Am Literaturkamin (10)

 In Holdger Platta, Poesie


Last Night bei Malibu
Holdger Platta, in memoriam R.C.

(Anmerkung der Redaktion: Alle LeserInnen dürfen mitraten, welche AutorInnen, die Holdger Platta zu seinem Gedicht inspiriert haben, sich hinter diesen Initialen verbergen. Die Auflösung wird am kommenden Montag verraten)

Eine der heißen Nächte, da sich nur
Revolver treffen, um Küsse zu tauschen.
Die Palmen vorm Haus schwimmen
wie in einem Whisky-Glas, und der Mann tritt,
ganz Anwalt und Roulette-Tisch, aus dem Manson-Palace heraus.

Der Wagen, immer offen für einen Pistolenschuß,
fährt im Dunkel fast zärtlich heran,
aus der Ferne hört man den Schrei
einer geöffneten Varieté-Tür, und der Mann, ganz
Anzug und Scheckheftbesitzer, verbeugt sich
zum letzten Mal vor der kalifornischen Nacht.

Welch eleganter Anblick, genäht vom besten Schneider
der Stadt, jetzt unendlich still, auf einem augustheißen Trottoir!
Und alle Kinder schlafen in dieser Nacht bei offenem Fenster,
den Pazifik und eine Luger aus Lakritze im Kopf.

Erst ein Chauffeur, zwischen Festball und Highball,
stolpert über den Anzug aus Seide und Zaster und ruft
die wachhabenden Fettsäcke der Nacht. Ein Commissioner
schiebt den Hut in die Schweißseen am Hinterkopf und sieht
einem alten Bekannten ins eigentümlich kalte Gesicht.

Die verdammten Zikaden, immer noch von fern das Geschrei
einer klaffenden Varieté-Tür und immer noch eine
der heißesten Nächte in den Kinderträumen vom stillen Ozean
zwischen Reno und Malibu.

Ich rücke die geleerte Whiskyflasche beiseite und blicke,
für fünfundzwanzig Dollar plus Spesen, auf das Papier,
seh’ zwischen den Zeilen die Palmen sich wiegen,
um Küsse zu tauschen, und spüre, als wär’s der Pazifik,
draußen im Dorf die Pistolenhitze der Nacht.

(Auflösung des “Rätsels” aus dem Gedicht vom vorigen Montag: Arthur Conan Doyle)

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