Wir helfen, wo wir helfen können
22. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“
Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,
ich bitte um Nachsicht: auch in dieser Woche erscheint der Zwischenbericht zu unserer GriechInnenhilfe mit etwas Verspätung. Im Haushalt unseres Spendenverwalters Peter Latuska gab es einen Krankheitsfall. Deswegen auch von dieser Stelle aus gute und rasche Besserung!
Die Zahlen, die er mir zum Spender/Spendenaufkommen der letzten Woche mitteilen konnte, trafen aus diesem Grunde auch mit etwas Verspätung bei mir ein. Sie zeigen gegenüber der Vorwoche eine gewisse Stabilität an, auch wenn ein kleiner Rückgang zu verzeichnen war: von neun SpenderInnen (Vorwoche: 23) gingen 511,95 Euro an Neuspenden auf unser Hilfskonto ein (Vorwoche 562,50 Euro) – wobei von gewisser Bedeutung ist, daß ein Gutteil dieser Unterstützungsgelder von Dauerspendern an uns überwiesen wurde. Ihnen gilt heute auch mein besonderer Dank! Denn ohne sie wären wir außerstande, dauerhaft und zuverlässig all jenen Hilfe zu leisten, die eben auf zuverlässige und dauerhafte Hilfe angewiesen sind.
Dann darf ich Euch heute eine ganz besonders erfreuliche Mitteilung machen (erstmal nur in Kurzform, Genaueres erfahre ich noch):
Die junge Katerina K. aus Piräus hat sich vor ein paar Tagen – am 6. Juni – im Londoner Kings College-Krankenhaus ihrer ersten Operation unterziehen können und hat – von ihrer Mutter – eine Teileleber erhalten. Beide Operationen, die für diese Organtransplantation nötig waren, sind gut verlaufen und beide – Mutter wie Tochter – wohlauf. Sie werden sich zur weiteren Behandlung und Beobachtung noch einige Zeit in London aufhalten müssen (die zweite Operation – Transplantation einer Niere – wird dann in Athen stattfinden können), aber wir HelferInnen werden imstande sein, den Eigenanteil, den die Familie für die Aufenthaltskosten in London aufbringen muß, aus unserem Hilfsfond zu bezahlen. Deutlicher, so scheint mir, kann ein Geschehen nicht belegen, wie hilfreich Eure Unterstützung unserer Hilfsaktion ist. Sehr, sehr gerne gebe ich hiermit den Dank der gesamten Familie K. aus Piräus an Euch alle weiter! Und füge hinzu: ich habe mich einfach gefreut, als ich am Dienstag von unserem Mithelfer Karl-Heinz Apel, direkt aus Griechenland, diese gute Nachricht bekam. Bestimmt wird es Euch ebenso ergehen.
Womit ich im heutigen Zwischenbericht eine Frage aufgreifen möchte, die uns vor kurzem ein regelmäßiger (und: wohlwollender!) HdS-Leser gestellt hat. Wieso eigentlich helfen wir Menschen in Griechenland? Wieso nicht Menschen zum Beispiel in Burkina Faso oder Nepal, in Haiti oder Südsudan – Menschen, denen es zum Teil noch viel schlechter geht als den Menschen in Griechenland? Und jeder von uns weiß, daß die Liste der von Not und Elend betroffenen Länder noch um viele, viele weitere Namen erweitert werden könnte. Äthiopien und Eritrea, Mali und Nigeria, Bangladesh und Pakistan zählen ebenfalls zu den Hunger- und Elendsgebieten auf dieser Welt. Vielen Kosovaren und Albanern geht es nicht besser, vielen, Bulgaren, Mazedoniern und Rumänen ebenfalls nicht. Wer nur eines der Bücher von Jean Ziegler kennt, von diesem großartigen tapferen Kämpfer gegen die Weltunordnung auf unserem Planeten, dem ehemaligen Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung, kennt dieses Problem und weiß: es gibt keinen Kontinent auf diesem Erdball, wo es nicht Hunger und Not und Elend gäbe! Und jeder, der sich mit den Ursachen dieses humanitären Weltskandals beschäftigt hat, weiß außerdem: genügend Nahrungsmittel und Güter für ein menschenwürdiges Leben wären eigentlich für alle Menschen auf diesem Raumschiff Erde da. Es ist die kapitalistische Weltwirtschaftsordnung – brutalisiert in Zeiten der neoliberalen Globalisierung -, die auf der einen Seite unermesslichen Reichtum produziert, auf der Seite des Westens nämlich, und dort fast nur noch für die obersten Bevölkerungsgruppen, und auf der anderen Seite der Welt unfassbares Elend – und Tod. Wahrlich, die Frage unseres HdS-Lesers ist mehr als nur berechtigt. Sie war von diesem auch keinesfalls als Vorwurf uns gegenüber gemeint (er bejaht unsere GriechInnenhilfe ausdrücklich). Dieser Frage hätte sich eigentlich jeder zu stellen (die Reichen und Mächtigen zuallererst!). Doch mir scheint, die Antwort auf seine Frage liegt fast schon auf der Hand. Sie ist eigentlich schon enthalten in dieser Kurzschilderung der Verhältnisse auf unserem Planeten.
