Was in uns vorgeht

 In Kultur

Mavin Gaye, Bildquelle: Tamla

Marvin Gaye betrachtet in seinem Song „What’s Going On“ das respektvolle wechselseitige Verstehen als Grundbedingung für den Frieden. Mit „What’s Going On“ gelang Marvin Gaye 1971 nicht nur einer der bedeutendsten Songs der Musikgeschichte, sondern auch ein unvergesslicher Aufruf für Frieden und wechselseitigen Respekt. Angesichts der zunehmenden Polizeigewalt im Zusammenhang mit Protesten gegen den Vietnamkrieg und Rassismus — und wohl auch wegen seiner eigenen, von väterlicher Gewalt geprägten Kindheit — stand „What’s Going On“ für eine Zäsur im Leben des Künstlers, der bis dahin vor allem für seine Liebeslieder bekannt war. Niemand Geringerer als Barry Gordy, der Motown-Begründer, lehnte den Song aufgrund seines sozialkritischen Inhalts zunächst vehement ab, hielt ihn gar für eine der schlechtesten Singles, die er je gehört hatte. Bis „What’s Going On“ mit über 2 Millionen verkaufter Exemplare zum Superhit wurde und das respektvolle wechselseitige Verstehen zur weltweiten Friedensbotschaft avancierte. Ein Text zu der Aktion #Friedensnoten. Christian Schubert

 

Picket lines and picket signs
Don’t punish me with brutality
Talk to me
So you can see
Oh, what’s going on (What’s going on)

Vieles spricht dafür, dass ein wesentlicher Faktor für Kriege und soziale Gewalt in emotional kalten und traumatisierenden Familienstrukturen liegt. Hingegen dürfte späteres friedvolles Miteinander seine Kraft aus dem ursprünglich warmherzigen und liebenden Umgang in Familien beziehen. Die Liebe gilt als Symbol für Leben. Erfährt das Kind keine Liebe, wird es gar früh traumatisiert, ist seine weitere Entwicklung von Bedrohungsgefühlen, Angst und Aggressivität gegen sich und andere geprägt.

Mit „What’s Going On“ von Marvin Gaye habe ich ein Lied für die Friedensnoten gewählt, das sich mit der Familie als Keimzelle für das soziale Miteinander innerhalb einer Gesellschaft auseinandersetzt. Gerade in den letzten Jahren kam es in vielen Familien zu Spaltungen wegen der unterschiedlichen Auffassungen zu Corona. Viele Kinder und Jugendliche mussten leiden, weil sich ihre Eltern darüber stritten, wie mit COVID umzugehen ist, ja sich deswegen sogar trennten.

Viele Kinder und Jugendliche wurden gezwungen, sich impfen lassen, obwohl sie das nicht wollten. Oder sie wehrten sich gegen verschiedenste Formen der sozialen Isolation, gegen das Maskentragen und gegen die Impfung und wurden dafür mit Ablehnung, Schuld und Gewalt bestraft. Die Coronakrise erzeugte Missbrauch, Traumatisierung und gewalttätige Auseinandersetzungen in den Familien. Dass das damit verbundene Leid der Kinder und Jugendlichen gesundheitlich mehr Schaden anrichtete und noch anrichten wird, als das Virus jemals imstande gewesen wäre anzurichten, gehört zu den Paradoxien der Coronakrise.

Mit „What’s Going On“ schuf Marvin Gaye ein Symbol für Frieden, Liebe und Respekt, indem er als Künstler in einem zutiefst bewegenden Song darauf hinwies, dass Kooperationsbereitschaft und wechselseitiges Verstehen zerstörerische Auseinandersetzungen vermeiden oder zumindest beruhigen können.

Vielleicht erinnerten ihn die Mitte der 1960er Jahre verstärkt wahrgenommenen Proteste gegen den Vietnamkrieg und Rassismus an seine eigenen Gewalterfahrungen, die er durch seinen Vater schon von frühester Kindheit an erleiden musste. Der Aphorismus „What’s Going On“ steht daher für Gayes tiefes Ringen um die Deeskalation im Gespräch, das Einfühlen in den Standpunkt des anderen und den Respekt für das Gegenüber.

Wie tragisch und paradox, dass ihm Jahre nach der Veröffentlichung von „What’s Going On“ eine Auseinandersetzung innerhalb der Familie zum tödlichen Verhängnis wurde: Marvin Gaye wurde am 1. April 1984, einen Tag vor seinem 45. Geburtstag, von seinem Vater erschossen, nachdem er sich bei einem Streit zwischen seinen Eltern auf die Seite der Mutter gestellt hatte. Als ob er dies alles in What’s Going On“ bereits vorausgeahnt hätte, wenn er sang:

Mother, mother
There’s too many of you crying
Brother, brother, brother
There’s far too many of you dying
You know we’ve got to find a way
To bring some lovin’ here today, yeah

Father, father
We don’t need to escalate
You see, war is not the answer
For only love can conquer hate
You know we’ve got to find a way
To bring some lovin’ here today

What’s going on (What’s going on)
What’s going on (What’s going on)
What’s going on (What’s going on)
Right on, baby
Right on, baby
Right on


 

Medienpartner

Nacktes Niveau (Paul Brandenburg), Punkt.preradovic, Kaiser TV,
Hinter den Schlagzeilen, Demokratischer Widerstand,
Eugen Zentner (Kulturzentner), rationalgalerie (Uli Gellermann), Protestnoten, Radio München (Eva Schmidt), Basta Berlin, Kontrafunk und Ständige Publikumskonferenz.

Anzeigen von 2 Kommentaren
  • All inklusive Ski-Set
    Antworten
    Ich finde es tatsächlich bemerkenswert, dass es immer noch funktioniert, dass die Erzeugnisse dieser korrupten Musikindustrie noch immer als “Protestnoten” gelesen werden, inklusive Beatles-Erinnerungsbuch und  Bono-Life-DVD. Alter Schwede, wir haben es wirlich richtig versemmelt, es ist offenbar  niemand wach geworden, in den letzten 2 Jahren, wirklich niemand. Ist ja auch gut so, Hauptsache Ihr habt alle brav an “Apolut” & Co.  gespendet. Als nächstes bitte “A candle in the wind” von Elton John. Oder doch gleich: “Ein bisschen Frieden” von Nicole? Gute Nacht, allerseits.
  • Die Taube auf dem Dach
    Antworten
    Auch eine “Protestnote” , mit aktuellem Zeitbezug:

     

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=92952

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