Make love, not war

 In FEATURED, Philosophie, Politik, Spiritualität, Wolf Schneider

 

Kann Liebe uns retten? Ein kurzer Essay über alles. Wie so oft spannt der Autor, ehemaliger Herausgeber des spirituellen Magazins “connection”, hier einen weiten Bogen. Er stellt Betrachtungen an über das Wesen der Liebe, darüber, warum Sexualität den Ekel überwindet und ob der Liebe Gott überhaupt lieb ist. Über Überbevölkerung, Bernie Sanders, Bodo Ramelow und Konstantin Wecker – alles also, was uns interessiert. Wolf Schneider, www.connection.de

 

Liebe sei doch der Wesenskern aller Religionen, sagte mir neulich in einem Online-Interview voller Zuversicht der Ethik-Lehrer einer säkularen Schule. Er hatte sich von meiner Aussage, wie man jenseits der Lagermentalität der Religionen den Schülern Spiritualität vermitteln könne, begeistern lassen und dann begonnen, mich zu befragen, wie man das in die Schulen einbringen könne. Meine Antwort auf seinen guten Glauben ist: Gott einen »lieben Gott« zu nennen ist eine Beschönigung. Schau dir doch nur mal das alte Testament an. Einen Wahrheitssucher kann eine solche Beschönigung im besten Falle nur trösten.

Aber es gibt ja auch noch Jesus, wandte er ein. Der ist in den meisten seiner Aussagen deutlich liebevoller als das AT. Stimmt. Und es gibt auch noch die körperliche Liebe, vielleicht kann die uns retten, sagte ich, denn über die geistige Liebe – Wo gibt es sie denn und wer praktiziert sie wirklich? – ist es offenbar nicht so leicht ist, Einigkeit zu erzielen.

Wer meinen Rundbrief kennt, weiß, dass ich hier auch immer über die körperliche Liebe schreibe und Events ankündige, in denen es um Tantra geht, verstanden als sakrale Sexualität. Liebe ist unter uns Menschen das wohl populärste Fenster zum Himmel, aber auch Sex kann ein Fenster zum Himmel sein. Zum Beispiel auch für die Aktivisten unter uns: Wir müssen uns einmischen. Und auch die Jahrtausende der Vorgeschichte und des Patriarchats sind noch nicht vorüber: Der Auszug der Männer. Tantra ist hochpolitisch.

Liebe

Was ist eigentlich Liebe? Ist sie die Einnistung unseres Fokus auf etwas oder jemanden außerhalb von uns selbst? Oder auch innerhalb? Ist sie eine Beheimatung in etwas oder jemandem? Dich »in mein Herz aufnehmen«, was genau soll das heißen? Was eigentlich ist »das Herz«? Das geistig-emotionale Herz, das wäre doch wohl wieder der Fokus, der etwas oder jemanden nicht nur streift, sondern dort verweilt. Eine achtsame Hinwendung, eine Hingabe, die verweilt.

Über kaum etwas ist so viel gesprochen, gesungen, gedichtet, geschwafelt und gelogen worden wie über die Liebe. Wie weiß ich denn, ob deine oder meine Liebe auch echt ist? Lässt sich das wissenschaftlich verifizieren, gar messen? Erstaunlich finde ich immer wieder, dass bei den Menschen, die sich lieben, der gegenüber Fremden sonst fast immer vorhandene Ekel nicht mehr da ist: Sie trinken aus einem Glas, sie küssen sich sogar. Ekel vor den Körperflüssigkeiten des anderen? Bei der sexuellen Liebe ist sogar das Gegenteil der Fall. Die »xenophobe Reaktion«, die Ablehnung des Fremden, wird offenbar durch Liebe annulliert, im Geistigen wie im Körperlichen. Hallo Wissenschaftler, die ihr vor allem das Körperliche untersucht, könnt ihr nicht mal untersuchen, inwieweit sich Liebe anhand der Abwesenheit von Ekel vorurteilsfrei verifizieren lässt? Für die Fans des Mysteriösen möchte ich allerdings hinzufügen: Auch wenn solch eine Verifizierung eines Tages wider Erwarten klappen sollte, keine Sorge – ich gehöre weiterhin zu denen, für die der ganze Kosmos ein Wunder ist;. Ich brauche keinen Jesus, der über Wasser läuft, um über die Welt zu staunen.

