Rent a Traummann!

 In Kurzgeschichte/Satire, Roland Rottenfußer
Wer gibt sich schon mit Richard zufrieden, wenn er Jan-Patrick haben kann?

Wer gibt sich schon mit Richard zufrieden, wenn er Jan-Patrick haben kann?

Dass auch Männer für Frauen sexuelle Dienstleistungen anbieten, ist nichts Neues. Neu ist jedoch ein – verharmlosend »Hausmann« genannter – Berufstand, der verspricht, auch alle seelischen und sozialen Bedürfnisse moderner Frau vollkommen zu erfüllen. Ähnlich der traditionellen „Kurtisane“, wie sie etwa in Dumas Roman „Die Kameliendame“ dargestellt wird, handelt es sich bei einem Hausmann-Arrangement um eine umfassende, lebensabschnittsbegleitende Dienstleistung. Dass die Dinge nun „umgekehrt“ laufen, liegt ganz in der Logik der drastischen Veränderungen, die im Verhältnis zwischen den Geschlechtern in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben. Hausmann-Agenturen schießen speziell in Großstädten derzeit überall aus dem Boden. Was aber sind die „wahren Bedürfnisse“ der Frau? Siegmund Segova befragte hierzu den Hausmann Jan-Patrick.

Jan-Patrick, deine Berufsbezeichnung ist ganz harmlos »Hausmann«, viele halten dich jedoch für eine Art Callboy. Wo liegt die Wahrheit?

»Callboy« trifft die Sache nicht ganz. Sexuelle Dienstleistungen sind nur ein kleiner Teil meiner Angebotspalette, ebenso wie Hausarbeiten, obwohl ich klassische Aufgaben wie Kochen, Waschen und Bügeln auf Wunsch natürlich auch erledige. Am ehesten trifft es die Bezeichnung »bezahlter Lebensabschnittsgefährte«.

Das heißt, du lebst mit Frauen zusammen und teils mit ihnen den Alltag – über Monate und Jahre und gegen Geld?

Ja, in vorher vertraglich geregelten Zeiträumen. Z.B. drei Abende unter der Woche und mindestens ein ganzer Tag am Wochenende. Daneben habe ich Freizeit und Urlaub. Ich habe neben meiner gemeinsamen Wohnung mit meiner Kundin noch eine eigene, in die ich mich ab und zu zurückziehen kann. Mein Vertrag als Hausmann läuft über eine bestimmte Zeit, z.B. ein Jahr und kann nur in Ausnahmefällen und gegen eine gewisse Abfindung vorzeitig gekündigt werden. So lange bin ich das was, man gemeinhin den »Freund« oder »Partner« einer Frau nennt.

Greift das nicht sehr stark in deinen Lebensplan ein? Ich kann mir vorstellen, dass du für diesen Beruf viel opfern musst – zum Beispiel das Glück einer richtige Partnerschaft.

Ja, Frauen, die mich wirklich interessieren, ziehen sich zurück, sobald sie erfahren, dass ich für Geld mit anderen Frauen schlafe und bei ihnen wohne. Das ist eines der Opfer, die ich für meinen Beruf bringen muss. Hausmann kann man nur für drei, fünf, höchstens zehn Jahre sein. Man kann es nicht ewig machen, ebenso wenig wie Prostituierte, Model oder Profisportler. Irgendwann geht es zu sehr an die Nerven, und man muss aufhören. Aber glaub mir, nach ein paar Jahren als Hausmann bist du für dein Leben saniert.

Worin genau besteht deine Dienstleistung?

Ich bin der Mann, den sich eine Frau wünscht, und da diese Wünsche bei jeder Frau verschieden gelagert sind, wechsle ich meine Identität je nach Auftraggeberin. Ich kann das Schoßhündchen geben oder den Macho, den Intellektuellen, den Witzbold, den feurigen Liebhaber oder den Psychotherapeuten. Ich höre mir z.B. stundenlang die Probleme meiner Kundinnen an und versuche sie aufzurichten, ohne sie im Geringsten mit meinen eigenen Problemen zu behelligen. Ich bin ihr Steigbügelhalter, ihr Sündenbock oder ihr seelischer Mülleimer, ich bin ihr Vibrator oder ihr Kuscheltier – je nach Bedarf. Ich bin anpassungsfähig bis zur völligen Selbstverleugnung. Auf Befehl bin ich sogar dominant, aber nur bis zu dem Punkt, den meine Auftraggeberin noch akzeptiert. Mein Dienstleistungsangebot heißt: Ich bin der Mann deiner Träume. Ich bin genau so wie du mich haben möchtest – aber all das gegen Bezahlung.