Gerade weil wir es mit globalen Problemen zu tun haben – inklusive „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, wie das vor einiger Zeit Papst Franziskus bezeichnet hat, in Verbindung mit seiner an Klarheit nicht zu übertreffenden Aussage „Kapitalismus tötet“ -, gerade weil menschengemachte Elendsverhältnisse überall auf unserer Erde anzutreffen sind, kommen wir alle, die wir gegen diese Weltverhältnisse ankämpfen wollen, um Entscheidungen nicht herum! Keiner von uns kann an allen Fronten gleichzeitig kämpfen, keiner von uns kann gleichzeitig in Bangladesh und in Nigeria sein, in Mali und in Pakistan. Egal, wo wir uns engagieren: überall sähe uns die eigene Tatenlosigkeit von den anderen Elendsgebieten her an. Wären wir für Eritrea aktiv geworden, hätten uns Menschen aus dem Südsudan fragen können: wieso helft Ihr denen, aber nicht uns? Wären wir im Südsudan tätig geworden, hätten uns Menschen aus Nepal fragen können: wieso helft Ihr denen und nicht uns? Tja, und wären wir in Nepal tätig geworden, hätten uns Menschen aus – – – Griechenland fragen können: wieso helft Ihr denen, uns aber nicht? – Meine erste – sehr bittere! – Antwort auf die Frage unseres HdS-Lesers lautet deshalb auch so: gleich, was und wo wir etwas Hilfreiches tun, stets wird das Unmaß unserer Unterlassungen größer sein als das kleine Maß unserer Hilfe! Aus diesem Dilemma kommt kein Helfer auf diesem kaputtgewirtschafteten Erdball heraus. Und die zweite Antwort:
Nicht überall könnten wir – im begrenzten Rahmen unserer Mittel und Möglichkeiten – helfen, selbst wenn wir es wollten. Man gehe die Liste der vom HdS-Leser und mir ergänzend benannten Länder einmal durch: in vielen dieser Staaten sind Unrechtsregime an der Macht, Menschenrechte existieren dort nicht einmal auf dem Papier. „Einfach mal Geld dorthin überweisen“ – sagen wir: nach Eritrea -, das ginge mit Sicherheit. Aber wo würde dieses Geld landen? Mit Sicherheit nicht dort, wo es helfen sollte und könnte. Unsere Hilfsentscheidung hatte und hat also auch mit der Begrenztheit unserer Chancen zu tun, helfen zu können – und mit der höchstpersönlichen Anerkennung dieser höchstpersönlichen Begrenztheit, mit einer Anerkennung, die gerade auch wegen der Übergröße der Weltprobleme individuell sehr schwerfallen mag! Und schließlich der dritte Grund (der ebenso wenig „befriedigen“ kann wie jeder andere, der zusätzlich noch aufgezählt werden könnte!):
Jawohl, im Falle Griechenlands, im Falle der Menschen dort, gibt es für uns nicht nur Nähe und Möglichkeit zur Hilfe, es gibt uns auch die Möglichkeit, an diesem vergleichsweise nahen Beispiel ganz besonders plausibel und konkret auch die Schuld der Machthaber im eigenen Land nachzuweisen, das erbärmliche Versagen der Euro-Politik insgesamt, das diese furchtbaren und irrsinnigen Verhältnisse in Griechenland erst zur Gänze heraufbeschworen hat! Und es gibt uns die Möglichkeit, ein Stück weit jedenfalls, uns dieser völlig dehumanisierten Politik der Merkels & Schäubles in den Weg zu stellen – mit Lebensrettung und schärfster Argumentation, mit Beistand und Kritik, mit Hilfe und Protest! Wir holen damit einige wenige