Wir helfen weiter – und wir formulieren weiter unseren Protest und unsere Kritik

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

197. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Eine Korrektur ist vonnöten. Eine kurze Bemerkung zum HdS-Ausfall auch. Doppelter Dank ist vonnöten – an unsere Website-Betreuerin und an Euch! Und weiterhin darf von Hilfe berichtet werden und muß berichtet werden vom allmählichen Abbau der Demokratie in Griechenland. Fast wie immer also: ein sehr gemischter Bericht! Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

eine Korrektur zu meinem letzten Bericht vorweg: Alexandros Grigoropoulos, der 15jährige Schüler, dessen Erschießung durch einen Polizisten Anlass für zahlreiche Demonstrationen in Griechenland war, vor gut zehn Tagen, am Freitag, den 6. Dezember des Jahres, wurde nicht während der Junta-Zeit (1967-1974) getötet, sondern vor 11 Jahren erst – mitten in der Demokratie, wenn man so will. Ich war hier einem Erinnerungsfehler aufgesessen, für den ich um Entschuldigung bitte. Im übrigen komme ich auf diese Demonstrationen, insbesondere in Exarchia, dem Künstler- und Anarchistenviertel in Athen, auch heute nochmal zurück.

Vorbemerkung zwei: auch Ihr werdet bemerkt haben, daß HdS für roundabout zwei Tage nicht angeklickt werden konnte. Irgendwas hatte die Präsenz unserer Website im Internet zerstört (Gründe dafür noch nicht bekannt – zumindest kenne ich diese Gründe noch nicht). Dank der Tatsache aber, dass Lisa Kulot aus Berlin, unsere HdS-Relauncherin aus dem Jahre 2017, kurzfristig einsprang und einen Teil ihres letzten Wochenendes opferte, um die Präsenz von HdS im Internet wieder herzustellen, sind wir inzwischen wieder “online”, wie Ihr seht. Im Namen des gesamten HdS-Teams, nicht zuletzt aber auch im eigenen Namen, spreche ich ihr hiermit noch einmal unseren großen Dank aus! Diese Soforthilfe in Not war keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Um so glücklicher bin ich, dass dieser HdS-Ausfall offenbar nicht allzu schlimme Auswirkungen auf unsere Spendenbitten  gehabt hat. Aber konkret:

Während der letzten sieben Tage gingen fast 500,- Euro auf unserem Hilfskonto ein, überwiesen von 5 Spenderinnen und Spendern an uns. Um genau zu sein: 495,- Euro. In der Vorwoche waren das nur 165,- Euro gewesen, 4 UnterstützerInnen hatten für dieses Ergebnis gesorgt. Großer Dank also auch den materiellen Helferinnen und Helfern unter Euch – ebenfalls im Namen des gesamten Organisationsteams!

Erfreulicher Aspekt dieses Spendenanstiegs: sämtliche Hilfsaktionen, die wir vor dem Jahresende noch realisieren wollten, können von uns in die Tat umgesetzt werden beziehungsweise wurden dies schon. Nochmal in kurzer Übersicht:

Die Strom- und Wasserkosten für Alexander, den arbeitslosen Schauspieler in Athen, konnten inzwischen beglichen werden – in der Gesamthöhe von 557,- Euro. Außerdem ist sein Lebensunterhalt für die nächsten 5 bis 6 Monate sichergestellt – voraussichtlich in der Größenordnung von 200,- Euro.

Gleiches gilt für Panagiota K. mit ihren drei Töchtern, die in Megara eine neue Wohnung beziehen musste. Das betrifft zum einen ihren neuen – höheren – Mietzins von 220,- Euro pro Monat. Das betrifft aber auch ihren Lebensunterhalt (Ihr erinnert Euch: arbeitslos geworden ist sie zum Monatswechsel November/Dezember auch noch), dessen Zusatzbedarf für Lebensmittel von unserem “Außenhelfer” Tassos Chatzatoglou auf 100,- Euro pro Monat veranschlagt wird.

Schließlich geht, in diesen Tagen vor Weihnachten noch, ein Gesamtbetrag von 800,- Euro an die Armen von Andros raus. Die Verwendungszwecke habe ich allesamt schon erwähnt: 250,- Euro für einen neuen Boiler, 200,- Euro für einen neuen Holzofen, 350,- Euro für Hygiene-Artikel. Ihr könnt dieser kurzen Auflistung entnehmen, unter welchen Elendsbedingungen die von uns Betreuten in Griechenland zu leben haben und wie erbärmlich vor allem das Gesundheitssystem in Griechenland wieder und wieder versagt!

Womit ich noch einmal bei den Gedenkdemonstrationen in Exarchia und anderswo bin – insbesondere bei den brutalen Übergriffen der Polizei.