Jetzt wird es wirklich interessant: Wie ist denn ein Mann beschaffen, den sich Frauen wünschen?

Hier liegt der Knackpunkt: Zwei gesellschaftliche Entwicklungen haben das neue Berufsbild des bezahlten Hausmannes möglich gemacht. Zunächst mal streben Frauen immer mehr in höher bezahlte Positionen, die früher Männern vorbehalten waren. Sie erreichen dadurch einen Status, der es ihnen erlaubt, Überschüsse an Geld zu erwirtschaften. Zweitens sind die Anforderungen, die Frauen an Männer in privaten Lebenspartnerschaften stellen, so hoch geworden, dass sie von Laien kaum mehr bewältigt werden können. Unvorbereitete Männer ohne entsprechende Ausbildung überfordern sich regelmäßig in dem Wunsch, es ihrer Frau recht zu machen, gerade weil deren Wünsche so paradox sind. Männer verblühen regelrecht an der Seite solcher Frauen, sie werden seelisch krank oder aggressiv. Auf diesem Dilemma basiert unsere Geschäftsidee: Die Frauen geben uns ihr überschüssiges Geld, wir geben dafür den idealen Mann – einfühlsam, stark und doch beliebig anpassungsfähig. Ein As im Bett, aber jederzeit bereit, zurückzustecken, wenn die Frau keinen Sex will. Bewandert in allen Hausarbeiten und doch aus jeder Pore Männlichkeit verströmend …

Und Frauen bezahlen dich wirklich dafür? Wünschen die sich nicht einen ehrlichen Partner anstatt nur einen »Partner-Darsteller«?

Männer, die versuchen, es einer Frau recht zu machen, kommen sowieso schnell an den Punkt, wo sie sich verleugnen und zu Schauspielern werden. Sie spielen den Braven, Geduldigen, sexuell Anspruchslosen, der sich für die Fortschritte des Feminismus begeistert und den stundenlange Problemdiskussionen freudig erregen. Frauen erziehen Männer zu dieser Art von Unwahrhaftigkeit und verachten sie zugleich insgeheim dafür. Viele bevorzugen deshalb mittlerweile uns Hausmänner, weil wir nicht so tun, als wären wir etwas anderes als Schauspieler. In gewisser Weise sind wir also ehrlicher. Und was die Bezahlung betrifft, da halten es meine Kundinnen mit Richard Gere, der in »Pretty Woman« zu Julia Roberts sagte: »Ich weiß Profis zu schätzen, ich hatte zu lange mit Amateuren zu tun«.

Macht es dir nichts aus, dich selbst als eine Art von Hure zu beschreiben?

Nein, warum denn? Die Kommerzialisierung von Leistungen, die in partnerschaftlichen Beziehungen bisher umsonst gegeben wurden, ist nur ein notwendiges Symptom der Zeitenwende, in der wir uns befinden. Im Patriarchat haben Frauen den Männern Dienstleistungen, bei denen die Nachfrage größer war als das Angebot, gegen Geld gewährt. Das wichtigste Bedürfnis des Mannes war schneller, anonymer, rasch verfügbarer Sex. Also gab es die Prostitution, weil die Ehefrauen diesem Bedürfnis des Mannes nicht im gewünschten Umfang entsprechen konnten. Das wichtigste Bedürfnis der Frauen ist es, ein Mischwesen aus Callboy, Psychotherapeut und Schattenträger langfristig an sich zu binden. Es ist nur logisch, dass sich auch für dieses Bedürfnis irgendwann ein kommerzieller Anbieter finden musste, denn hier ist die Nachfrage von Frauen naturgemäß größer als das Angebot an Männern, die sich zu einer solch undankbaren Rolle freiwillig und ohne Bezahlung bereit finden. Der neu geschaffene Beruf des professionellen Hausmannes schließt eine vorhandene Gerechtigkeitslücke: Da sich der Nutzen aus gleichberechtigten Beziehungen einseitig zugunsten der Frauen verschoben hat, verlangen Männer nur legitimerweise als Gegenleistung Geld für ihre Dienste. Das ist nichts anderes als der Weg zu echter Gleichberechtigung.

Was macht Sie zum Profi?

