Das vorenthaltene Recht

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Obwohl diese im Grundgesetz vorgesehen sind, sperren sich die Mächtigen noch immer gegen Volksentscheide auf Bundesebene. Seit mehr als einem Jahr protestieren hierzulande Bürgerinnen und Bürger gegen die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern. Anders als in der Schweiz, hat die Bundesrepublik seit ihrer Gründung ein handfestes Legitimitätsproblem, das eine friedlich-konstruktive Konfliktklärung in strittigen Sachfragen verunmöglicht. Aktuell zeigt sich das an den unüberwindbar erscheinenden Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern der Anti-Covid-19-Maßnahmen, wie Peter Schlefsky in seinem Beitrag erläutert. Er skizziert dabei auch einen Lösungsvorschlag als Ausweg aus der Krise: Coronamaßnahmen-Kritiker sollten sich nicht nur für das im Grundgesetz verbriefte Widerstandsrecht, sondern auch für das Abstimmungsrecht (Artikel 20/2 GG) und die daraus ableitbare dreistufige Volksgesetzgebung begeistern. Peter Schlefsky

 

Dem Ausgang des Referendums „Covid-19-Gesetz“ am 13. Juni 2021 in der Schweiz dürften in Deutschland diejenigen erwartungsvoll entgegengesehen haben, die die geltenden Corona-Bestimmungen kritisieren oder grundsätzlich infrage stellen. Knapp 40 Prozent, die ihr Votum abgaben, wollten das vom parlamentarischen Gesetzgeber im Herbst 2020 verabschiedete und in der Zwischenzeit zweimal aktualisierte Regelwerk der Eidgenossenschaft zur Pandemie-Bekämpfung nachträglich kippen. Rund 60 Prozent stimmten mit „Ja“ und damit für die Beibehaltung des Gesetzespakets. Das Referendum ergriffen hatte ein Komitee, das die in der Schweiz nötige Unterschriftensammlung von 50.000 Stimmberechtigten binnen 100 Tagen mit Erfolg organisierte, sodass überhaupt eine Volksabstimmung abgehalten werden konnte.

Neues Referendum vorbereitet

Rein ergebnisorientiert betrachtet, bleibt in der schweizerischen Corona-Politik somit alles beim Alten — vorerst, muss man an dieser Stelle einschränkend hinzufügen. Denn sowohl Jungpolitiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) als auch die „Freunde der Verfassung“ haben noch am 13. Juni 2021, dem Tag ihrer „Niederlage“, angekündigt (1), nicht locker zu lassen und ein „neues Blitz-Referendum“ einzuleiten, wie die „Neuer Zürcher Zeitung“ in ihrer Nachbetrachtung berichtet (2). Dieses zielt auf die jüngste Gesetzesrevision des Nationalrats vom 19. März dieses Jahres ab. Bis zum 8. Juli 2021 bleibt Zeit, um 50.000 Unterschriften zusammenzubekommen, um das Schweizer Stimmvolk dann voraussichtlich im Spätherbst erneut zur Abstimmung zu bitten.

Kaum Berichte im „großen Kanton“

Beim Blick in die Ausgaben der führenden Zeitungstitel in Deutschland am Tag nach dem schweizweiten Entscheid fiel auf, dass das Covid-19-Referendum in der Berichterstattung so gut wie keine Rolle spielte. Das ist erstaunlich, bleibt doch festzuhalten, dass jenseits von Bodensee und Hochrhein im Durchschnitt vier von zehn der Abstimmenden am 13. Juni 2021 signalisiert haben, dass sie in diesem Punkt mit dem geltenden Recht nicht einverstanden sind. Nicht viel hat gefehlt, und die von parlamentarischer Seite auf den Weg gebrachten Covid-19-Gesetze mitsamt Verordnungen wären mehrheitlich vom Volk zurückgewiesen worden (3). Auch in absoluten Zahlen ist das Ergebnis vielsagend: Bei einer Beteiligung von knapp 60 Prozent der Stimmberechtigten zeigte im Schnitt fast jeder vierte Schweizer Stimmbürger der Corona-Politik von Regierung und Parlament die Rote Karte.

