahme vom 10. Februar in der GZ ein, dass Mitsotakis bei einer Neuwahl derzeit nichts zu befürchten hätte. Letzte Umfragen belegten, daß der Parteichef der „Neudemokraten“ besser dastünde denn je. Dessen Bestreben, bei der rechtslastigen Wählerschaft „als strammer Verfechter konservativer Werte“ zu punkten – „konservativer Werte“? Nun ja! –, trage Früchte und würde von den griechischen Wählern belohnt. Wo, fragt man sich, ist jenes Griechenland, das endlich seine Regierung unter Druck setzt, die asozialen Verhältnisse zu verändern im eigenen Land und endlich die seit langem überfällige Sanierung des griechischen Gesundheitssystems anzugehen?

„Überfällige Sanierung des griechischen Gesundheitssystems“? – Nun, die letzten Entwicklungen in Griechenland, die im Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen, zeigen es deutlich: trotz schärfster Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Covid-19 steuern die griechischen Kliniken auf ihre Belastungsgrenze zu. Selbst in Athen, so die GZ vom 10. Februar, in der medizinisch immer noch bestversorgten Kommune in Griechenland, seien auf den Intensivstationen bereits 78,5 Prozent aller Betten belegt (neuere Zahlen sind mir noch nicht bekannt). Und was die soziale und ökonomische Lage in Griechenland betrifft: im für Griechenland besonders wichtigen Gastronomie-Gewerbe befürchten mittlerweile sechs von zehn Geschäftsführern den Bankrott. Und einer Aussage des SYRIZA-Chefs Alexis Tsipras zufolge drohe inzwischen rund 60 Prozent aller in der Gastronomie vormals beschäftigten Arbeitskräfte das Aus. Das beträfe demzufolge 180.000 Angestellte in diesem Land. Ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosenzahlen in diesem Ferienparadies scheint also nur noch eine Frage der Zeit.

Und ja, ich weiß: was wir dieser Katastrophenentwicklung entgegensetzen können, das ist wahrlich nicht große Politik, sondern stets nur Menschenhilfe in Einzelfällen. Freilich: in der Gemeinsamkeit mit zahlreichen anderen Initiativen, in Deutschland und anderswo, die sich derselben Aufgabe verschrieben haben.

Womit ich, ein weiteres Mal, bei unserer kleinen Hilfsorganisation bin. – Nun, die gute Spendenentwicklung, wie ich sie in den letzten drei Wochen verzeichnen durfte, hielt während der letzten sieben Tage nicht an. Ihr erinnert Euch: die Spendeneinnahme in der Vorwoche betrug 670,- Euro, davor waren es 319,11 Euro und 57,- Euro gewesen. Das Ergebnis des Zeitabschnitts 16. Februar bis heute, den 23. Februar, belief sich allerdings nur auf 100,- Euro. Eine Spenderin schickte uns diesen Betrag per Überweisung zu. Wobei ich hinzufügen möchte: es handelt sich bei dieser Spende um einen Dauerauftrag. Insofern also: doppelter Dank für diese Unterstützung unseres Hilfsprojekts! Und ergänzend noch: sehr hoffe ich, dass wir damit in den nächsten Tagen zumindest eine weitere größere Rate – vielleicht im Umfang von 1.000,- Euro – an das Orthopädische Institut in Athen auszahlen können, das vor längerer Zeit für Laura die neuen Fußprothesen angefertigt hat (Gesamtkostenhöhe: 4.600,- Euro), die das Mädchen aus Syrien benötigt, weil es in seinem Heimatland Opfer einer Tretmine geworden ist.

Wir alle vom Organisationsteam der GriechInnenhilfe wissen: wir leisten damit nur Kleinsthilfen in einer Welt, die darauf ausgerichtet scheint, alltäglich ihre Größtkatastrophen zu produzieren. Aber wenn dieses nicht geschähe, wenn es diese Kleinsthilfen nicht gäbe auf unserem Erdball, dann hätten diese menschengemachten Katastrophen endgültig die Menschlichkeit auf unserem Planeten besiegt. In einer solchen Welt, so denke ich, will keiner leben von uns. So helfen wir weiter. Und werden auch weiterhin, wann immer und wo immer es geht, die Unglücksursachen für diese menschengemachten Katastrophen auszumachen versuchen und die Urheber dieser Katastrophen beim Namen nennen.

Womit ich wieder bei meinem Schlussappell bin:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

 

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

 

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

 

Mit herzlichen Grüßen

Euer Holdger Platta

 

 

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