“Mönch und Krieger” – die große Synthese

 In Buchtipp, Roland Rottenfußer

moench-und-krieger-084871233Wenn Konstantin Wecker ein „Sachbuch“ schreibt, kann man sicher sein, dass es ausnehmend poetisch ist und reich an Farbschattierungen. Und wenn er als abgeklärter Weiser auftritt, kann man davon ausgehen, dass es stets Lebens-Weisheit im besten Sinn ist: die Essenz von Erlebtem und Erlittenem. „Mönch und Krieger“, das neue im Gütersloher Verlag erschienene Buch, vereint auf kühne Weise das scheinbar Unvereinbare: Licht und Schatten, Wut und Zärtlichkeit, linke Politik und Spiritualität. Es zeigt einen reifen und doch immer in schöpferischer Bewegung befindlichen Wecker, der Fans wie „Wecker-Neulinge“ mit diesem Werk auf ganzer Linie überzeugen dürfte. (Roland Rottenfußer)

Konstantin Wecker musste wohl geahnt haben, dass der Titel seines neuen Buchs „Mönch und Krieger“ Irritationen auslösen würde. „Die eine Gestalt – der Krieger – scheint unangemessen für jemanden, der sich in der Öffentlichkeit als überzeugter Pazifist bezeichnet hat; die andere Gestalt – der Mönch – mag nicht wenigen als Selbstcharakterisierung meiner Person überraschend, ja absurd erscheinen.“ Der Buchtitel ist einer Zeile aus seinem Lied „Irgendwann“ (1989) entlehnt: „Mönch und Krieger am Strand, mal ich Verse in den Sand.“

Zur Erläuterung erklärt der Liedermacher, die Provokation durchaus bewusst in Kauf nehmend: „So unwahrscheinlich es klingt: Wenn einiges in meinem Leben anders gelaufen wäre, hätte die Existenzform eines Mönchs auf mich vielleicht eine Anziehungskraft ausgeübt. Ich hätte Mönch sein können, ebenso wie ich die ‚Laufbahn’ eines gewalttätigen Verbrechers hätte einschlagen könne. Das erscheint nicht nahe liegend bei jemandem, der in der Öffentlichkeit überwiegend als Genussmensch und Pazifist bekannt ist. (…) Unser Schatten ist ja immer das, was wir gerade nicht sehen wollen, zumindest nicht ausleben. Wenn also der Lüstling der Schatten des sittenstrengen Asketen ist, so ist bei einem Genussmenschen wie mir vielleicht der Mönch in den Schatten getreten und wartete darauf, gesehen und erlöst zu werden.“

Die Widersprüche leben

So ist „Mönch und Krieger“ das Buch der Dichotomien, der Vereinigung des scheinbar Unvereinbaren: Zärtlichkeit und Wut, Askese und Ekstase, Spiritualität und politische Aktion, Pazifismus und Revolution, Utopie und Politik der kleinen Schritte – in all diesen Feldern ist Weckers Antwort ein entschiedenes „Sowohl als auch“. „Gegensätzliche Kräfte sind in uns wirksam“, schreibt er. „Es kommt nun nicht darauf an, sich für einen der beiden Pole zu entscheiden – auch nicht darauf, zur Mitte zu gelangen, also „durchschnittlich“ zu werden -, vielmehr geht es darum, beide Seiten zuzulassen und zu leben.“ Und gelebt hat er sie, hat die Extreme oft bis an deren extremen Rand ausgekostet, denn „es fruchtet kein Denken ohne die Tat“ (Liedtext).

