Überlegungen zum 1. Jahrestag des Lockdowns

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Politik (Inland), Wirtschaft

Annette Groth

Überlegungen zum 1. Jahrestag des Lockdowns. „Solange es Zwangsräumungen von Wohnungen gibt und keine menschenwürdigen Hilfsangebote für Obdachlose und Geflüchtete ist das Gerede vom Gesundheitsschutz für vulnerable Gruppen zynisch.“ Die ehemalige Linken-Abgeordnete Annette Groth erinnert daran, wie alles vor rund einem Jahr so gekommen ist. Sie äußert Einwände gegen die übliche „Rechenweise“ im Zusammenhang mit Corona-Erkrankungen und stellt Fragen, die eigentlich alle links und sozial denkenden Menschen beschäftigen sollten: Warum wird hingenommen, dass die Schere zwischen Arm und Reich – wieder einmal und jetzt verstärkt – auseinander geht?

Im März 2020 drohte Christian Drosten, Chef-Berater von Kanzlerin Merkel, mit möglicherweise 100 000 Toten und Millionen von Infizierten, sollten keine strikten Maßnahmen eingeführt werden. Erst kam die Maskenpflicht, die anfangs noch von Gesundheitsminister Spahn als eher schädlich deklariert wurde, dann wurde die Notwendigkeit von „Kontaktverboten“ und „sozialer Distanzierung“ betont, Kitas und Schulen, Geschäfte und Gastronomiebetriebe, Schwimmbäder, Sport- und Freizeitstätten geschlossen. Offen blieben „systemrelevante“ Betriebe wie Schlachthöfe und Fleisch-verarbeitende Unternehmen, die immer wieder durch sehr hohe Infektionszahlen in die Schlagzeilen gerieten und deren skandalöse Arbeitsbedingungen auch schon vor Corona angeprangert wurden.

Allerdings spiegeln die sogenannten „Infektionszahlen“ die Zahl der positiv Getesteten wider; die Zahl der tatsächlich Erkrankten ist wesentlich geringer, wird aber kaum publiziert. Der Kollaps des Gesundheitssystems aufgrund hoher Beanspruchung von Intensivbetten und Pflegekräften drohte. Dazu kam es nicht. Im Gegenteil: 2020 wurden 20 Kliniken mit 2.144 Betten geschlossen und ca. 4.000 Stellen abgebaut, der Gesundheitshaushalt für 2021 wurde um fast 6 Mrd. Euro gekürzt, während der Rüstungshaushalt um 1,3 Mrd. Euro erhöht wurde.

Das Narrativ „soziale Distanzierung“ und „Kontaktverbot“ widerspricht menschlichen Bedürfnissen und muss in der Schublade verschwinden! Stattdessen sollten wir Vermögenssteuer und Vergesellschaftung von Konzernen fordern. Steuergelder fließen in die Forschung von Corona-Impfstoffen der Pharmaindustrie, deren Verkauf ihr unglaubliche Profite ermöglicht, die der Allgemeinheit zustehen.

Laut Oxfam ist das Vermögen der zehn reichsten Männer der Welt während der Corona-Zeit um fast eine halbe Billion US-Dollar auf knapp über eine Billion gestiegen. Das Vermögen von Dieter Schwarz, Eigentümer von Lidl und Kaufland, wuchs von 22,6 Mrd. (2019) auf 36,8 Mrd. Euro (2020). Eine Vermögenssteuer würde Milliarden in die Staatskassen spülen, mit denen u.a. Schulen saniert und Pflegekräfte in Altenheimen und Krankenhäusern gut bezahlt werden könnten.

Solange es Zwangsräumungen von Wohnungen gibt und keine menschenwürdigen Hilfsangebote für Obdachlose und Geflüchtete ist das Gerede vom Gesundheitsschutz für vulnerable Gruppen zynisch. Solange kaum Wissenschaftler und Ärzte in den Medien zu Worte kommen, die andere Meinungen vertreten als die Berater von Kanzlerin Merkel, bleibt die Berichterstattung einseitig und defizitär.

 

Annette Groth, geboren 1954 in Gadderbaum/Nordrhein-Westfalen, Studium der Volks- und Betriebswirtschaft sowie der Internationalen Politik an der FU Berlin, von 2009 bis 2017 Bundestagsabgeordnete der Partei „Die Linke“.

Weitere gute Kurz-Essays zu Corona gibt es auf der Seite keinzustand.at

https://keinzustand.at/

Anzeigen von 6 Kommentaren
  • Ulrike Spurgat
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    „Solange es Zwangsräumungen von Wohnungen gibt und keine menschenwürdigen  Hilfsangebote für Obdachlose und Geflüchtete ist das Gerede vom vom Gesundheitsschutz für vulnerable Gruppen zynisch. Zitat Ende

    Solange es Kapitalismus gibt wird sich dieses nicht wesentlich ändern lassen, sondern erst:

    „……bis die Situation geschaffen ist , die jede Umkehr unmöglich macht und die Verhältnisse selbst rufen:

    Hier ist die Rosen , hier tanze.“

    MEW, Band 8, „Der achtzehnte Brumaire des Lois Bonaparte“ (1875)

  • Die A N N A loge
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    Das Narrativ „soziale Distanzierung“ und „Kontaktverbot“ widerspricht menschlichen Bedürfnissen und muss in der Schublade verschwinden!

    Das wäre schön, ein Traum. Doch es werden Bedingungen daran geknüpft: gesunkene Inzidenzzahlen (25) und die Impfung. Wenn davon gesprochen wird, dass es keine Impfpflicht bei uns gibt, dann ist das nur die halbe Wahrheit.