Und jetzt wieder richtig wissenschaftlich. In diesem Text findest du auch die Gründe, warum die Erfindung von Sex ein gutes Mittel war und auch heute noch ist, um unsere Spezies gegen Parasiten und Seuchen zu schützen: Warum gibt es überhaupt Sex?

Und der Orgasmus, ist das die Belohnung dafür, dass wir uns biologisch gesehen, richtig verhalten haben?

Politik und Umwelt

Nun noch ein paar politische Nachrichten, darunter auch einige witzige – das Weltgeschehen ist ja nicht nur tragisch, je nach Betrachtung ist es auch irgendwie komisch.

Bolsonaro beauftragte einen evangelikalen Missionar als Abteilungsleiter in FUNAI, der brasilianischen Behörde, die für den Schutz der unkontaktierten Völker zuständig ist. Da soll wohl der Fuchs den Hühnerstall hüten, meint Sarah Shenker von Survivval International dazu.

Die deutsche (!) Suchmaschine Ecosia behauptet, seit 2009 schon 83 Millionen Bäume gepflanzt zu haben. Seit ungefähr fünf Jahren bin ich dabei und ‚google‘ seitdem statt über Google bevorzugt über Ecosia. Ein kleiner Beitrag, aber immerhin.

Die deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) verkündete Anfang dieses Jahres, dass an Silvester rund 7.754.847.000 Menschen auf der Erde ins Jahr 2020 starteten. Das sind rund 83 Millionen Menschen mehr als ein Jahr zuvor. Die Weltbevölkerung ist im Jahr 2019 somit in etwa um die Einwohnerzahl Deutschlands angewachsen. Vor allem in Afrika wächst die Bevölkerung weiterhin stark: Nach aktuellen Prognosen der UN wird sich die Bevölkerung Afrikas von heute rund 1,3 Milliarden Menschen auf voraussichtlich rund 2,5 Milliarden im Jahr 2050 fast verdoppeln.

Außerdem seien in den nächsten zehn Jahren weitere 70 Millionen Mädchen von Genitalverstümmelung bedroht, sagt die DSW. Bisher sind weltweit etwa 200 Millionen Frauen genital verstümmelt (Quelle: Wikipedia).

Ich Zugvogel, der zur Zeit wieder mal auf den Kanaren überwintert – bin ich damit schon eine Ökosau? Hier ist eine Rede des Klimaforschers Michael Kopatz vom vergangenen November zu diesem Thema: Wie können wir das Klima retten ohne moralische Appelle? Mit geht es offenbar nicht. Und ohne? Vielleicht auch nicht. Wir Menschen waren schon immer Umweltsäue, sagt Rainer Langhans. Und: Wir brauchen eine andere Art des Wachstums.

Schaffen wir Alten das nicht mehr, weil wir keinen Plan haben, wie einige der Jungen sagen? Christa Ritter über »Die Alten und die Jungen«.

Ist Bernie Sanders mit seinen 78 Jahren zu alt, um Präsent zu werden? Verrückt, dass er vor allem die Jungen fasziniert. Auch die ehemalige Senatorin von Ohio Nina Turner wirbt für ihn.