Die öffentliche Wahrnehmung des Konstantin Wecker zerfällt grob in drei Phasen: In der ersten (70er und 80er) betrat er als Kraftgenie von nahezu unerschöpflicher Kreativität die Bühne, war bekannt, aber noch nicht weithin berühmt, verblieb in einer – wenn auch relativ großen – Nische für den gehobenen Anspruch. In der zweiten Phase, seit seiner Verhaftung wegen Drogenbesitzes 1995, wurde Wecker vom „Insider-Tipp“ schlagartig zu einer Person des Boulevards, zum Prominenten in der oberflächlichsten und für den Betroffenen belastendsten Definition des Begriffs. Kaum einer kannte seine Meisterwerke wie „Der alte Kaiser“, aber jeder BILD-Leser hätte vermeintlich skurrile Details seines Drogenabsturzes herunterbeten können. Nachdem die Phase, in der man Wecker fast nur als bußfertigen Drogen-Sünder wahrgenommen hatte, abgeklungen war, wurde der Blick wieder frei auf den großen Künstler, den Klassiker des Chansons, einer ungemein schwierigen Kunstform, in der sich seit vier Jahrzehnten kaum ein Zeitgenosse deutscher Sprache mit ihm messen kann. Gelungene Projekte wie die für die Liedermacherszene außergewöhnlich erfolgreiche CD und Tournee „Wut und Zärtlichkeit“ festigten diese dritte Karrierephase.

Die Freiheit des Mönchs

„Mönch und Krieger“ zeigt nun den „klassischen“ Wecker als differenzierten und mitreißenden Denker, bringt den ausgereiften, jedoch nicht in vermeintlich „fertigen“ Denkformen erstarrten Weisen in all seinen Facetten zur Geltung. Teilweise haben wir es mit einem „Best of“ seines Denkens – nicht nur der unmittelbaren Gegenwart, sondern der letzten Jahre – zu tun. Wer Wecker in Schriftform und in möglichst vollständiger Weise kennen lernen möchte, ist mit dem Buch sicher gut beraten. Denn sowohl die darin enthaltenen autobiografischen Miniaturen als auch die Reflexionen, Geständnisse und Polemiken sind von erster Güte. Liebe und Tod, Kunst und Kreativität, Sucht und spirituelle Besinnung, Ekstase und Leid, politische Revolte und philosophische Abstraktion koexistieren darin in scheinbar selbstverständlichem Nebeneinander.

Kehren wir einen Augenblick zum irritierenden Begriff des Mönchs zurück. Seine Sehnsucht nach dieser Existenzform begründet Konstantin Wecker so: „Ich bin ja immer sehr für die Freiheit eingetreten, aber ich habe es kaum jemals geschafft, frei zu sein von meinen eigenen Trieben. (…) Umso mehr verspüre ich aber auch die Sehnsucht, dass jeder Hunger aufhören, dass dieses Getriebenwerden durch die Gier nach Bedürfnisbefriedigung ein Ende haben möge.“ Wecker bekennt, als Jugendlicher, der sich für Klavierspielen und Gedichte interessierte, teilweise wenig beliebt und ziemlich isoliert gewesen zu sein. Später suchte er bewusst das Mönchsleben, etwa durch Teilnahme an einem Retreat im Kloster Andechs.

„Endlich gottlos“ – und tief spirituell

Einen Widerspruch zu seinem religionskritischen Frühwerk sieht Wecker darin nicht. Der Autor des prometheischen Satzes „Nur die Götter gehen zugrunde, wenn wir endlich gottlos sind“, versteht die Zertrümmerung der alten Glaubensfesseln eher als Zwischenstadium auf dem Weg hin zu seiner ureigenen Spielart von Spiritualität. „Meine Hoffnung ist, dass sich aus den Trümmern der traditionellen, dogmatischen und institutionellen Religionssysteme eine neue, freie Spiritualität erhebt.“ Im Gefängnis, am Ort schlimmstmöglicher Gefangenschaft, fand der von Drogensucht Gefesselte paradoxerweise eine ungeahnte Freiheit. „Ich fand in einer zuvor nicht gekannten Weise zu mir selbst zurück.“ Wecker begann zu beten und zu meditieren, vertiefte seine schon zuvor als Anlage vorhandene mystische Neigung durch Innenschau und religiöse Lektüre.