Das „antiplebiszitäre“ Narrativ

Es wäre einem politischen Beben gleichgekommen, wenn die Corona-Kritiker beim Covid-19-Referendum den Sieg davongetragen hätten. Immerhin war es weltweit das erste Mal überhaupt, dass der Souverän in einer Demokratie, also das Volk, die Möglichkeit hatte, unmittelbar über getroffene Pandemie-Maßnahmen zu entscheiden. Und man hätte sich lebhaft die Reaktionen im angrenzenden „großen Kanton“ ausmalen können, wie gelegentlich Deutschland von seinen Schweizer Nachbarn augenzwinkernd bezeichnet wird. In Windeseile hätten sich die Lager formiert, die Debatte mit der Forderung nach der Einführung von Volksentscheiden ins Grundgesetz wäre voll entbrannt. Sogleich hätten zahlreiche Politiker, Wissenschaftler und Gegner von „direktdemokratischen Elementen“ warnend den Zeigefinger erhoben und das bekannte Narrativ bemüht, wonach die Bundesrepublik eine rein parlamentarische Demokratie und das Grundgesetz von seinen Müttern und Vätern antiplebiszitär konzipiert worden sei — basta!

„Kein Monopol für die repräsentative Demokratie“

Wenn man sich von diesem durchaus realitätsnahen Szenario abwendet und den Forschungsstand rund um die Themenstellung „Direkte Demokratie in der deutschen Verfassung“ vergegenwärtigt, gerät das angedeutete Narrativ gehörig ins Wanken. Wissenschaftliche Arbeiten und Recherchen in den 1980er-Jahren (4) haben aufgedeckt:

Die von Staats- und Verfassungsrechtlern im Nachkriegsdeutschland über lange Zeit hinweg verbreitete „herrschende Lehre“, der zufolge auf der Bundesebene Volksabstimmungen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar seien, entbehrt jeglicher Grundlage.

Wer die Protokolle des Parlamentarischen Rates durchforstet, erkennt, dass vor der Verabschiedung des Grundgesetzes am 8. Mai 1949 von einer durchgängig antiplebiszitären Haltung in den Ausschusssitzungen nicht die Rede sein kann (5). „Wir wollen kein Monopol für die repräsentative Demokratie“, betonte beispielsweise der SPD-Politiker Carlo Schmid während der damaligen Beratungen.

Wahlen: Ja, Abstimmungen: Fehlanzeige

Am 23. Mai 1949 trat schließlich das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. In Artikel 20 Absatz 2 wurde normiert: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe (…) ausgeübt.“ Seit 72 Jahren wird regelmäßig der Bundestag von der stimmberechtigten Bevölkerung gewählt, über Bundesgesetze abstimmen konnte das Volk als Souverän in der Demokratie — was aus dem Griechischen übersetzt Volksherrschaft heißt — bislang kein einziges Mal.

Auch rechtssystematisch ist dieses Versäumnis nicht nachzuvollziehen. Da laut Artikel 79 Absatz 3 GG „die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze“ nicht geändert werden dürfen und plebiszitäre Prozesse bei einer territorialen Neugliederung von Bundesländern (siehe Art. 29 GG) lediglich auf Teilgebiete des gesamten deutschen Staatsgebietes zutreffen, kann sich das in 20/2 GG verankerte Abstimmungsrecht letztlich nur auf Entscheidungen der gesamten Stimmbürgerschaft in bundespolitischen Angelegenheiten beziehen. Ein weiteres Argument ist der Tatbestand, dass in mehreren deutschen Landesverfassungen die Formulierung „Wahlen und Abstimmungen“ als Staatsfundamentalnorm im selben Wortlaut aufgenommen und das Abstimmungsrecht in diesen Bundesländern in der Zwischenzeit — freilich mit bis auf den heutigen Tag großenteils unpraktikablen Verfahren, welche direkte Demokratie eher verhindern als ermöglichen — geregelt worden ist. Warum sollte, was im Kern für die Länder gilt, nicht auch für den Bund zutreffen?

CDU/CSU als Bollwerk

Allein an der Verfügbarkeit der Möglichkeit, nicht nur im Bundestag, sondern aus der Mitte der Bevölkerung heraus Gesetzesinitiativen ins Spiel zu bringen und diese außerparlamentarisch bis zum verbindlichen Volksentscheid zu verfolgen, hapert es also — und das bis in die Gegenwart! Kein Wunder, stellt sich doch an diesem Punkt die Machtfrage, wer also in öffentlichen Angelegenheiten letztlich das Sagen hat. Womit wir bei den Parteien und deren Omnipotenz in der politischen Willensbildung angelangt sind (6). Knapp 20 Eingaben an den Petitionsausschuss des Bundestags, Kampagnen mit der Sammlung von Millionen von Unterschriften sowie eine selbstorganisierte Ur-Abstimmung 1988/89 mit mehr als zwei Millionen in Umlauf gebrachten Stimmbriefen haben es in den vergangenen Jahrzehnten nicht vermocht, die Staatsorgane zu bewegen, ein Bundesabstimmungsgesetz zu beschließen oder — es wäre der eigentliche Königsweg — den Souverän selbst darüber entscheiden zu lassen, ob und wie er die Bundespolitik aktiv mitgestalten möchte (7).