Einem Bericht der „Griechenland Zeitung“ – vom Mittwoch, den 11. Dezember – konnte man inzwischen präzisere Zahlen entnehmen: auf dem Athener Syntagma-Platz, vorm Parlamentsgebäude, hatten am Freitag, den 6. Dezember, rund 1.500 Schüler und Studenten demonstriert, am Abend desselben Tages dann 5.000 engagierte Athener. In Thessaloniki waren etwa 2.000 Menschen im Gedenken an Grigoropoulos auf die Straße gegangen, und auch in der westgriechischen Hafenstadt Patras gab es eine kleinere Demonstration. Dabei waren allein in Athen an die 5.000 Polizisten im Einsatz gewesen, unterstützt von einem Hubschrauber und einem unbemannten Flugobjekt, einer Drohne. 50 Personen wurden allein in Athen festgenommen, inhaftiert wurden griechenlandweit offenbar 21 Personen. Die Ausschreitungen der Polizei schildere ich heute nicht ein zweites Mal: brutale körperliche Gewalt, das Entkleiden von Demonstranten und anderes mehr. Inzwischen beruft sich die Polizei darauf, daß „Randalierer“ mit Steinen geworfen hätten, mit Brandsätzen (Molotow-Cocktails) auch.

Gleichwohl spricht auch die SYRIZA – angesichts zahlreicher Fotos und Videos – inzwischen von Misshandlungen, denen die Demonstranten ausgesetzt waren. Und der Minister für Innere Sicherheit hat inzwischen einer Untersuchung der Vorfälle zustimmen müssen – die laut griechischem Polizeichef allerdings nur „intern“ erfolgen soll. Kommentar unseres Griechenland-Reisenden Tassos Chatzatoglou dazu: „Die Polizei in Griechenland ist jetzt mit einer Reihe von Befugnissen ausgestattet, die nicht vom Gesetz gedeckt sind“. Das habe auch für die Übergriffe der Polizei am 6. Dezember gegolten. Und Tassos ergänzt seinen Bericht: „Als ein Regierungsmitglied über die Prügelorgie der Polizei befragt wurde, antwortete er, das Volk hat uns gewählt, um Sicherheit und Ordnung wieder herzustellen“.

Wessen „Sicherheit und Ordnung“ das sind und auf welchen „Sicherheits- und Ordnungsstaat“ dieses zuzulaufen beginnt, habe ich bereits mehrfach an dieser Stelle benannt: es geht um die Interessen der Zwei-Drittel-Gesellschaft, die sich vor „Angriffen“ von unten zu schützen versucht. Und diese Zwei-Drittel-Gesellschaft nimmt auch den allmählichen Abbau des Rechtsstaats in Kauf. Man greift die Freiheit in Griechenland bei seinen schwächsten Mitgliedern an und demonstriert Stärke, wo die Menschen fast gänzlich hilflos und wehrlos sind.

Armut und Obdachlosigkeit bekämpft man in diesem Land nicht, ein humanes Krankenversorgungssystem stellt man nicht wieder her. Stattdessen bekämpft man die Armen und Obdachlosen und all jene Menschen, die sich auf die Seite der Obdachlosen und Armen stellen. Siehe Räumung all jener Häuser, die in Exarchia inzwischen leer stehen oder allmählich verscherbelt werden an superreiche Immobilienzocker verschiedenster Herkunft! Motto dieser undemokratisch-asozialen Politik scheint mehr und mehr zu sein: „Kapitalisten aller Länder, vereinigt Euch“! Und das politische und massenmediale Europa schaut dem nahezu ohne jeden Kommentar zu. Ein Gespenst geht um in Europa: das Gespenst des Verschweigens all dessen, was in Griechenland passiert.

Bei uns unterscheiden sich darin Parteien nicht mal in Mini-Nuancen mehr, das dröhnende Schweigen hat offenbar alle erfasst, die im Parlament sitzen. Das Schweigen kann man christdemokratisch nennen oder sozialdemokratisch, man kann es als freidemokratisch bezeichnen oder als grün. Und selbst aus der Linkspartei habe ich zu all dem seit langem nichts mehr gehört. Griechenland, das ist ein abgeschriebenes Land. Mag es verrecken, dieses Griechenland! Hauptsache, die internationalen Geschäfte florieren. Mitmenschlichkeit jedenfalls ist keine Maxime mehr der Politik – wenn es denn jemals eine Maxime der Politik war!

Unsere Arbeit, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, ist nicht kleiner geworden im letzten Jahr. Und deshalb auch um so intensiver dieses mal mein Aufruf, so kurz vor dem Weihnachtsfest kräftig zu spenden für unsere Hilfsaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“. Also:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Und wer, wie gesagt, noch etwas mehr tun will: auch unser gemeinnütziger Verein, die „Initiative für eine humane Welt (IHW) e.V.“, ist immer wieder erneut auf neue Hilfsgelder angewiesen, zur finanziellen Absicherung unserer Arbeit ganz generell. Diese Spenden bitte dann an dasselbe Konto, wie oben angegeben, jedoch mit dem Stichwort „GR-IHW“ versehen. Es sei wiederholt: wir würden uns riesig auch über diese Unterstützung freuen.