Geblieben ist ihm aus dieser Phase „eine gewisse Sehnsucht nach dem Mönchsein. Es ist das Bedürfnis, sich all dessen zu entledigen, was eigentlich nur Schmerzen bereitet: das Streben nach Erfolg, nach Ansehen, nach Macht, der Wunsch, immer geliebt und begehrt zu werden.“ Vor dem Hintergrund dieser sehr intimen Erfahrung, kann Wecker die ausgeprägte Abneigung der „linken“ politischen Szene, der er sich teilweise selbst zugehörig fühlt, nicht teilen. „Je weiser, lebenserfahrener und weitsichtiger ein Mensch ist, desto eher ist er auch bereit, spirituelle Erfahrungen Anderer anzuerkennen – selbst wenn er sie nicht teilen kann. Vielleicht rührt der verbreitete Spott über die Spiritualität auch daher, dass spirituelle Menschen Erfahrungen gemacht haben, nach denen wir uns insgeheim sehnen und um die wir sie beneiden“.

Kreativität: den Raum aufschließen

Und mit Blick auf seine eigene Gefängnis-Erfahrung: „Für mich bedeutete es damals eine große Gnade, eine Gefangenschaft wie die Existenzweise eines Mönchs leben zu können.“ Konstantin Weckers Beziehung zu Gott ist durchaus ambivalent, er schwankt nicht nur in der Frage, wie dieser zu definieren ist, sondern auch darin, ob er „ihm“ überhaupt eine eigenständige Existenz zubilligen will. Wecker ist Atheist, wenn es darum geht, die repressive Anmaßung zurückzuweisen, zu der sich „Gläubige“ im Namen Gottes verstiegen haben. Er ist Agnostiker, wenn es um das Bekenntnis geht, dass wir über das „Numinose“ niemals etwas Endgültiges und Verbindliches aussagen können. Und er ist religiös in einer Weise, die seinem ganz individuellen Lebensgefühl entspringt. „Ich merkte, dass man eine spirituelle Beziehung aufbauen kann, die einem das Gefühl der Nichtverlorenheit gibt. Ich nenne dieses Daseinsgefühl auch ‚das Angebundensein’. (…) Spiritualität von dieser Art wirkt befreiend. Sie hat nichts Dogmatisches an sich, weil sie immer offen ist für Verwandlungen.“

Konstantin Wecker erzählt in „Mönch und Krieger“ von mehreren Erfahrungen, die man gemeinhin als „übersinnlich“ oder „mystisch“ bezeichnen würde. Erlebnisse mit veränderten Bewusstseinszuständen, luziden Träumen und ungeahnten Ekstasen. Vor allem ist es die künstlerische Kreativität, die ihn immer wieder in Berührung mit einem „Unendlichen“ brachte, dessen Existenz er hinter den Kulissen unserer vordergründigen Realität erahnt. „Ist die Kreativität erst einmal ausgebrochen, ist es eine Kraft, die ich nicht mehr stoppen kann. Für mich ist das so, als ob ich einen Schlüssel gefunden hätte, mit dem man einen bestimmten Raum aufschließen kann. In diesem Raum ist alles schon fertig vorhanden: die schönsten Verse und die schönsten Melodien. Ich muss quasi nur noch zugreifen.“

Auf dem Weg zur „neuen Wirklichkeit“

Im Spannungsfeld von Spiritualität und politischer Aktion bildet die Kunst das natürliche dritte Kraftzentrum im Leben des Konstantin Wecker. Sie ist es, die alle „Dichotomien“ miteinander verbindet und sie für den Hörer oder Leser Weckers erlebbar machen. Sucht, ein Begriff, der das öffentliche Bild des Künstlers mehr als fast jeder andere geprägt hat, kann nicht unabhängig von seiner Durchlässigkeit für religiöse Erfahrungen betrachtet werden. Denn „Sucht ist gescheiterte spirituelle Suche“, und nur eines kann den Suchtdruck dauerhaft auflösen: wenn jemand zum „Eigentlichen“ vordringt, für das alle Konsumartikel und chemischen Substanzen nur Substrat sind. Was aber ist es, was wir suchen? „Wer mit dem Wagnis paktiert, hofft auf eine neue Wirklichkeit“, heißt es in einem wenig bekannten Gedicht.

