Ware Bildung

Filmszene aus dem Alan-Parker-Film „Pink Floyd: The Wall“
Immer mehr Lebensbereiche werden dem Diktat von Kommerz, Rationalisierung und Gewinnmaximierung unterworfen. Arbeiten, die früher im Rahmen privater und liebevoller Beziehungen verrichtet wurden, sind heute „professionalisiert“, was Entfremdung und Vermassung fördert. Dies ist besonders brisant, wenn es um Bildung und die Betreuung von Kindern geht. Damit beide Eltern „der Wirtschaft“ möglichst ständig zur Verfügung stehen können, werden auch Kinder und junge Menschen in Sammelstellen untergebracht, die nach der Logik von Wirtschaftsbetrieben funktionieren. Kitas, Schulen und Universitäten werden zunehmend dem Effizienzdenken unterworfen. Und auch andere Tätigkeiten – selbst so alltägliche wie die Zubereitung von Mahlzeiten – werden immer weniger auf natürliche und gemeinschafsstiftende Weise ausgeführt. Auszug aus dem Buch „Blenden, Wuchern, Lamentieren“. Christian Kreiß, Heinz Siebenbrock
Übrigens: Arbeitsverdichtung und Konzentration auf lukrative Tätigkeiten bei gleichzeitiger Abschaffung kostenintensiver Leistungen, für die aus Nachfragesicht gleichwohl eine Notwendigkeit besteht, sind die Folge. Dazu ein Beispiel: Der öffentliche Wohnungsbau ist seit Jahrzehnten nicht nur rückläufig; vielmehr hat die öffentliche Hand zahlreiche Wohnungen an Privatunternehmen verkauft. Seither haben wir in Deutschland ein massives Problem mit bezahlbarem Wohnraum. Ulrich Willmes (Universität Paderborn) bemerkt auf seiner privaten Website treffend: »Verlierer sind aber auch die betreffenden Kommunen selbst: Sie haben sich um einer einmaligen Einnahme willen der Möglichkeit beraubt, in den örtlichen Wohnungsmarkt gestaltend einzugreifen, preiswerten Wohnraum für Bedürftige vorzuhalten und auf diese
Weise Wohngeld zu sparen, mittels eines breiten Mietermixes der Bildung von Problemvierteln mit hoher Kriminalität vorzubeugen sowie langfristig sichere Renditen zu erzielen. Denn mit Wohnungsgesellschaften in kommunalem oder genossenschaftlichem Besitz lassen sich auch bei sozialverträglichen Mieten und humaner Behandlung der Mieter und Mitarbeiter durchaus Gewinne erwirtschaften.«
die Privatisierung spricht aber vor allem – wieder einmal –, dass viele ehemalig öffentliche Betriebe der Gewinnmaximierung geopfert wurden.
• Während Eltern für kleinste Verkehrsverstöße zur Kasse gebeten werden, gehören Sitze ohne Sicherheitsgurte und Stehplätze in Schulbussen zum Alltag.
• Die Bausubstanz ist in vielen Schulen marode: Schimmel an den Wänden, unzumutbare Toiletten, der Putz fällt von der
Decke. Eltern behelfen sich mit Wochenend-Einsätzen, um die dringlichsten Missstände abzustellen. Die Klassenkasse wird für Farbe und Putzmörtel missbraucht.
• Neu-Investitionen in IT und moderne Lehrmittel? Bund und Länder machen sich gegenseitig für ihre Unterlassungssünden verantwortlich und flüchten sich in grundsatzpolitische Reibereien. Ist dann einmal ein modernes PC-Netzwerk oder sogar ein Whiteboard mit Beamer angeschafft, gibt es keine Unterstützung, wenn die Technik streikt: Der Hausmeister kann zwar Tische und Tafeln reparieren, für die IT-Infrastruktur ist jedoch niemand zuständig. Mit etwas Glück kommt mal jemand von der Stadt vorbei.
Kostengründen erfolgte Schließung der Schulkindergärten wurde mit der Einführung einer flexiblen Schuleingangsphase schöngeredet. Auch hier gibt es eine interessante Parallele zur Wirtschaft:
zur Höchstleistung erforderliche intrinsische Motivation nicht mit Geldanreizen fördern lässt.
wenn Hochschulen in der Forschung mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten: Selbst die Grundlagenforschung und die Lehre können von Impulsen aus der Praxis profitieren. Einem Arbeiten im Elfenbeinturm wird dadurch wirksam entgegengewirkt. Andererseits muss mit klaren Regeln verhindert werden, dass der Einfluss der Privatwirtschaft zu groß wird und letztlich die Forschung an den Hochschulen bestimmt. Mit der W-Besoldung wird hingegen der Einfluss der Privatwirtschaft auf die Forschung geradezu befeuert. Mehr noch: Auch an öffentlichen Hochschulen werden ganze Lehrstühle von der Wirtschaft finanziert.
Aktiengesellschaften – steht nun an der Spitze einer jeden Hochschule. Die Mitglieder des Hochschulrates dürfen mehrheitlich nicht aus einer Hochschule kommen. Vielfach handelt es sich vielmehr um Inhaber oder Manager von Unternehmen oder um Verantwortliche aus wirtschaftsnahen Verbänden. Ulrich Willmes (Universität Paderborn) kommentiert: »Faktisch wurden die Hochschulen mit dem (…) Hochschulfreiheitsgesetz der Wirtschaft übereignet, ohne dass diese für die Unterhaltskosten der Hochschulen aufkommen muss.«
Monetarisierung und Kommerzialisierung unseres Alltagslebens und die Geldwirtschaft fortgeschritten sind, sodass wir heute für Alltagsdinge, die wir früher selbst gemacht haben, Geld bezahlen.