Mit herzlichen Grüßen wie stets

Euer Holdger Platta

Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Bettina
    Antworten
    Lieber Holdger, lieber IHW-GriechInnenhilfeteam,

    zunächst erstmal mein Dank an Euch, dass ihr, aller Entmutigungen zum Trotz, weiterhin am Ball bleibt und die Spendenaktion Woche für Woche wieder auf den Tisch bringt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, ebenso wenig, wie all die Hilfsaktionen vor Ort, wie auch die vielen notwendigen organisatorischen Dinge im Hintergrund, ohne die ein Verein (IHW) nicht funktioniert.

    .

    Ermutigend ist jeder Schritt zur Hilfe vor Ort, jede eingegangene Spende, die den Bedürftigen vor Ort zur finanziellen Unterstützung gereicht.
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    Entmutigend ist die politische Entwicklung in Griechenland, die gewaltsame Räumung der leerstehenden Häuser in Exarchia, wie übrigens auch in anderen Stadtteilen in Athen (das weiß ich aus direkter Quelle), um Flächen für Immobilienhaie frei zu machen. Ist Griechenland auf dem Weg, sich grenzenlos an den Neoliberalismus zu verkaufen?

    .

    Die politische Entwicklung in Griechenland scheint mir von der politischen Entwicklung in Chile dieser Tage nicht fern zu sein. Die Privatisierung des Wassers, das marode System der medizinischen Versorgung, der Ausverkauf der Energiewirtschaft an fremde Länder,  die Preisgebung der staatlichen Güter an eine undurchsichtige weltwirtschaftliches Verflechtung insgesamt, lässt mich seht an die derzeitige wirtschaftliche Lage in Chile erinnern.

    .

    Die Leidtragenden sind nie die hohen Wirtschaftsbosse oder gar Politiker. Nein, es ist das einfache Volk, das allen Bemühungen zum Trotz in all das Elend gestürzt wird. Warum, so frage ich mich, werden die  leerstehenden Häuser nicht für die Obdachlosen zur Verfügung gestellt, warum ergreift der griechische Staat nicht die Chance, diese Häuser in Stand zu halten, damit wenigsten ein Teil des Elends und der Armut gemildert wird? Das wäre doch mal ein Ansatz, der Humanität und Menschlichkeit unter Beweis stellen würde. Tatsächlich aber wird die  Gesellschaft des Wohlstands bedient: Immobilienhaie bauen für den Wohlstand.
    .
    Wo bleibt das Volk, die geeinte Seele Griechenlands? Wird sie jetzt vollends gespalten?
    .
    Möge ein Lied weiterhin lautstark erklingen, hüben wie drüben, am Place de Dignidad in Santiago de Chile und an allen würdigen Plätzen dieser Welt:
    .
    “El pueblo unido
    jamas será venido!”
    (Inti Illimani)
    .
    https://youtu.be/Cuzl_QTBlWI

  • Bettina
    Antworten

    El Pueblo Unido
    jamás sera vencido
    (Inti Illimani)

    Die Lyrik:

    .
    El pueblo unido, jamás será vencido,
    el pueblo unido jamás será vencido…
    el pueblo unido jamás será vencido…
    el pueblo unido jamás será vencido…
    .
    De pie, cantar
    que vamos a triunfar.
    Avanzan ya
    banderas de unidad.
    Y tú vendrás
    marchando junto a mí
    y así verás
    tu canto y tu bandera florecer.
    La luz
    de un rojo amanecer
    anuncia ya
    la vida que vendrá.
    .
    De pie, luchar
    el pueblo va a triunfar.
    Será mejor
    la vida que vendrá
    a conquistar
    nuestra felicidad
    y en un clamor
    mil voces de combate se alzarán,
    dirán
    canción de libertad,
    con decisión
    la patria vencerá.
    .
    Y ahora el pueblo
    que se alza en la lucha
    con voz de gigante
    gritando: ¡adelante!
    .
    El pueblo unido, jamás será vencido,
    el pueblo unido jamás será vencido…
    .
    La patria está
    forjando la unidad.
    De norte a sur
    se movilizará
    desde el salar
    ardiente y mineral
    al bosque austral
    unidos en la lucha y el trabajo
    irán,
    la patria cubrirán.
    Su paso ya
    anuncia el porvenir.
    .
    De pie, cantar
    el pueblo va a triunfar.
    Millones ya,
    imponen la verdad,
    de acero son
    ardiente batallón,
    sus manos van
    llevando la justicia y la razón.
    Mujer,
    con fuego y con valor,
    ya estás aquí
    junto al trabajador.
    .
    Y ahora el pueblo
    que se alza en la lucha
    con voz de gigante
    gritando: ¡adelante!
    .
    El pueblo unido, jamás será vencido,
    el pueblo unido jamás será vencido…

  • Bettina
    Antworten
    “Polizeigewalt im Banner der politischen Normalität”

    Ergänzend zur oben beschriebenen politischen Lage in Griechenland anbei zwei weitere Artikel, herausgegeben von “Griechenlandsolidarität” und vom “Heise-Online-Verlag”:
    .
    https://griechenlandsoli.com/2019/12/18/polizeigewalt-im-banner-der-politischen-normalitat/

    .

    https://www.heise.de/tp/features/Polizeigewalt-im-Banner-der-politischen-Normalitaet-4617094.html

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