Diese neue Wirklichkeit erinnert nicht nur an den mit Pippo Pollina seinerzeit gesungenen Hit „Questa nuova realtà“, sie scheint auch im Untertitel von „Mönch und Krieger“ auf: „Auf der Suche nach einer Welt, die es noch nicht gibt.“ Diese neue Wirklichkeit, das ist einerseits das „ganz Andere“, das aus dem Bereich des „Ewigen“, „Unendlichen“ und „Numinosen“ in veränderten Bewusstseinszuständen plötzlich über uns hereinbrechen kann; es kann sich auch auf die gesellschaftliche, die politische Utopie beziehen, die in den Schlusskapiteln des Buches angesprochen werden. „Um die Welt verändern zu können, braucht es aber Vorstellungen davon, wie diese veränderte Welt aussehen könnte (…) Ich glaube, es ist ungemein wichtig, eine Utopie zu entwickeln, selbst wenn sie in mancher Hinsicht vielleicht noch nicht präzise genug ist. Sie repräsentiert etwas Geistiges, an das wir uns halten können in einer allzu verdinglichten Welt.“

Was Kapitalismus und Faschismus gemeinsam haben

Es ist aber wichtig, sich in diesem Zusammenhang auch mit der zweiten großen „Figur“ zu befassen, die Konstantin Wecker in seinem Buch entwirft: dem Krieger. „Mönch und Krieger“ meint natürlich die Verschmelzung von spiritueller Innenschau und nach außen gewandter politischer Aktion. Letztere wird sehr vehement im Pamphlet „Aufruf zur Revolte“ repräsentiert, das Wecker zusammen mit seinem Liedermacher-Kollegen Prinz Chaos II. verfasst hat. Das Buch, in dem im übrigen eine Reihe von anspruchsvollen, wenig bekannten Gedichten abgedruckt sind, hält auch für diejenigen einige Highlights bereit, die von diesem Autor vor allem antikapitalistischen „Biss“ erwarten. „Ein kapitalistisches System, das nach außen hin den Faschismus bekämpft, mit diesem aber im Verborgenen erschreckende Schnittmengen besitzt“ ist sein erklärter Gegner. „Ich meine damit vor allem das Prinzip gnadenloser Selektion zwischen den ‚Stärkeren’ und den ‚Schwächeren’ in einem System, die Entmenschlichung und Ausgrenzung von Gruppen, die nach Auffassung der Herrschenden nicht über den erwünschten ‚Pool’ von Eigenschaften verfügen. (…) Im Grunde ist dem Kapitalismus egal, welches System unter im regiert, Demokratie oder Faschismus, Hauptsache es bleibt unter ihm.“

Der „Krieger“ im Buch meint aber darüber hinaus noch etwas anderes: den gewaltigen Schatten, den notwendigerweise ein Mensch werfen muss, der sich bewusst dem Guten, dem Schönen, dem Frieden und der Gerechtigkeit verschrieben hat. Konstantin Wecker ist sich dieses Schattens so bewusst und er trägt ihn so schonungslos nach außen, dass es dem Leser teilweise schwindelig wird. So weigert sich der Künstler vehement, als Pazifist in irgendeiner Weise verhuscht und leisetreterisch daherzukommen. Er zweifelt gar an seiner „Pazifismus-Fähigkeit“, möchte aber dennoch an der Utopie festhalten als „etwas, das sich viele Menschen im Laufe eines langen Zeitraums erarbeiten können.“

Unheimliche Begegnung mit dem Schatten

„Alles, wogegen ich angekämpft habe, trage ich als Schatten auch in mir als Keim oder als Gefährdung. Und wenn ich sage ‚alles’, dann meine ich alles.“ Ein diesbezüglich für ihn erschreckendes und einschneidendes Erlebnis hatte der Liedermacher, als er in Marcus O. Rosenmüllers Film „Wunderkinder“ die Rolle eines SS-Manns spielte. „Schon ein paar Minuten, nachdem ich diese Uniform angezogen hatte, war ich ein ganz anderer Mensch“, bekennt er. Und: „Ich war stinksauer, wenn mich während der Dreharbeiten einer der Statisten nicht mit ‚Heil Hitler’ begrüßt hat. (…) Es war doch sehr erschreckend zu sehen, dass es wohl keine Torheit und keine Grausamkeit gibt, die man an anderen anprangert, die nicht auch in einem selbst schlummert und unter bestimmten Umständen vielleicht zum Ausbruch kommen könnte.“

