Die Nachbarn verstehen (9)

 In FEATURED, Frank Nonnenmacher, Politik (Ausland)

Die Bewegung der „gelben Westen“ in Frankreich – Erfahrungen und Einschätzungen. In unserem Nachbarland geht es rund. Nachdem Emmanuel Macron – eigentlich erwartungsgemäß – eine gnadenlos neoliberale Agenda durchgesetzt hat, trifft ihn der Zorn der Abgehängten, der sich in den Protesten der “gilets jaunes” bündelt. Fast nur noch ausländische Investoren ermutigen den smarten Präsidenten zu einem “Weiter so!” Die Deutschen, denen derart heftige Proteste eher fremd sind, schauen staunend gen Westen. Leider ist nicht klar, wohin dieser Umwälzungsprozess führen soll. Eventuell wird dabei nicht nur die Farbe Geld, sondern auch Braun ein Wörtchen mitzureden haben.  Frank Nonnenmacher

 

Seit 17 Jahren leben wir, meine Frau Eva und ich, nun regelmäßig mehrere Monate im Jahr in „unserem“ kleinen Dorf in der Nähe der Kleinstadt Uzès. Wir haben viele französische Freunde gefunden, haben sensationell aufgeschlossene und zugewandte Nachbarn, sind aktive Mitglieder in einem Kulturverein, der unter anderem jedes Jahr einen alternativen „11 novembre“ (Waffenstillstand zum Ende des ersten Weltkriegs, ein nationaler Feiertag) organisiert (siehe „die Nachbarn verstehen“ 4 und 5). Wir sind bei den Dorffesten dabei, regelmäßig am Bouleplatz und auch dabei, wenn am „fêtevotive“ die Stiere losgelassen werden.

Die meisten Menschen, mit denen ich zu tun habe, sind Winzer (davon nur wenige mit eigener Kellerei, die meisten liefern an die cave coopérative ab), selbstständige bricoleurs (Handwerker als Einmannbetrieb), Arbeiter, Helfer in der Landwirtschaft, aber auch Zahnarzthelferin, Sozialarbeiterin, der Bürgermeister (auch er ein Winzer), ein Hochschullehrer und viele Rentner, darunter kaum jemand mit einer Rente, die man „üppig“ nennen könnte.

Und natürlich wissen alle, dass ich der Deutsche bin „qui est toujours curieux“, der immer neugierig nachfragt. Das geht auch ganz gut und die Meinungen fließen sprudelnd, wenn ich Stichworte wie Steuern, Renten, Preise, Zukunft und Regierung fallen lasse und selbst nicht viel dazu kommentiere. Die Gespräche sind meist beiläufig: während des boule-Spiels, im Café in Uzès, bei Zufallstreffen oder am Gartenzaun. Sätze, die mir – übrigens seit vielen Jahren – immer wieder begegnen, sind folgende:

„Mit der Landwirtschaft geht’s bergab. Wir können nicht mehr von unserer Arbeit leben, wir müssen um Subventionen betteln und uns von Brüssel vorschreiben lassen, was und wie wir es anbauen.“

„Die Renten, die wir bekommen, sind zum Leben zu viel, zum Sterben zu wenig.“

„Die Preise steigen, aber die Löhne hinken immer hinterher.“

„Unsere Kinder lernen nichts mehr in der Schule – die Lehrer streiken ja ständig.“

„Die Migranten haben alles und der einfache französische Bürger wird nur gemolken.“

„Die in Paris machen ja doch was sie wollen; ich gehe gar nicht mehr wählen.“

Wenn ich demokratische Standards verteidige und versuche Europa als positives Projekt darzustellen, merke ich bald, dass ein Gespräch, das mehr in die Tiefe gehen könnte, nicht wirklich gewollt ist. Meistens wollen meine Gesprächspartner Gedanken von sich geben, die scheinbar evident sind. Meine Einwände werden nicht wirklich geprüft, aber man billigt mir als dem wissbegierigen Fremden zu, dass ich ein Optimist sei, an das Gute im Menschen glaube, aber als Ausländer eben Frankreich – und vor allem den Menschen im Süden – nicht wirklich verstehen könne. Man zählt mich zu den „intellectuels“, was nicht als Schmeichelei, sondern eher als wohlwollende Attestierung einer gewissen Weltfremdheit zu verstehen ist.

Natürlich gibt es auch – eher bei wechselseitigen Einladungen zum Abendessen – tiefer gehende Gespräche mit politikinteressierten Menschen, die Europa als Sozial-und Friedensprojekt befürworten und die Macron im zweiten Wahlgang trotz seiner neoliberalen Wirtschaftspolitik widerwillig und nur deshalb gewählt haben, weil sie Le Pen verhindern wollten.

