Was bei den Kindern und Familien in Griechenland passiert
151. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ “In Griechenland geht nicht nur etwas Abstraktes wie die „Wirtschaft“ kaputt; in Griechenland gehen Familien kaputt, gehen Menschen kaputt – und nicht zuletzt Kinder”. Holdger Platta ist weit davon entfernt, für das geschundene Land an der Ägäis Entwarnung geben zu können. Die Griechen werden nicht nur ärmer, sie werden weniger. Die Sterberate übersteigt die Geburtenrate seit einiger Zeit, und auch die Auswanderungswelle vor allem junger Leute macht dem Land schwer zu schaffen. Versuche der Tsipras-Regierung, die Lage vor den kommenden Wahlen schön zu reden, wirken da eher peinlich. Holdger Platta
Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,
nun ja: zum erstenmal seit längerer Zeit kann ich Euch heute nur über einen kleinen Spendenzugang informieren. Lediglich eine einzige Überweisung traf während der letzten sieben Tage auf unserem Hilfskonto ein – in der Höhe von 20,- Euro. In der Vorwoche waren das noch 280,- Euro gewesen, überwiesen von 4 HdS-Leserinnen und HdS-Lesern an uns. Gleichviel: ich bedanke mich für den Spendenbetrag herzlich – selbstverständlich wie stets im Namen des gesamten HelferInnenteams –, und ich bin sicher, dass ich beim nächsten Mal schon wieder über einen erheblich höheren Spendeneingang berichten kann. Ihr wisst: wegen der zahlreichen UnterstützerInnen unter Euch, die regelmäßig, per Dauerauftrag, zum Monatsanfang auf unser Konto ihre Spende an uns zu überweisen pflegen. Kein Anlass zur Beunruhigung also, für mich jedenfalls!
Rundum Gutes kann ich hingegen von unserem Helfer Tassos Chatzatoglou berichten: Er ist inzwischen wieder gesund und hat bereits angefangen, erste Überlegungen anzustellen für seine nächste Hilfsreise nach Griechenland (voraussichtlich wieder mit Evelyn, seiner Frau). Gleiches gilt für Karl-Heinz Apel, der mit seiner Frau Ursula ebenfalls im März dieses Jahres wieder nach Griechenland fahren will – diese beiden vor allem mit großen Mengen an ärztlichen Hilfsmaterialien „im Gepäck“ (= in Wahrheit ein PKW-Anhänger), unter anderem für das Kreiskrankenhaus in Neapolis und für die Praxis eines Landarztes in Kyparissi (in der Südpeloponnes). Beide Empfänger – der Arzt wie das Krankenhaus – behandeln notleidende Patientinnen und Patienten unentgeltlich, und für diesen Zweck sind unsere Hilfsgüter bestimmt.
Und nebenbei und einmal ganz generell mitgeteilt: Selbstverständlich werden alle diese Hilfeleistungen sorgfältig aufgelistet und deren Übergabe per Empfangsbestätigung „protokolliert“ und bestätigt. Was bislang auch immer ganz problemlos geklappt hat, selbst zur Zufriedenheit gestrenger Behörden in Deutschland. Konkret? Konkret! Das Finanzamt in Göttingen (= dem Sitz unseres gemeinnützigen Vereins „Initiative für eine humane Welt“) bescheinigte uns im vergangenen Jahr 2018 nach einer Überprüfung unserer gesamten Spendenaktion, dass es keinerlei Grund für irgendwelche Beanstandungen gab. Heißt: sogar aus der Sicht dieser Behörde arbeitete unser Team bisher völlig einwandfrei, und zwar – ganz wichtig! – seit Beginn unserer Hilfsaktion im Sommer des Jahres 2015, also von Anfang an. Ach ja, wenn man doch dasselbe sagen könnte von den Euro-Staaten und der Regierung in Griechenland! Dann hätten wir längst schon unsere Hilfsarbeit einstellen können. Aber Ihr wisst ja: wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär‘…
Und damit bin ich auch schon bei einigen weiteren Informationen zur Lage der Menschen in Griechenland. Heute zuallererst die folgenden Auskünfte dazu:
Professor Jorgos Rachiotis von der medizinischen Fakultät der Universität Thessalien hat in einer Untersuchung, die in der Vorwoche veröffentlicht worden ist, festgestellt, dass die Anzahl der Bürger in Griechenland während des Zeitraums 2008 bis 2017 um 355.000 zurückgegangen ist – und Ursache für diese Entwicklung sei vor allem die Finanz- und Wirtschaftskrise in diesem Mittelmeerstaat. Die Anzahl der Todesfälle übersteige seit längerem schon die Anzahl der Geburten in Griechenland. Die Anzahl der Geburten – die Geburtenrate – gehe stetig zurück, und hinzukomme der Massenexodus der jüngeren Generation (die Zahlenangaben schwanken – je nach Quelle – zwischen 366.000 und 500.000 Exilanten, die ihrem Heimatland seit Beginn der Krise 2008 den Rücken gekehrt haben). Jorgos Rachiotis spricht in diesem Zusammenhang bereits von einer „Exil-Generation“, so die „Griechenland Zeitung“ (GZ) vom 23. Januar dieses Jahres. Und was die Sterberate gegenüber der Geburtenrate betrifft, so liege die Anzahl der Todesfälle in manchen Regionen Griechenlands oft schon um mehr als das Doppelte höher als die Anzahl der Geburten dort. Griechenland, das Anfang 2018 noch 10,7 Millionen Einwohner zählte, also ein allmählich aussterbendes bzw. sich entvölkerndes Land?