Gemeinschaft«. Denn dadurch würden die persönlichen Beziehungen in der Gesellschaft abgebaut, alles würde durch das Medium Geld austauschbar, und das führe zu gesellschaftlicher Desintegration und Isolierung. Eisenstein kommt zu dem Ergebnis: »Die Ideologie der fortdauernden Gewinnmaximierung hat uns in einen derart trostlosen Zustand der Armut versetzt, dass wir regelrecht nach Luft schnappen.«
Christian Kreiß, Heinz Siebenbrock:
Blenden, Wuchern, Lamentieren.
Wie die Betriebswirtschaftslehre zur Verrohung der Gesellschaft beiträgt
Europa Verlag
272 Seiten, € 22,-
Das war und ist immer noch ein vorgeschobenes Argument, das nie der Wahrheit entsprach – und die Betroffenen in Politik, Verwaltung und Medien wussten das im Vorhinein. Es geht und ging immer nur darum, denn Reichen und Superreichen Investitionsmöglichkeiten zu bieten. Damit die Umverteilung des Vermögens von unten nach oben fröhlich weitergeht.
1. immer mehr stellen werden gestrichen = leistungen fallen weg, was vorher von zwei leuten erledigt wurde, muss jetzt von weniger als zwei leuten geleistet werden.
das führt, trotz veränderter bzw. je nach bereich steigender bedarfszahlen zum infrastrukturabbau (weniger anlaufstellen für betroffene), steigender konkurrenzdruck (welcher träger bietet die leistung/das produkt billiger an), gefaketen konzepten und leistungsbeschreibungen (leistungen werden durchaus qualitativ hochwertig beschrieben, die durchführung erfolgt dann in schmalspur), steigender arbeitsverdichtung, veränderungen der arbeitsqualität (mehr dokumentation, weniger direkte arbeit mit personen, außerdem werden arbeitsvorgänge immer stärker schematisiert, d.h. individuelles, klienten- und teilnehmerbezogenes arbeiten ist immer weniger möglich), überlastung der arbeitenden.
2. schleichender, aber beständig voranschreitender sozialabbau = aushöhlung des gesetzlich grundgelegten sozialstaatsprinzips, d.h. leute werden sich zunehmend selbst überlassen, rechte sind nur noch auf dem papier vorhanden.
3. zunehmende gesellschaftliche spaltung und verrohung (aufgeklärtes, soziales verhalten und zusammenhalt wird immer weniger vermittelt, eingeübt und praktiziert).
bildung, gesundheit, pflege, soziale beratung, hilfe und entwicklung (vom kleinkind bis zum greis) wird als immer wertloser angesehen.
damit unterliegen zentrale menschliche lebensbereiche von einzelnen, von gruppen und der gesellschaft insgesamt (und zwar weltweit) extremen fehlentwicklungen.
nach dem ökologischen und dem ökonomischen, bewegen wir uns damit m.e. auf den sozialen bankrott zu.
in der digitalisierung kann ich keinen ausweg erkennen.
m.e. stecken wir in einer sackgasse. und da hilft nur ein anhalten, ein STOPP, ein AUSSTIEG, ein innehalten und zurückblicken, ein umsteuern, evtl. rückwärtsfahren …
…man wird sehen….
und… so tief wie wir mit unserem ‚runtergewirtschafteten karren‘ im schlamassel stecken, hilft uns wahrscheinlich nur ein, mit vereinten kräften zum wohle aller, gemeinschaftlich unternommener versuch, den karren wieder aus dem dreck zu ziehen.
wie wir den karren dann wieder flott kriegen, überlegen wir uns am besten gemeinsam, gut und in in aller ruhe.
ich bin jedenfalls dafür, dass diejenigen, die bisher am steuer saßen, sich in zukunft unters fußvolk mischen und auch mal die hände schmutzig machen. sie würden die welt damit aus einer anderen perspektive sehen und damit evtl auch mal anders erleben und beurteilen.
v.a.d. sollte aber über eine zusammen vorgenommene bestandsaufnahme geklärt werden, wie es zu der situation kam, was mit der im kofferraum mitgeführten fracht gemacht werden soll und v.a.d. sollte, bevor evtl. der ‚alte‘ karren wieder flott gemacht wird, überlegt werden, ob wir in zukunft nicht ALLE und ÜBERALL AUF DER WELT besser damit zurecht kommen, wenn wir zu fuss gehen, mit dem rad fahren, uns handkarren oder lastenräder bauen, ob e- oder selbstfahrende autos tatsächlich die lösung sind.
es gibt viel zu tun. es geht, wie vorher auch schon, um unser leben. nur wenn wir das, was unser leben ausmacht, nicht anderen überlassen wollen sondern für uns mitgestalten und mitentscheiden wollen, sollten wir jetzt auch mitanpacken.
was wir brauchen ist eine wiederaufnahme eines öffentlichen diskurses in den parlamenten, in ALLEN medien, auf den straßen und im öffentlichen raum.
veränderung ist möglich!