Und dann geht es immer wieder um Macron: Seine Beliebtheitskurve sinkt stetig. Waren es im Juni 1017 (nach seiner Wahl zum Präsidenten) 64%, im August 2017 40%, so sind es jetzt im November 2018 gerade mal 25%, die mit dem Präsidenten „eher zufrieden“ bzw. „sehr zufrieden“ sind, wobei der Anteil der „sehr Zufriedenen“ nur noch 4% beträgt. Für diesen beispiellosen Sympathieverlust (schlimmer als bei Sarkozy und Hollande) hat Macron selbst viel beigetragen. Schon direkt nach seiner Wahl hat er den Ruf eines kalten Neoliberalen bestätigt, indem er ein wirtschaftsfreundliches „loi de travail“ (Arbeitsrecht) erließ, die Aushebelung von Tarifverträgen erleichterte, die Vermögenssteuer fast ganz gestrichen und Massenentlassungen erleichtert hat (siehe „die Nachbarn verstehen – 7“).

Dann hat es einige Szenen gegeben, die seinen Ruf als „président des riches“ (Präsident der Reichen) untermauern. So will er den Wohnkostenzuschuss für die Sozialhilfeempfänger um fünf Euro monatlich kürzen: „Die gekürzte Wohnungsbeihilfe soll den Staat nämlich um 100 Millionen Euro entlasten – während die Steuererleichterung für die Wohlhabenden den Staat zwischen drei und vier Milliarden Euro kosten wird. Eine Steuererleichterung ‚für die Reichen‘, wie Macrons Premierminister Édouard Philippe freimütig in einem Interview mit der Financial Times in London einräumte“ (Die Zeit vom 25. 7. 2017). Als ihn Mitte September ein arbeitsloser Gärtner ansprach, meinte er, es sei kein Problem Arbeit zu finden: „Je traverse la rue et je vous en trouve.“ (Ich brauche bloß über die Straße gehen, da finde ich einen Arbeitsplatz). Kurz darauf wurde bekannt, dass für den Élysée-Palast neues Tafelgeschirr für 50.000,00 € bestellt wurde und die Sommerresidenz mit einem neuen Swimmingpool für 34.000,00 € ausgestattet werden soll. Auf der anderen Seite soll die CSG (contribuation sociale généralisée; eine steuerähnliche Sozialabgabe auf Erwerbseinkommen zur Sanierung der Sozialversicherung) um 1,7% auf 9,2% erhöht werden.

Zudem kamen Macron im Laufe des Jahres 2018 wichtige Minister abhanden. Erst trat der Umweltminister Nicolas Hulot (zuvor beliebter Fernsehmoderator und Umweltaktivist) Ende August zurück, dann schmiss zwei Monate später der Innenminister Gérard Collomb hin. Beide mit für Macron desaströsen Kommentaren: Es gebe in der Regierung einen „Mangel an Demut“ (Collomb) bzw. „Ich will nicht länger lügen“ (Hulot).

Und dann kam – mit der Begründung den CO2-Ausstoß zu verringern – die Erhöhung der Kraftstoffsteuern zu Beginn des Jahres 2018: auf Benzin um 3,9 Cent und von Diesel um 7,6 Cent. Als dann weitere Erhöhungen für 2019 angekündigt wurden, gab es ein erstes kritisches Rauschen im Blätterwald, vor allem in den ländlichen Monopolblättern.

Für viele der etwa 15 Millionen Französinnen und Franzosen, die auf dem flachen Land wohnen, hat ein Benzinpreis von jetzt über 1,50 € und die Befürchtung weiterer Preissteigerungen dramatische Folgen. Ich kenne in „unserem“ Dorf keine Familie, in der nicht wenigstens zwei PKW existieren. Wie in den meisten kleineren Dörfern gibt es vor Ort weder Bäcker, Metzger oder Einkaufsladen, keinen Arzt, keine weiterführende Schule, keinen Bahnhof und keine öffentliche Verkehrsverbindung, noch nicht einmal ein Café, geschweige denn ein Kino oder ein Theater. Zur nächstenStadt, in der es alles das gibt, muss man mindestens 20 Kilometer zurücklegen. Also wird der PKW – zwangsläufig – bei Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen oder aus anderen unvermeidbaren Gründen täglich benutzt. Es ist offensichtlich, dass dies insbesondere bei geringer Verdienenden, die es ja schon wegen der hohen Mietpreise in den Städten in vielen Fällen aufs Land getrieben hat, zu einem erheblich ins Kontor schlagenden Kostenfaktor wird.

