Achtung Aufruf: bitte auch politische Hilfe für Griechenland!

 In Holdger Platta, Über diese Seite

57. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Wer Hunger hat, braucht zunächst Brot, keinen Aufruf zur Teilnahme an einer Demo gegen die Sparpolitik der Regierung. Andererseits: wenn wir nicht strategisch und politisch denken, wird der Hunger nie aufhören, werden sich immer wieder Löcher auftun, die notdürftig mit Spendengeldern gestopft werden müssen. Deshalb ruft Holdger Platta auch in diesem Artikel dazu auf, politisch aktiv zu werden und bittet um Unterstützung für einen Aufruf, der mehr Transparenz herstelle will und die Legitimität der Täterseite dieser europäischen Kaputtsparpolitik bloßlegen könnte. (Holdger Platta)

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

natürlich wisst Ihr das schon längst: wir vom Aktiventeam versuchen, wo immer es geht, Menschen in Griechenland heraus zu helfen aus ihrer Not. Das ist, wenn Ihr so wollt, die unmittelbar humanitäre Dimension unserer Initiative. Gleichzeitig aber versuchen wir auch, wieder und wieder, die politische Dimension der Probleme in Griechenland deutlich zu machen – durch Analyse und Kommentar, durch Aufrufe und Protest. Deshalb war „Empört Euch!“ und „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ von Anfang an die Doppelbotschaft unserer Aktion. Daran hat sich bis heute nichts geändert, daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Und ebenso folgerichtig ist deshalb auch, dass mal der einen, mal der anderen Dimension in unseren Berichten das Hauptaugenmerk gilt. Heute soll es, aus gegebenem Anlass, wieder einmal die politische, die Protestdimension sein, um die es mir vor allem geht. Zuvor aber noch: die neuesten Spendenzahlen – sowie eine Anmerkung dazu.

In der Vorwoche gingen 210,- Euro auf unserem Spendenkonto ein, überwiesen von 4 Helferinnen und Helfern. Während der letzten sieben Tage waren es 370,- Euro, die auf unserem Hilfskonto landeten, und erneut waren es 4 Beteiligte, die für diesen Zuwachs sorgten. Ihnen allen gilt wie immer unser herzlichster Dank! Und es wird keinen überraschen, wenn ich hinzufügen muss: nach wie vor werden diese Hilfsgelder in Griechenland dringendst gebraucht. Die Not ist größer, nicht kleiner geworden, die Anzahl der Hilfsbedürftigen hat zugenommen – und dementsprechend die Menge der Hilfsanfragen auch. Und dazu auch meine Anmerkung:

Es versteht sich von selbst, dass wir – so lange es irgend geht – die von uns betreuten Menschen auch weiterhin betreuen werden. Auf uns ist Verlass: wir lassen keinen Menschen fallen, bei dem die Not auch weiterhin besteht. Betreuungsverhältnis und Treueverhältnis, das fällt für uns insofern in eins und ist die unaufspaltbare Grundmaxime unseres Helfens. Das bedeutet aber auch, und mit leichtem Herzen schreibe ich das wahrlich nicht: wir können – bis auf weiteres jedenfalls – nicht noch mehr Menschen in Griechenland helfen. Das Spendenvolumen ist zurückgegangen, die Gelder fließen nicht mehr so reichlich wie vor Monaten noch. Da würde Neuaufnahme eines Menschen in unseren Betreutenkreis bedeuten, dass wir einen anderen Menschen, der bisher von uns unterstützt wurde, rausschmeißen müssten aus dem Betreutenkreis. Hilfe würde zum Damoklesschwert. Das will niemand von uns. Und ich bitte sehr herzlich um Verständnis dafür.