In der Hausmännerschule erlernen wir neben den gängigen Haushaltsarbeiten vor allem sexuelle Techniken wie Orgasmusvermeidung und -verzögerung, manuelle und orale Stimulation der Frau, erotische Massagen, Gesundheitsvorsorge zur Erhaltung unserer Vitalität und Potenz. Neben den Praxisfächern lehren die Hausmännerschulen auch Theorie, z.B. Grundzüge der Feminismustheorie, große Frauengestalten in Geschichte und Gegenwart, Grundlagen der Entwicklungspsychologie der Frau sowie Neurosenlehre, fundamentale Gesprächstechniken wie aktives Zuhören, die Kunst, der Meinung der Frau eine scheinbare Gegenmeinung entgegenzusetzen, um dann am Ende doch nachzugeben … Auch Emotionskontrolle wird regelmäßig geübt und das Gegenteil davon: die gezielte Abfuhr angestauter Emotionen wie Wut und Sexualität.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wir üben in unserer Freizeit die emotionelle Entladung, die wir uns im Dienst nicht leisten können. In den Hausmännergruppen schreien wir zum Beispiel aus Leibeskräften Frauenpuppen an: »Ihr blöden Zicken« oder noch viel schlimmere Ausdrücke. Wir dreschen auf Kissen ein, wüten und toben. Wir treffen uns zum Biertrinken und reißen die schmutzigsten Frauenwitze oder leisten uns einen gemeinsamen Bordellbesuch. Kurz wir leben typische männliche Schatteneigenschaften aus, die sich Amateurpartner normalerweise verbieten, wenn sie sich ihrer Männlichkeit nicht sicher sind. Deshalb ersticken sie auch unter dem Druck angestauter Aggressionen.

Damit stellst du den Männern aber auch kein gutes Zeugnis aus. Ist das wirklich das Wesen des Mannes, wenn er seine Maske mal ablegt?

Männer sind großartige Menschen, wenn man sie ihrer Art gemäß leben lässt. Dann ist es auch nicht notwendig, dass diese Schatteneigenschaften so extrem auftreten. Ihrer Natur nach sind Männer geistige Wesen, die eine gewisse Scheu haben, sich auf die materielle Welt einzulassen. Sie machen nicht gern Hausarbeit, weil sie es eigentlich für unter ihrer Würde halten, dass etwas so Banales wie schmutzige Wäsche ihren Tagesablauf kontrolliert. Sie sind im Grunde ihres Herzens nicht gern dabei, wenn ihre Frauen Kinder zur Welt bringen, weil dieser Anblick von Blut und Schleim, die Schmerzensschreie und das rot geschwollene Gesicht der Gebärenden viel zu grob, zu irdisch ist für ihren zarten Geschmack. Das Wesen des Mannes ist die Freiheit. Frei sein von Rhythmen der Natur wie Mondzyklus oder Menstruation, frei von Verstrickungen in »dicke« Emotionen, von der sklavischen Gebundenheit an die Welt des Materiellen und von der Notdurft ihres Körpers. Männer schweigen gern und ziehen sich in eine Innenwelt zurück, in der sie sich freier fühlen als unter dem kräftezehrenden Trommelfeuer weiblicher Gesprächsangebote. Sie begeben sich gern in ironische, sachliche oder wissenschaftliche Distanz – alles Strategien, um sich zu erheben über das Drama des irdischen Lebens. Männer sind Himmelssucher und Erdenflüchtlinge. Körperliche Bedürfnisse sind bei ihnen nicht das Primäre. Lass dich nicht täuschen von seinen sexuelle Bedürfnissen. Die oft aggressive, hastige Art wie ein Mann Sex abwickelt, entspringt dem Wunsch, sich schnell und effektiv von einer Bedrängnis zu befreien, die ihn zum Sklaven seines Körpers macht. Die Frau macht Sex, um ganz in die Verkörperung einzutauchen und dann lange und genüsslich in diesem Gefühl zu verweilen. Der Mann macht Sex, um sich des Sexes zu entledigen und schnell zu Wichtigerem übergehen zu können. Deshalb ist das Zusammensein und Diskutieren nach dem Sex für den Mann reizlos, während für Frauen Intimität oft erst dort beginnt. Das Primäre am Mann ist frei sein durch den Geist und in der Welt des Geistes. Das bedeutet Mannsein wirklich.

Und woraus ergeben sich dann die Konflikte mit der Frau?