 

Blockade bei Montélimar

Text des Plakats: Bei Macron steigt alles, sogar unser Zorn; © Frank N.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mitte November formulierte sich dann der Protest. Eine Initialzündung war ein über die sozialen Netzwerke inzwischen über 7 Millionen mal angeklicktes Handy-Video von etwa 4 Minuten, in dem eine bis dahin völlig unbekannte Jacline Mouraud ihrem Unmut Luft macht. Hier einige Auszüge:

„Guten Tag, zusammen. Ich mache heute ein kleines Video mit einem Aufschrei. Ich möchte zwei kurze Worte an Herrn Macron und seine Regierung richten.Die Steigerung der Kraftstoffpreise – ein Euro fünfzig, aber niemand beschwert sich. Warum? Weil wir nicht genug Geld haben, um auf die Straße zu gehen! Wir müssen arbeiten, damit wir die Steuern zahlen können, die Sie uns netterweise zum Ende des Jahres zuzusenden planen. Wie lange soll das noch so weitergehen? Und dann – die Jagd auf die Dieselfahrzeuge geht weiter? Sie geht weiter. Vor zehn Jahren haben Sie uns allen Dieselfahrzeuge zum Kauf bewegt – weil die wohl früher weniger die Umwelt verschmutzen. Das waren zwar nicht Sie, aber das ist egal, weil Sie uns heute damit peinigen. Und nun? Alle Dieselfahrzeuge stören Sie. Deswegen sollen wir sie austauschen? Dass es Sie stört, reicht nicht aus, um mir Mittel zu verschaffen, damit ich mein Auto wechseln kann. Ihre mini-Förderung, die zu nichts gut ist, wird nicht reichen, um den ganzen französischen Fahrzeugpark zu wechseln.(…) Es lohnt nicht, dass Sie bleiben, um solchen Mist weiter zu machen. (…) Wir sind zum Objekt einer Verfolgungsjagd geworden. Jedesmal, wenn wir ins Auto steigen, werden wir als potenzielle Zahler gesehen, wenn wir volltanken, wenn wir falsch parken oder bei Geschwindigkeitsüberschreitung um einen Kilometer pro Stunde erwischt werden. Sie zahlen natürlich keine Strafe, weil Sie mit Ihrer Staatskarosse fahren, umsonst. Sie haben kein Problem, ist ja klar. (…) Wir leben nicht alle in der Stadt. Ich fahre 25.000 km pro Jahr, weil ich keine andere Wahl habe, als mein Auto zu nehmen – Luftverschmutzung hin oder her. Apropos Verschmutzung. Sie sprechen niemals über die Luftverschmutzung der Flugzeuge. Das verstehe ich wohl, da steckt doch eine Lobby dahinter. Ich frage Sie zum wiederholten Male: Wohin geht Frankreich, Herr Macron, wo gehen wir hin? Sicherlich nicht dahin, wo Sie uns sagten, als wir Sie gewählt haben“.

Am 17. November war dann der erste große Protesttag. Ohne jede Führung durch Gewerkschaften, Parteien oder sonstige Großorganisationen zogen über 300 000 Menschen gelbe Warnwesten (giletsjaunes) an, demonstrierten ihren Zorn und legten durch Blockaden von Kreuzungen und Mautstellen den Verkehr lahm. Auch wir sind hineingeraten und mussten erst bei Bollène, dann bei Montélimar insgesamt etwa eine Stunde stehen. Die Aktivisten waren keineswegs aggressiv. Sie erklärten uns freundlich ihre Motive, machten ob ihrer offensichtlichen momentanen Macht eher einen euphorisierten Eindruck und posierten gerne für Fotos. Inhaltlich blieb alles so oberflächlich wie bei Jacline Mouraud; es sei doch logisch, dass Macron zurücktreten müsse und wir müssten halt verstehen, dass viele Menschen „ras-le-bol“, also „die Schnauze voll” hätten. Nein, man sei nicht unbedingt für Le Pen und vertraue auch den anderen Politikern nicht, aber es müsse eben alles „irgendwie anders“ werden.

Die Vorschläge der Macron-Regierung angesichts der Proteste sehen so aus: Wenn, wie dies einzelne Regionen, wie z. B. “Hauts-de-France“ (die fünf nördlichen Departements) vorhaben, denjenigen, die täglich mehr als 60 Kilometer zur Arbeit fahren müssten, 20 Euro monatlich Zuschuss gezahlt würden, dann könnte diese Summe steuerfrei gestellt werden. Außerdem schlug der Haushaltsminister Gérald Darmanin vor, man könne den „Energiescheck“, der den untersten Einkommensgruppen jährlich ausgestellt wird, ab 2019 von 150,00 auf 200,00 € erhöhen. Macron selbst gab sich jetzt demütig und bekannte am 14. November spektakulär auf dem Flugzeugträger „Charles-de-Gaulle“ in einem Interview und: „Ich habe es noch nicht geschafft, das französische Volk mit seiner Führung zu versöhnen.“ Und fügte hinzu: „Unsere Mitbürger wollen drei Dinge: dass man sie wahrnimmt, dass man sie schützt und dass man Lösungen vorschlägt.“ Man müsse ihre „souffrance“ (Leiden) und ihr „sentiment de déclassement ou d’abandon“ (Gefühl von Deklassierung oder zu den Aufgegebenen zu gehören) verstehen. In der französischen Presse kam das durchweg schlecht an. Ein Leitartikler schrieb beispielsweise: „Die Staatsmacht benimmt sich wie ratlose Eltern angesichts eines grundlos aufsässigen Jugendlichen: Sie versucht sein Vertrauen zurückzugewinnen, indem sie an seine Vernunft appelliert.“ (Gérard Courtois in „Le Monde“ am 21. Nov. 2018)