Für den passionierten Antifaschisten und Autoren des bewegenden Lieds „Die Weiße Rose“ ist das ein mutiges und ungewöhnliches Geständnis. Konstantin Wecker zeigt aber auch einen Weg auf, wie mit diesem Schatten verfahren werden kann, damit er keinen Schaden anrichtet: „Ich hatte aber wohl das Glück, dass ich einen Großteil meiner Aggressivität künstlerisch entladen konnte. Ich traktiere mein Instrument ja auf der Bühne oft sehr heftig, und auch stimmlich bin ich vehementer als die meisten meiner Liedermacherkollegen. So kann ich den Krieger in mir in der friedlichen Atmosphäre eines Konzerts ausleben.“

Wer Wecker versteht, der imitiert ihn nicht

Dieses Bewusstsein der eigenen dunklen Seiten hilft auch, andere Menschen besser zu verstehen: „Indem ich fast alles, was ich anderen hätte vorwerfen können, schon selbst durchlebt habe, bin ich toleranter geworden. Ich verstehe die Beschwerden, Süchte und Bösartigkeiten der Menschen.“ Der Liedermacher sträubte sich schon immer gegen das Ansinnen, für andere, z.B. für seine Fans, ein Vorbild sein zu müssen. Das widerspricht auch seiner Vorstellung vom ureigenen Weg, den jeder natürlich selbst, nicht auf den Spuren eines noch so bedeutenden Künstlers oder Gurus finden muss. „Wer Wecker verstanden hat, wird nicht versuchen, wie Wecker zu sein. Das ist auch sicher gesünder für ihn.“ Ebenso ist es dem Liedermacher zuwider, Erwartungen zu erfüllen – auch solche, die er selbst mit seiner Kunst geweckt hat. „Das Image, das mir aufgrund von nur relativ wenigen Liedern verpasst wurde, engte mich dermaßen ein, dass ich mich genötigt sah, gegen mein Rebellenimage zu rebellieren.“

Im Sinn dieser radikalen Entfaltungsfreiheit, dieser nicht festlegbaren, gleichsam flüssigen Beweglichkeit des Denkens (die der Autor auch seinen Lesern zugesteht), ist „Mönch und Krieger“ auch an keiner Stelle langweilig und ziemlich schwer auf einen Nenner zu bringen. Alles, was ausgesagt wird, verweist auf sein Gegenteil, und nur in der kreativen, stets in Bewegung befindlichen Synthese, erfassen wir den „ganzen Wecker“. Im Schlusskapitel schreibt er, sich gleichsam für seine Sprunghaftigkeit entschuldigend: „Auch ich hätte Sie gern mit einem perfekten, unanfechtbaren Gedankengebäude beglückt, das für alle Zeit jedem Beben trotzt. Aber das haben ja schon die Kirchen versucht und alle möglichen politischen Heilslehren. (…) Kein Mensch hat das Recht, für sein Gedankenkonstrukt andere Menschen zu opfern.“

„… weil ich nicht anders kann“

Es stimmt: In einer Zeit, in der alles „Endgültige“ mangels moralischer Glaubwürdigkeit abgewirtschaftet hat, wirkt das Vorläufige des Weckerschen Weltbilds wie eine Erholung. Schon das nächste Wecker-Buch könnte ganz anders sein, neue Einblicke bringen und zu den hier „offenbarten“ in einem irritierenden Widerspruch stehen. Sicher scheint nur: Wecker wird weitermachen – „auch wenn die ganze Welt an Arsch offen hat“, wie es in seinem berühmten Willy-Lied heißt. Ein Vorbild ist für ihn diesbezüglich auch sein Freund und Kollege Hannes Wader. Der sagte einmal zu ihm: „Auch wenn ich mit meinen Liedern überhaupt nichts bewirken würde, ich kann nicht anders, Konstantin.“ Weckers Kommentar: „Das ist großartig, und so müssen wir es machen: Singen, weil wir ein Lied haben, und weiterkämpfen, weil wir gar nicht anders können.“

Konstantin Wecker: Mönch und Krieger. Auf der Suche nach einer Welt, die es noch nicht gibt. Gütersloher Verlagshaus, 288 Seiten, 19,99 €

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