Frauen erleben das Sosein des Mannes zunächst einmal als fremd und unverständlich. Dies war schon immer so, aber in letzten Jahrzehnten hat ihnen der Feminismus die argumentativen Waffen in die Hand gegeben, um dieses »Anderssein« des Mannes in ein »Schlechtersein« umzudeuten. Das Tragische ist nun, dass viele moderne Männer dieses Urteil der Frauen angenommen haben – und zwar in der wohlmeinenden, aber verfehlten Absicht, die Greuel des Patriarchats wieder gut zu machen. Der Mann – eine Fehlkonstruktion. Nicht ein sinnvoller Teil des Schöpfungsplans, sondern etwas, was gar nicht erst hätte entstehen dürfen. Von diesem Makel des Mannseins ist nur ein Weg der Reinigung möglich: die völlige Unterwerfung unter die Wünsche der Frau nach Veränderung und Umerziehung. Männer haben verlernt, die Schönheit und Würde ihres Soseins selbstbewusst und offensiv zu vertreten. Sie befinden sich in einem beständigen Abwehrgefecht und in Rechtfertigungshaltung. Statt zu sagen: »Ja, so sind wir Männer, und das ist gut so«, argumentieren sie nur noch windelweich: »Ich weiß, Männer sind schlimm, aber ich bin selbstverständlich die Ausnahme«. Oder: »Ich weiß, ich bin schlimm, aber ich werde hart daran arbeiten, so zu werden, wie ihr Frauen jetzt schon seid.« Dadurch verlieren Männer aber ihre ganze Kraft, ihre Identität. Statt gute Männer werden sie zu schlechten Kopien eines fehlgeleiteten Weiblichkeitsideals.

Was ist denn so schlimm am Zusammenleben mit einer modernen Frau? Kannst du ein paar Beispiele nennen?

Natürlich. Mit einer meiner Auftraggeberinnen schaute ich z.B. eine Fernsehsendung über rituelle Genitalverstümmelungen an äthiopischen Mädchen an. Meine Kundin hatte die Sendung zielsicher aus dem Fernsehprogramm ausgewählt. Während der Sendung spürte ich schon, wie sich immer mehr Wut auf die Männer aufbaute, bis sie herausplatzte: »Wie fühlst du dich eigentlich als Mann, wenn du das siehst? Beschämt es dich nicht, was deine Geschlechtsgenossen mit Frauen tun?« Mein ganzes Mitgefühl war während dieser Sendung bei den misshandelten Mädchen. Ich wäre einfach nicht auf die Idee gekommen, dass ich etwas damit zu tun haben könnte. Verstehst du, du hast keine Chance als Mann, dich durch anständiges Verhalten zu bewähren. Du unterliegst einer Kollektivschuld. Der Mann ist unter den Geschlechtern ungefähr das, was die Deutschen unter den Nationen sind. Beide sind daran gewöhnt, gleichsam mit gebremster Selbstachtung durchs Leben zu gehen. Und in beiden Fällen hat dies historische Gründe. Natürlich sind Männer für mehr Greueltaten in der Geschichte verantwortlich, wie auch die meisten kreativen Höchstleistungen von Männern vollbracht wurde. Der moderne Mann ist so erzogen, dass er sich für Hitler entschuldigt, während er an Mozarts Musik die »weibliche Energie« lobt.

Und woran liegt es, dass Frauen so sind?

Sie sehen den Mann an ihrer Seite als Soldaten einer feindlichen Armee an, und das Bett ist die Front, an der der historische Kampf zwischen den Geschlechtern exemplarisch ausgefochten wird. Wirkliche Liebe und Verständnis für den Partner wäre Verrat an der Sache der Frau. Nur nie den schneidenden Scharfblick verlieren, mit dem die Schwächen der Männer seziert werden! Das Schlimme ist, dass es meistens die Falschen trifft. Echte Chauvis und Arschlöcher fühlen sich von Frauen wie meinen Kundinnen gar nicht angezogen, oder sie suchen bei ersten Anzeichen solcher Zickereien genervt das Weite. Nur die unsicheren, die gutmütigen, denen es auf Fairness und echte Gleichberechtigung ankommt, die harren mit erstaunlichem Durchhaltevermögen in Beziehungen aus, in denen ihnen jede natürliche Regung ihres Mannseins abgeschnitten wird. Solche Männer zu manipulieren ist in der Regel ein Leichtes: Benehmen sie sich nachgiebig und anpassungsfähig, erhalten sie den Vorwurf, unmännlich zu sein und zu wenig Rückgrat und Initiative zu zeigen. Bei der Geringsten Regung von Selbstbehauptung oder gar Egoismus hingegen wird sogleich der Vorwurf »Macho« oder »Chauvi« als Totschlagargument eingesetzt. Frauen haben uns zu Buh-Männern gemacht, zu Trägern all jener Schatteneigenschaften, die sie bei sich selbst nicht wahrnehmen wollen: ihr Dominanzstreben, ihre aggressive Energie, ihr sexueller Egoismus, ihre Unlust, stupide Hausarbeiten zu verrichten. Sie haben zuerst ihre eigene sexuelle Energie abgetötet, um dann ein Druckmittel in Händen zu haben, mit dem sie unsere Sinnlichkeit ausbremsen können.