Konstantin Wecker stinkt die gefährliche Gleichsetzung von rechts und links. Recht hat er. Es wäre doch so einfach gewesen, in Thüringen Ramelow die Führung zu überlassen, nun eben in Koalition mit der CDU. Nationale Parteipolitik kann sowas von idiotisch sein, nicht nur im Fall von Thüringen. Warum gibt es eigentlich nicht eine Grüne Internationale? Die Idee einer „Internationale“ von den Linken von einst war doch ganz gut. Im August 1914 ist sie allerdings hochkant gescheitert. Hundert Jahre später, nach zwei Weltkriegen und inzwischen einer echten Internationalisierung der Wirtschaft sollten wir sie wieder aufgreifen, finde ich. Die Wirtschaft ist längst internationalisiert, oft mehr als uns guttut. Auch die Kultur ist es sehr weitgehend. Die Politik hinkt noch hinterher. Eine World Governance, die diesen Namen verdient, gibt es noch nicht.

Anzeigen von 6 Kommentaren
  • manfred
    Antworten

    Ich bin der Überzeugung, nur die Liebe kann uns retten. Denn wenn wir in Liebe leben, haben wir nicht mehr den Drang vermeintliche Defizite kompensieren zu müssen. Viele Suchterkrankungen gäbe es nicht mehr. Wir gingen ohne Vorbehalte auf andere Menschen zu. In Liebe zu leben heißt in Frieden zu leben, mit sich selbst und den Mitmenschen.

    • Ruth
      Antworten
      Manfred@

      Wohltuend, dass das Wort und das Gefühl „Liebe“ noch ausgesprochen und empfunden wird!

      Die Mensch wäre friedlicher und damit das Zusammenleben; aber es greift immer mehr Hetze und Hass um sich! Eine legitime, aber respektvolle Kritik – worüber und warum, egal -, die ist in den sozialen Medien kaum noch zu lesen! Stattdessen: Pöbeleien, Drohungen – bereits  unter Kindern!

      Persönliche Schicksale sind oft schwer zu ertragen – ich nehme mich da nicht aus – dennoch: Beschimpfungen, primitivste Ausdrücke, die sollte jeder auf‘s Schärfste ablehnen!

       

  • Palantir
    Antworten
    So ab und zu einen der Posarunde-Milcher-Filme schadet ja auch nicht…
  • Volker
    Antworten

    Und es gibt auch noch die körperliche Liebe, vielleicht kann die uns retten (…)

    Genau! Wir Erdenwürmer wären schon längst ausgestorben, wenn nicht wie’s vorgesehen wurde …bis heute seit dem Sündenfall. ++ glucks ++

    Warum gibt es überhaupt Sex?

    Na, weil wir sonst als Eintagswürmer gleich wieder verschwunden wären (siehe oben).

    Und der Orgasmus, ist das die Belohnung dafür, dass wir uns biologisch gesehen, richtig verhalten haben?

    Eher ein Zusatzstoff, wie beispielsweise Geschmacksverstärker, quasie eine hochmanipulative Trickkiste, zur Erhaltung sowie Freude aller Erdenwürmer. Anfang der Spaßgesellschaft, ab dem siebten Tag der Schöpfung, heute Wirtschaftsfaktor. Selbst ein SUV fördert feuchte Träume.

    Ich Zugvogel, der zur Zeit wieder mal auf den Kanaren überwintert – bin ich damit schon eine Ökosau?

    Ne. Nur ein Zugvogel, der’s gerne gemütlich hat (siehe Abbildung oben). Ist das Tantra für Fortgeschrittene?
    Ich bleib zu Hause und guck in die Grundsicherungsröhre.

  • heike
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    Liebe ist das Beste, das wir auf unserer Erde haben. Sie ist immer ein Geschenk. Ein Geschenk für denjenigen, der lieben kann und ein Geschenk für den, der gliebt wird. Liebe braucht Freiheit, um entstehen zu können. Liebe kann man nicht erzwingen.
  • heike
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    Die Übungen der Achtsamkeit sind dazu da, einen anderen Fokus zu erhalten und Dinge zu entdecken, die man vorher eben nicht beachtet hat. Und dann kann man auf einmal einen Grund zum Lieben finden. Die Liebe entsteht nie aus bewusstem Wollen. Aus bewusstem Wollen entsteht der Wunsch, dem anderen nicht zu schaden oder auch, dem anderen zu helfen.

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