Womit ich bei der bereits avisierten Hauptthematik meines heutigen Wochenberichts bin, bei der politischen Dimension unserer Hilfsinitiative. Ich stelle diesesmal in den Mittelpunkt eine Petition, die – europaweit und überparteilich – gleich von einer ganzen Reihe von Politikern und Wissenschaftlern zugunsten Griechenlands gestartet worden ist, eine Petition, auf die mich dankenswerterweise Margit Geilenbrügge hingewiesen hat. Margit Geilenbrügge, seit langem HdS-Leserin, war von Anfang an mit dabei, als es im Rahmen unserer Aktion um Hilfe für Griechinnen und Griechen ging, und hat sich dabei schon einige Verdienste erworben. Sie war beteiligt an der Entwicklung unseres Logos, das Ihr jede Woche über meinen Berichten seht, sie ist seit längerem auch – wie Bettina Beckröge – „Patin“ für eine notleidende Familie in Griechenland. Nun, Margit Geilenbrügge schickte mir den folgenden Aufruf zu, den ich in voller Länge hier veröffentlichen möchte, einen Aufruf, den auch ich inzwischen unterzeichnet habe und den ich für außerordentlich wichtig halte – aus zwei Gründen gleich. Zum einen geht es bei dieser Initiative um ein Infragestellen der Euro-Staaten-Politik gegenüber Griechenland auch in rechtlicher – nicht zuletzt: menschenrechtlicher! – Dimension. Und zum anderen handelt es sich bei dieser Initiative um eine europaweite Aktion, um eine Aktion weit über ansonsten existierende Parteigrenzen hinaus. Mit voller Berechtigung gesagt: hier, mit dieser Initiative, meldet sich ein anderes, ein solidarisches, ein humaneres Europa zu Wort. Da sollten auch wir, so meine ich, nicht abseits stehen. Hier also der Text, zu dem Ihr Euch auch unter dem Link https://www.change.org/p/europ%C3%A4ische-zentralbank-ver%C3%B6ffentlichen-sie-thegreekfiles durchklicken’ könnt (zwecks Unterschrift auch Eurerseits):