Jetzt übertreibst du aber. Es gibt doch Frauen, die ihre Lust genießen!

Ja, es gibt wunderbare Frauen, das bestreite ich gar nicht. Die müssen dann auch keinen Hausmann engagieren, weil sie einem unbezahlten Partner alles geben können, was er braucht. Aber mein Eindruck ist, dass es immer mehr von diesen anderen Frauen gibt. Das ist ein Jammer für normale Männer, die auf der Suche nach leidenschaftlicher Liebe sind, aber es ist natürlich gut für mein Geschäft. Eine meiner Auftraggeberinnen hatte den Standardspruch: »Ich werde heute müde sein«. Sie sagte ihn immer am frühen Abend oder wenn ich zärtliche Annäherungen machte. Natürlich meinte sie damit »heute kein Sex«. Normalerweise schlucken Männer dann ihre hochkommende Enttäuschung herunter und versuchen sich nichts anmerken zu lassen. Wenig später fasst die Frau nach: »Du hättest heute Sex erwartet, stimmt‘s?« – »Nein, nein, ich habe keinen Sex erwartet. Und selbst wenn ich ihn erwartet hätte, würde ich doch jederzeit deine Entscheidung respektieren«. – »Aber ich spüre, dass du wütend bist, keinen Sex zu bekommen. Du bist im Grunde immer noch der Meinung, dass ich dir für Sex zur Verfügung zu stehen habe.« – »Nein, ich bin nicht dieser Meinung. Außerdem habe ich gar nichts gesagt.« – »Gesagt hast du nichts, aber du strahlst sexuelle Bedürftigkeit und eine Anspruchshaltung aus, mit der du mich enorm unter Druck setzt. Und unter Druck verliere ich den letzten Rest von Lust.« Das Gespräch endet damit, dass sich der Mann vornimmt, hart an seiner Ausstrahlung und seiner Einstellung bezüglich sexueller Verfügbarkeit von Frauen zu arbeiten. Sein Analytiker empfiehlt ihm die paradoxe Intervention, d.h. er versucht so wenig sexuelle Initiative wie möglich zu zeigen, um den Druck auf die Frau abzuschwächen und ihr die Gelegenheit zu geben, ganz spontan von sich aus sexuell aktiv zu werden. Der Mann beginnt also, der Frau und sich selbst etwas vorzulügen, und das schwächt natürlich seine Energie, seine männliche Austrahlung. So ist er für die Frau bald kein attraktiver Partner mehr. Was auch immer ein Mann also tun, er wird nicht das bekommen, was er will und an der Seite seiner Frau ein kastriertes, domestiziertes Leben führen. Warum schweigst du? Kommt dir dieses Szenario etwa bekannt vor?

Es kommt mir so vor, als hättest du meine Freundin beschrieben.

Siehst du, da haben wir etwas gemeinsam. Der Unterschied ist nur: Du tust es unentgeltlich!

Jan-Patrick, vielen Dank für dieses Gespräch!

(Anmerkung: „Rent a Traummann“ war die erste 2001 in „connection“ veröffentlichte Satire von Roland Rottenfußer, die seinerzeit viel Aufsehen erregte, zumal sie nicht klar als Satire gekenntzeichnet war. Die Gemüter erregten sich über Frauen- wie Männerfeindlichkeit, es meldeten sich Leser für die „Hausmannschule“ an, ebenso wie Frauen, die einen Hausmann suchten – vermutlich auch eher im Scherz. Der Hausmann Jan-Patrick ist – wie das ganze Szenario – fiktiv. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Verhältnissen sind jedoch durchaus möglich.)

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