    Ist es „keine Impfpflicht“ wenn Kinder in einem Kindergarten geimpft werden müssen, um ihn weiterhin aufsuchen zu dürfen, wenn eine Fluglinie, ein Hotel, ein Geschäft, ein Arbeitgeber, ein Konzertveranstalter oder ein Arbeitgeber künftig die Vorlage der Impfbestätigung als Eintrittskarte verlangt? So wird das Narrativ nie verschwinden, im Gegenteil, es bindet sich an Bedingungen, die offensichtlich jeder nach gut Dünken selber treffen kann. Anfangs wurde es in der Regierung abgelehnt, doch inzwischen ist der Punkt weichgekocht.

    Besonders perfide finde ich den Vorstoß von Angela Merkel zu einem digitalen europäischen Impfpass. Damit sind Tür und Tor geöffnet, uns nach Belieben über Gesundheitsmaßnahmen zu steuern, zu gängeln und zu überwachen.

    Was war schlecht an dem alten gelben Impfausweis, mit Stempeln und ganz analog? Ich möchte nicht, dass irgendwann über den Impfdatenserver (Gesundheitsamt) meine Krankenakte (Krankenkasse) in falsche Hände gerät. Sind die Server erstmal miteinander vernetzt, und alles über einen QR Code auf dem Handy ablesbar, dann kann für die Geheimhaltung der Krankenakten nicht mehr garantiert werden. Ich möchte auch nicht, dass eines Tages mein Bewegungsradius über einen Impfpass durchleuchtet wird.

    Die Narrative werden weiterhin aufrecht erhalten. Heute begründet es sich in der Abwehr des Virus, morgen wird es „die Stabilisierung der Gesundheit“ sein, und übermorgen „die Gesundheitsprävention“.

    Und ich wünschte so sehr, dass dieses sich immer weiter drehende Karussell endlich zum stoppen kommt…

    • Ulrike Spurgat
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      Wie mich das freut, dass du wieder da bist.

      Beste Grüße, Ulrike

      • Die A N N A loge
        Antworten
        Und mich freut deine Begrüßung. Lieben Dank. 😊
  • Die A N N A loge
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    Es kommt, wie befürchtet: der digitale Impfpass, ist von der EU Kommission beschlossen. Es wird also schon künftig die Möglichkeit zur Mobilität (Urlaub, Reisen innerhalb der EU) davon anhängig gemacht, ob man geimpft ist, oder nicht. Der Nachweis erfolgt als Checkkarte plus QR Code oder als App. Ist das nicht eine Impfpflicht durch die Hintertür? Wer weiß, welche Institutionen den Ausweis verlangen werden. Geschäfte, Bars, Restaurants, Hotels, Konzertagenturen, Fluggesellschaften, die Bahn, Busse, Ärzte, Apotheken, Drogerien, Kinos, Theater, Sportvereine, Schulen, Universitäten, Ämter…. quasi alle, die zum öffentlichen Leben dazugehören?

    Und welche Impfungen werden noch vorgesehen? Und was wird noch auf dem digitalen Impfpass verschlüsselt mitgeteilt?

    Wir werden uns also zeitnah in einer Welt von Barcodes und Scannern wiederfinden und aufatmen, wenn wir die Schranke zum öffentlichen Leben passieren.

    Alte Menschen ohne Handy werden es schwer haben, auch diejenigen, die sich nicht impfen lassen. Ist diese Form der Ausgrenzung, das Herbeiführen einer 2 Klassengesellschaft rechtlich überhaupt erlaubt? Ist die Rückführung auf die Grundrechte nicht ein Recht für alle?

    Ich finde mich in diesem System nicht mehr wieder, fühle mich fremd gesteuert von einer Politikmacht, stilisiert zu einem QR Code. Ich wünsche mir die Zeiten des alten Tastentelefons zurück. Da hatte man noch einen Namen und galt als Persönlichkeit.

     

  • Die A N N A loge
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    Warum ich den digitalen Impfpass ablehne

    Noch vor wenigen Wochen bestand Einigkeit in der Bundesregierung : Keine Impfpflicht, keine Bevorzugung der Geimpften, keine 2 Klassengesellschaft. So klang es einhellig aus den Worten der Regierungsverantwortlichen. Eine Woche später, ein nicht erklärbarer Sinneswandel. Die gleichen Politiker, Merkel, Spahn… verteidigten die Einführung des digitalen Impfausweises. Grund: Die EU Kommission hat im Eilverfahren den digitalen Impfpass für Europa beschlossen. Schon äußern sich Ministerpräsidenten, den Ausweis nicht nur zum passieren der Ländergrenzen, sondern auch der Bundesländergrenzen zu verwenden. Dem nicht Geimpften würde es demnach drohen, in seinem Bundesland eingesperrt zu werden.

    Rückführung zur FREIHEIT? Weit gefehlt. Ich würde sagen, es droht die Einführung einer Überwachungsära, begleitet von Barcodes, Gesichtsscanner, Aufzeichnung der Bewegung, Auflagen und Verboten. Der digitale Nachweis der Impfung ist nur der Aufhänger.

    Wenn von einem Barcode und einer App auf dem Handy im Zusammenhang mit dem Impfausweis gesprochen wird, dann liegt die Vermutung nah, dass die künftige Bewegungsfreiheit über das Handy geregelt werden soll. Was eine Tracking App mit Barcode, Gesichtsscannung und Scannern an jeder Straßenecke für den Alltag bedeuten kann und wie sich damit der Bewegungsradius total überwachen lässt, das kann man dem folgenden Beitrag aus Peking entnehmen. (Am Min 3:28.).

    Möglich, dass ich zu voreingenommen bin in Bezug auf den digitalen Impfpass , doch ein Jahr Lockdown mit saisonaler Unterbrechung hat mich misstrauisch gegenüber unserer Regierung werden lassen.

    https://youtu.be/q9NRoVfq6ik

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