„Herr Draghi, wovor haben Sie Angst? Veröffentlichen Sie #TheGreekFiles!
Schließe Dich der Forderung an: Veröffentlichung des von der EZB in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Griechischen Bankenschließung im Jahr 2015!
Was ist diese Kampagne?
Tief in einem Gewölbe des Hauptsitzes der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen #TheGreekFiles, ein Rechtsgutachten zu den Maßnahmen der EZB gegen Griechenland im Jahr 2015, das Europa erschüttern könnte.
Du hast als europäische/r Steuerzahler* in die Dokumente bezahlt. Aber der Präsident der EZB, der ehemalige Direktor von Goldman Sachs, Mario Draghi, lässt sie Dich nicht sehen. (https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/150918letter_demasi_3.en.pdf?3b09ce5006efe8c5acdb2b7e7ed5869d)
Deshalb planen der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und MdEP Fabio de Masi einen Antrag gemäß Informationsfreiheitsgesetz, um #TheGreekFiles ein für alle Mal freizugeben, unterstützt von einem breiten Bündnis von Politiker*innen und Akademiker*innen.
Lehnt Draghi das ab, werden sie im nächsten Schritt der Kampagne alle Optionen – auch juristische Maßnahmen – erwägen, um diese entscheidenden Informationen öffentlich zu machen.
Du unterstützt ihren Antrag auf Freigabe kritischer Dokumente, für die Du gezahlt hast, indem Du diese Petition jetzt unterzeichnest!
Unterstützer*innen
Die Petition von DiEM25 wird unterstützt von einem Bündnis von Politiker*innen und Akademiker*innen mit unterschiedlichen Auffassungen von der Zukunft Europas und der Eurozone. Die aktuelle Liste (wird ergänzt):
Benoît Hamon, Präsidentschaftskandidat 2017 der Parti Socialiste, Frankreich
Katja Kipping, Co-Vorsitzende DIE LINKE, Deutschland
Gesine Schwan, Präsidentin der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und zweimalige Kandidatin der SPD für das Amt der deutschen Bundespräsidentin
Yanis Varoufakis, Mitbegründer von DiEM25 und ehemaliger Finanzminister der Griechischen Demokratie
und mit der Unterstützung weiterer Akademiker*innen wie
Klaus Dörre, Friedrich-Schiller-Universität Jena
James K. Galbraith, University of Texas at Austin
Rudolf Hickel, Universität Bremen
Gustav A. Horn, Hans-Böckler-Stiftung
Aidan Regan, University College Dublin
Jeffrey Sachs, University of Columbia
Joseph Vogl, Humboldt-Universität zu Berlin
Arthur Gibson, University of Cambridge
Hintergrund: Was sind #TheGreekFiles?
Im Juni 2015 führte die neu gewählte griechische Regierung angespannte Verhandlungen mit ihren Gläubigern (der ‘Troika’ – EZB, EU-Kommission und IWF). Sie tat, wofür sie gewählt worden war: die Schulden des Landes, die Steuerpolitik und die Reformagenda neu verhandeln und die Bevölkerung vor den Härten des strengsten Sparprogramms der Gegenwart zu retten.
Die Troika wusste, dass nur ein bedrohlicher Schritt die griechische Regierung zur Kapitulation zwingen konnte. Den ging sie über die EZB: alle griechischen Banken wurden zur Schließung gezwungen und damit auch die griechische Regierung – gegen ihren demokratisch erteilten Auftrag –, dem dritten ‘Rettungspaket’ zuzustimmen. Inklusiven neuen Sparmaßnahmen und Einschränkungen in der staatlichen Unabhängigkeit.
Allerdings fürchtete die EZB die rechtliche Fragwürdigkeit der Maßnahmen, mit denen sie den Widerstand der griechischen Regierung brechen wollte. Sie gab ein Rechtsgutachten in Auftrag, das die Legalität ihrer Entscheidungen prüfen sollte. #TheGreekFiles enthalten diesen juristischen Befund des Gutachters.
Im Juli 2015 bat Fabio De Masi, deutsches MdEP, Mario Draghi um Veröffentlichung des Gutachtens. Draghi lehnte dies ab und schob die Vertraulichkeit zwischen Anwalt und Klient vor. Offensichtlich enthalten #TheGreekFiles Dinge, die nicht öffentlich werden sollen.
Ein detaillierter Bericht zu den Aktivitäten der EZB und den vermuteten Überschreitungen ihrer Befugnisse findet sich im 8-seitigen Hintergrundpapier.
Warum soll die EZB das Rechtsgutachten veröffentlichen?
Einer der führenden Experten für Europarechts, Prof. Andreas Fischer-Lescano prüfte, ob die EZB zu Recht die Veröffentlichung der #TheGreekFiles abgelehnt hat. Sein detailliertes Ergebnis lässt keinen Zweifel: das Gutachten, mit dem die EZB ihre Maßnahmen absichern will, bezahlt mit Deinem Steuergeld, darf sie weder den MdEP noch den europäischen Bürger*innen vorenthalten.
Zu diesem juristischen Gebot kommt ein weiteres: die Macht der EZB, in der heutigen Eurozone die Banken eines Mitgliedslandes zu schließen, verletzt jedes demokratische Prinzip. Es verletzt außerdem das eigene Bestreben der EZB und ihre satzungsmäßige Verpflichtung, unabhängig und ohne politisches Kalkül zu agieren.
Mit diesem Fall müssen wir beginnen, gemeinsam Rechtmäßigkeit und Korrektheit von Entscheidungen der EZB zu beleuchten. Einerseits um die europäische Demokratie weiter zu bringen, aber auch, um die EZB vor machtpolitischen Bestrebungen zu schützen.
Was kannst Du tun, um zu helfen?
Dies ist nur der erste Schritt in einer langen Kampagne für Transparenz und Demokratie in Europa. Wir werden eine Reihe von Aktivitäten anstoßen, die diese Kampagne vorwärts bringen werden.
Bitte halte Kontakt zu dieser Webseite, wird werden Dich mit neuen Beteiligungsvorschlägen auf dem Laufenden halten.
Unterzeichne die Petition! Wir müssen eine deutliche Nachricht der Einigkeit und Unterstützung für diese Kampagne aussenden.“

Und damit zu meinen obligaten Schlusshinweisen:

Wer uns bei unserer Hilfe für Menschen in Griechenland unterstützen will, unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“, wer das spezielle Hilfsprojekt in Megara mitfinanzieren möchte (dann bitte zusätzliches Stichwort „Megara“!) und wer auch uns Akteure wieder mal mit Organisationsgeldern helfen will (dann bitte unter dem Stichwort „HDS“), der überweise uns bitte Spendengelder auf das folgende Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):
Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de
Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

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