Das lag bis zuletzt in erster Linie an CDU und CSU, deren Vertreter alle Versuche einer grundgesetzlichen Ausgestaltung der direkten Gesetzgebung beharrlich abblockten.

Womit ein wesentlicher Punkt für die Option der Volksgesetzgebung auf Bundesebene ignoriert wird. Denn die Legitimität der Wahl einer Volksvertretung (Parlament) beschränkt sich in einer Demokratie darauf, dass Personen (Politiker) für eine gewisse Zeit in ein Gremium entsandt werden und aus dieser Position heraus mit der Rechtsetzung (Gesetzgebung) beauftragt sind. Daraus abzuleiten, dass sämtliche von einem Parlament während einer Amtszeit (Legislaturperiode) getroffenen Entscheidungen allein durch den Wahlakt legitimiert sind, verkennt jedoch den grundlegenden Charakter der uneingeschränkten Volkssouveränität.

Der springende Punkt: Für und Wider in den Medien

Ebenso wie Firmeninhaber im Geschäftsleben einem weisungsgebundenen Mitarbeiter Handlungsvollmacht (Prokura) erteilen und diese auf Verlangen jederzeit ausweiten, einschränken oder widerrufen können, muss in einem demokratischen Gemeinwesen die Möglichkeit bestehen können, aus der Mitte der Bürgerschaft jederzeit die Initiative zu ergreifen und Gesetzesanliegen mit einem genügenden Maß an Unterstützung — mittels Unterschriftensammlung — an das Parlament zu richten (Volksinitiative, erste Stufe). Nach erfolgter Ablehnung kann Stufe 2 gezündet und über ein Volksbegehren bis hin zu Stufe 3, der Beschlussfassung durch die Gesamtheit der Stimmberechtigten (Volksentscheid), weiterverfolgt werden.

Dass in diesem plebiszitären Prozess der dreistufigen Volksgesetzgebung den Massenmedien — Presse, Funk, Fernsehen — und mittlerweile auch den sozialen Medien für eine sachgemäße Urteilsbildung der Bevölkerung die zentrale Rolle zufällt, versteht sich von selbst. Vorschläge für die ausgewogene Berichterstattung von Für und Wider vor einem Volksentscheid sowie für die Informationspflicht über die Anliegen der in den Bundestag eingebrachten Volksinitiativen sowie eingeleiteten Volksbegehren sind fundamental fürs Gelingen eines offenen Austausches von Ideen und Positionen.

Popularvorbehalt und fehlende Legitimität

Ist der Weg der Gesetzgebung aus der Mitte der Bevölkerung nicht gangbar und der „Popularvorbehalt“ (Christian Pestalozza) dadurch dauerhaft außer Kraft gesetzt, fehlt den politischen Entscheidungen für das Gemeinwesen die demokratische Legitimation. Hierdurch gerät der Staat im Laufe der Zeit zwangsläufig in Schieflage. Immer wieder von Neuem schlitterte die Bundesrepublik im Laufe ihres 72-jährigen Bestehens in krisenhafte Situationen. Diese treten stets dann auf, wenn ein gewisses Maß an Unzufriedenheit mit Entscheidungen des gewählten Parlaments in der Bevölkerung besteht und Bürger(initiativen) neue Rechtsideen in einzelnen Lebensbereichen einbringen möchten, dieses ihnen jedoch verwehrt ist.

Mit der fehlenden Volksgesetzgebung können die Stimmberechtigten nur indirekt mittels Wahl ihrer Repräsentanten auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen — und das wohlgemerkt auch nur alle vier Jahre. Entscheiden tun ihre Vertreter — und entmündigen somit dauerhaft ihren Auftraggeber, den eigentlichen Souverän, das Volk.

Der von Rolf Henrich 1989/90 in seinem Buch gleichen Namens auf die einstigen DDR-Verhältnisse gemünzte Begriff „vormundschaftlicher Staat“ trifft im Grunde genommen auch auf das wiedervereinte Deutschland zu. Schon davor zeigten beispielhaft die Kontroversen rund um die „Wiederbewaffnung“ (1950er-Jahre), der „NATO-Doppelbeschluss“ oder der „Tschernobyl-Atomausstieg“ (1980er-Jahre) sowie die „Artikeldebatte“ rund um die deutsche Wiedervereinigung (1989/94) auf, dass auch die „alte“ Bundesrepublik Deutschland ein Legitimitätsdefizit hatte.