Andere Sorgen kommen hinzu: 14 Prozent aller griechischen Kinder seien inzwischen unterernährt, so das Amsterdamer „Transnational-Institut“ in einer Studie vom Ende des letzten Jahres, und weiter: das seien doppelt so viel unterernährte Kinder wie vor Beginn der Krise in Griechenland. Und der Direktor der griechischen SOS-Kinderdörfer in Athen, Thessaloniki, Alexandroupolis und Heraklion auf Kreta, Giorgos Protopapas, teilte Gerd Höhler, dem Journalisten der „Frankfurter Rundschau“, im Dezember des letzten Jahres mit:
„In Wirklichkeit ist die Krise noch lange nicht vorbei (…) Jeder dritte Arbeitslose ist seit vier Jahren ohne Beschäftigung, und daran zerbrechen immer mehr Familien“.
Und Protopapas ergänzt:
„In unserem Land ist es üblich, dass man sich innerhalb der Großfamilie hilft und in der Not füreinander da ist. Das ist zwar eine sehr schöne Tradition, aber in der Krise sind viele Familien so tief in die Armut abgestürzt, dass auch dieses Netz oft nicht mehr greift“ (alle Zitate nach „FR-online“ vom 20.12.2018).
Heißt: in Griechenland, da geht nicht nur so etwas Abstraktes wie die „Wirtschaft“ kaputt, in Griechenland gehen Familien kaputt, in Griechenland gehen Menschen kaputt – und nicht zuletzt gehen in Griechenland die Kinder kaputt. Wie sagte doch Alexis Tsipras vor knapp vierzehn Tagen so schön: Griechenland sei zum „Champion bei der Reduzierung der Arbeitslosigkeit und bei der Durchsetzung von Reformen“ geworden? Nun, die Mitteilungen von Giorgos Protopapas, dem Direktor der SOS-Kinderdörfer, die Mitteilungen von Jorgos Rachiotis, dem Ordinarius an der medizinischen Fakultät der Universität Thessalien, die Mitteilungen – nicht zuletzt – des Amsterdamer „Transnational-Institut“ sprechen eine andere Sprache:
Wir sehen in Griechenland keine Politik von „Champions“, von „Weltmeistern“, am Werk, sondern viel eher eine Politik von Weltzerstörern. Und wer bei „Champions-League“ ansonsten eher an Spitzenfußball denkt, der sollte in Griechenland eher an eine „Champions-League“ ganz spezieller Sorte denken: an eine Liga von Spitzenpolitikern nämlich, die Spitzenergebnisse erzielen beim allmählichen Zugrunderichten einer ganzen Nation – allen voran die Kinder, die jungen Menschen und die Familien in diesem Land. Wobei hier wie anderenorts gilt: dieses Zugrunderichten findet vor allem ganz unten statt – wie der Begriff „Zugrunderichten“ selber schon signalisiert! Und „Spitze“ an alledem ist nur, dass es die Ärmsten der Armen sind, die zuallererst dran sind und an der „Spitze“ des Zugrundegerichtetwerdens stehen, an der „Spitze“ dieses furchtbaren Fortschritts von abgrundtief bösartiger Spitzenpolitik in den Untergang.
Und damit wieder einmal meine abschließende Bitte um Unterstützung unserer Spendenaktion.
Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ auf das Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.
Und wer noch etwas mehr tun will: auch unser gemeinnütziger Verein, die „Initiative für eine humane Welt (IHW) e.V.“, ist immer wieder erneut auf neue Hilfsgelder angewiesen, zur finanziellen Absicherung unserer Arbeit ganz generell. Diese Spenden bitte dann an dasselbe Konto, wie oben angegeben, jedoch mit dem Stichwort „IHW“ versehen. Wir würden uns riesig auch über diese Unterstützung freuen.
Mit herzlichen Grüßen wie stets
Euer Holdger Platta