Menschen in Griechenland aus dem allergrößten Unglück heraus – und stellen damit zugleich ‚unsere’ Politiker vor Gericht! Wir klagen damit nicht einen Weltkonzern an, der vom fernen Großbritannien aus für das Elend in Nigeria verantwortlich ist, nämlich Shell-BP, nein, wir sorgen für Klarheit über entsprechende Machenschaften in unserem eigenen Land! Fast will mir scheinen, daß letzteres sogar die mutigere Entscheidung ist – und potentiell die wirksamere auch. Und daß wir alle, die wir kämpfen wollen für eine menschlichere Welt, womöglich gut daran tun, jeweils vor der eigenen Haustür zu beginnen mit diesem Kampf – in Gemeinschaft mit den vielen anderen Menschen auf diesem Erdball, die ebenfalls aufgebrochen sind zu diesem Kampf, und ebenfalls zuhause, vor der eigenen Türe, begonnen haben mit diesem Kampf! Mit einem Wort: wieso weltweite Hilfserforderlichkeiten in Konkurrenz miteinander sehen und nicht begreifen in ihrem Ergänzungsverhältnis zueinander? Mein Vorschlag also: weiten wir unseren Blick und erkennen wir, daß es eine große übergreifende Gemeinsamkeit aller Menschen gibt, die gegen die Inhumanitäten auf unserem Planeten aktiv aufbegehren – gleichviel, ob in Nepal oder im Südsudan, gleichviel, ob in Nigeria oder in Griechenland. Lediglich eine – ich betone: unfreiwillig-ungewollt! – egozentrische Beschränkung des Blicks ausschließlich auf die eigenen Aktivitäten könnte uns diese Gemeinschaftlichkeit über viele Weltgrenzen hinweg übersehen lassen. Oder die Unfähigkeit, das große solidarische Projekt der Wiedervermenschlichung der Verhältnisse auf diesem Erdball zu erkennen, lediglich deshalb, weil es so viele Verschiedenheiten sind, die kennzeichnend sind für unsere gemeinsame Arbeit.
Ich weiß, Unruhe und Zweifel an unserem Engagement für die notleidenden Menschen in Griechenland wird keiner meiner Sätze beseitigen können. Noch zu jedem von ihnen fällt mir selber ein „Aber“ ein. Doch bei jeder Alternative zu unserem Engagement sähe das, so denke ich, nicht anders aus: auch dort würde man sofort über ein „Aber“ stolpern können, auch dort könnten wir uns nicht wegargumentieren von der Unruhe und vom Zweifel, ‚eigentlich’ doch nicht genug zu tun. Das Übermaß der menschengemachten Probleme auf diesem Erdball ist allemal größer als ein jeder von uns mit seinen begrenzten Kräften. Und dennoch gilt: wir sind nicht allein, wir kämpfen einen gemeinsamen Kampf mit anderen Menschen auf diesem Planeten, selbst wenn diese an anderen ‚Frontabschnitten’ kämpfen als wir. Und „auf dem Sofa“ – wie uns kürzlich ein anderer Kommentator auf HdS glaubte vorwerfen zu können – sitzt niemand von uns, egal, wo wir uns engagieren, egal, ob in Nigeria oder Haiti, in Nepal oder in Griechenland. Womit ich wieder einmal bei den obligaten Schlußhinweisen bin. Also:
Wer uns bei unserer Hilfe für Menschen in Griechenland unterstützen will, den bitten wir um unterstützende Spende, unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“, auf das folgende Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):
Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de
Mit herzlichen Grüßen wie stets
Euer Holdger Platta