Es wäre, damals wie heute, beseitigt worden, wenn der Weg zu Volksinitiativen aus der Mitte der Gesellschaft zu Volksbegehren und Volkentscheiden bestanden hätte. Um diesen überaus wichtigen Punkt der demokratischen Legitimation von gesetzgeberischen Entscheidungen nochmals zu präzisieren: Es geht nicht darum, dass über jedes vom Bundestag — teils auch Bundesrat — verabschiedete Gesetz eine Volksabstimmung anberaumt werden muss. Aber die Möglichkeit muss jederzeit bestehen können, zu einem parlamentarisch beschlossenen Gesetz eine andere rechtliche Regelung ins Soziale einzubringen. Die Legitimität der Demokratie wurzelt in der prinzipiellen Verfügbarkeit des Gesetzesinitiativ- und Abstimmungsrechts des Volkes. Wird der Souverän nicht tätig, hätte er zumindest die Chance dafür gehabt. Wenn er nicht tätig werden kann, dann gibt es ein handfestes Problem.

Abhilfe gemäß Art. 20/4 GG ist möglich!

Seit Frühjahr 2020 beherrscht der Dauerbrenner „Corona“ den öffentlichen Diskurs. Hier prallen Standpunkte über Sinn und Zweck der regierungs- und parlamentsseitig getroffenen Maßnahmen oft unvermittelt und unversöhnlich aufeinander. Erlebt wird eine soziale Polarisierung, vor allem Coronakritiker beklagen Medienzensur, Ausgrenzung und Diffamierung. Wer in der „Querdenkenbewegung“ den Unmut kundtut, begründet das Engagement damit, die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen, um die Grundrechte vollumfänglich ausüben zu können. Da wird das eingeschränkte und bisweilen verwehrte Demonstrationsrecht eingeklagt und sich auf das grundgesetzlich normierte Widerstandsrecht in Artikel 20 Absatz 4 bezogen — und unterstellt, dass ja im Moment „andere Abhilfe nicht möglich“ sei.

Doch genau dies ist möglich, jedenfalls im Grundsatz: Zwei Absätze vor dem Widerstandsrecht, in Ziffer 2 von Artikel 20 Grundgesetz, ist das Abstimmungsrecht verankert. Versunken im Dornröschenschlaf und seit nunmehr 72 Jahren nicht zum Leben erweckt. Diese Tatsache hatten führende Köpfe der Querdenkerbewegten bisher so gut wie überhaupt nicht auf dem Schirm (8). Sie klagten und klagen weiterhin lieber vor Gerichten, rufen zur Teilnahme an genehmigten und teils auch verbotenen Kundgebungen auf und setzen, womöglich ungewollt, auf Konfrontation.

Wäre es nicht ein lohnendes Unterfangen für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, zu versuchen, Rechtsideen über das geregelte Gesetzesinitiativ- und Abstimmungsrecht des Volkes auf Bundesebene zugänglich und womöglich im Volksentscheid, nach breiter öffentlicher Debatte von Für und Wider, auch mehrheitsfähig zu machen? Immerhin scheint bei einzelnen Querdenken-Wortführern jetzt ein Umdenken in Richtung Volksgesetzgebung einzusetzen (9). Und schon seit Beginn der Corona-Krise hätten Kritiker an der bestehenden Politik auf Länderebene längst die Möglichkeit gehabt, Gesetzesinitiativen direktdemokratisch ins Spiel zu bringen und nicht nur, wie aktuell in Bayern, den Landtag abberufen zu wollen (10).

Nicht am Bewusstsein vorbei einführen

Die Regelung zur dreistufigen Volksgesetzgebung mit Medienbedingung ist ein sachgemäßer Vorschlag, wie das Abstimmungsrecht auf der Höhe der Zeit gedacht, ausgestaltet und ausgeübt werden kann. Erst wenn diesen eine Mehrheit in einer erstmalig bundesweiten Volksabstimmung befürworten würde, sollte er Eingang ins Grundgesetz und, was viel wichtiger ist, in die Herzen der Menschen finden. Eine Einführung „von oben“ durch Bundestag und Bundesrat oder gar durch das Bundesverfassungsgericht aufgrund einer vorangegangenen Klage würde vorbei am Bewusstsein der Menschen erfolgen — eine Riesenchance wäre dadurch vertan.

Wenn wir Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nicht, wie am 13. Juni 2021 beim Covid-19-Referendum in der Schweiz geschehen, in direktdemokratischer Hinsicht weiterhin nur Zaungäste bei der gelebten Aktivbürgerschaft unserer eidgenössischen Nachbarn bleiben wollen, dann wird es allerhöchste Eisenbahn, das Dilemma zu erkennen und gemeinsam tätig zu werden, um es endlich zu beenden. Wie hieß es schon bei Goethe in „Das Märchen“: „Ein Einzelner hilft nicht, sondern wer sich mit vielen zur rechten Stunde vereint.

 

Quellen und Anmerkungen:

(1) Siehe Liveticker unter www.srf.ch/news/abstimmungen-13-juni-2021.
Insgesamt hatte die stimmberechtigte Schweizer Bevölkerung an jenem Wochenende auf Bundesebene über fünf Gesetzesvorlagen zu entscheiden. Hinzu kamen, je nach Wohnsitz, zahlreiche kantonale sowie kommunale Abstimmungen.
(2) Hansueli Schöchli, „Gegner des Covid-19-Gesetzes geben noch nicht auf“; in: NZZ vom 13. Juni 2021, S.7
(3) Die Bedeutung des Abstimmungsresultats von Sonntag wird nicht dadurch geschmälert, dass in der öffentlichen Debatte darauf verwiesen wurde, dass auch das geltende Epidemiegesetz und in Notfällen sogar die Bundesverfassung die Rechtsgrundlage für Maßnahmen gegen Covid 19 in der Schweiz bilden können.
(4) Vergleiche unter anderem: Flensburger Hefte Nr. 24 („1789-1989, Direkte Demokratie“), Nr. 25 („Rechtsleben und soziale Zukunftsimpulse“), Sonderheft Nr. 5 („Volksgesetzgebung und Volkssouveränität — Die Kernpunkte der Demokratiefrage“)
(5) Den Begründungszusammenhang, wonach das Abstimmungsrecht in Art. 20/2 GG nicht, wie analog beim Wahlrecht, vom Parlamentarischen Rat bzw. dem später gewählten Deutschen Bundestag per Ausführungsgesetz konkretisiert wurde, stellt Otmar Jung zusammenfassend in seinem Buch „Grundgesetz und Volksentscheid“ (1994) und in Vorarbeiten während der 1980er-Jahre dar. Jung fand heraus, dass ein wesentlicher Punkt der „plebiszitären Quarantäne“ im ausgearbeiteten Grundgesetz der aufziehende Kalte Krieg mit den einhergehenden Versuchen des SED-Regimes in der entstehenden DDR gewesen war, Forderungen nach deutschlandweiten Volksabstimmungen für eigene Machtzwecke zu instrumentalisieren.
(6) Im Grundgesetz ist fixiert, dass „die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken“ (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG). Faktisch leben wir jedoch in der Bundesrepublik Deutschland seit Anbeginn in einem Parteienstaat, der sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens durchzieht.
(7) Diesbezügliche Kampagnen zur Einführung der Volkgesetzgebung ins bundesdeutsche Verfassungsrecht sind unter anderem online nachzulesen unter www.mehr-demokratie.de und www.wirsinddeutschland.org/dokumentation.
(8) Eine Ausnahme stellt Thorsten Schulte dar, der sich dem coronakritischen Lager zurechnet und mit der Parteiinitiative „Die Direkte“ seit geraumer Zeit unermüdlich auf das verwehrte Abstimmungsrecht des Volkes inklusive Medienbedingung (!) hinweist (www.diedirekte.de). Warum sein Regelungsvorschlag, der auf schweizerischem Vorbild fußt, ein wesentliches Element unberücksichtigt lässt, darauf kann hier nicht näher eingegangen werden und wird zu gegebener Zeit gesondert erläutert.
(9) So schrieb Querdenker-Anwalt Ralf Ludwig am 19. Juni 2021 in seinem Telegram-Kanal: „Es gibt nur eine Lösung. In Zukunft müssen wesentliche Entscheidungen wir alle zusammen treffen. Es wird höchste Zeit für direkte Demokratie.“ In ähnlicher Weise äußerte sich Michael Ballweg von Querdenken 711 bereits in einem am 6. Oktober 2020 veröffentlichten Interview mit Ken Jebsen: „Das wäre eine (Möglichkeit). Da müssten natürlich auch die Medien mitspielen.“ Öffentlich explizit hingewiesen hat bislang keiner der coronakritischen Leitfiguren auf die Klärung der Demokratiefrage im Lichte der Legitimitätsdefizits bundesdeutscher Politik und dessen Abhilfe durch die Einführung der dreistufigen Volksgesetzgebung mitsamt einer entsprechenden medienrechtlichen Komponente.
(10) Siehe online unter www.buendnis-landtag-abberufen.de

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