Zum Zwecke der weiteren „Versöhnung“ zwischen Volk und Führung hat Macron jetzt vorgeschlagen, die Mineralölsteuern nicht automatisch mit den Preisen steigen zu lassen, sondern sie flexibel zu gestalten. Die inzwischen gewählten Sprecher der „giletsjaunes“ – sämtlich bisher unbekannte Aktivisten – zeigten sich nicht beeindruckt und haben weitere Blockaden und Demonstrationen angekündigt. Sie bedauerten die Gewaltakte, die sich am 25. November im Zusammenhang mit der Demonstration in Paris abspielte und erklärten, dass hier einzelne Provokateure am Werk gewesen seien. Auch wiesen sie „Anbiederungen“ von Versuchenzurück, die Proteste zu vereinnahmen. Solche Erklärungen hatten vor allem Le Pen (RN „Rassemblement National“, früher FN „Front National“), Melenchon  („La France insoumise“) und Wauquiez, der Chef der konservativen „Republikaner“, abgegeben.

Aus: l’opinion vom 19. Nov. 2018

Die dargestellten Personen sind v. l. n. r.: Melenchon, Wauquiez, Le Pen

 

 

 

 

 

 

Die Situation von Macron ist bemitleidenswert. In der Europapolitik mit großem Elan und Hoffnungen auf Deutschland gestartet, ließ ihn die lange mit sich selbst beschäftigte deutsche Regierung (im Hinblick auf einen europäischer Finanzminister, einen europäischen Investitionsfonds, europäische Steuerharmonisierung) mit Formelkompromissen hängen. Auf andere europäische Regierungen kann er kaum hoffen, die zeigen die kalte Schulter (Österreich, Benelux) sind ganz abhandengekommen (Großbritannien), oder sind mehr oder weniger deutlich auf dem Rückzug in den Nationalstaat (Italien, Polen, Ungarn, z.T. auch Österreich).

Innenpolitisch – so sieht es aus – fliegt ihm der Laden um die Ohren und niemand kann sagen, was aus einer unkalkulierbaren Bewegung wie der „gilets jaunes“ werden wird. Es ist ganz offensichtlich der Zorn der Abgehängten, die es nicht nur in den Vorstädten der Großstädte, sondern auch auf dem flachen Land gibt, „Mit zunehmender Distanz zum nächsten Bahnhof steigt die Bereitschaft, Le Pen zu wählen“, so bringt es der aktuell in Frankreich neu entdeckte Sozialgeograph Christophe Guilluy auf den Punkt. „Aufgrund seiner Analysen von Karten, Bevölkerungszahlen und Wahlresultaten zeigte er als erster auf, dass sich Frankreichs Probleme keineswegs auf die Banlieues der Einwanderung erstrecken. Die Gewinner der Globalisierung vertreiben ihre Opfer vielmehr ganz aus den Städten. Die Metropolen blühen, die Provinzen veröden. An diesem Graben entschied sich die Wahl in Frankreich wie in den Vereinigten Staaten. Donald Trump setzte auf die bedrohte Unterschicht, Emmanuel Macron auf die urbane Elite – und beide handelten im Bruch mit dem eigenen Lager.“ (Jürg Altwegg unter Berufung auf Guilluy in FAZ am 27. Nov. 2018)

Es bleibt abzuwarten, ob die beiden Strömungen, die die Früchte der aktuellen Erhebungen beerben wollen, wenn sie früher oder später abebben wird, tatsächlich ernten können; darauf warten sowohl der antieuropäische und klassisch nationalistische RN von Marine Le Pen oder die kapitalismuskritische und linksnationalistische Bewegung Melenchons.

Ganz andere Hoffnungen hegen viele derjenigen, die in den lokalen Monopolblättern zur Zeit breiten Raum erhalten:

 

Aus: Midi libre vom 17. Nov. 2018

 

 

 

 

 

 

Ich übersetze hier nur die letzten 10 Zeilen: „Die Regierungen sind vom Finanzsystem und den Lobbies dominiert. Und in Frankreich haben sie einen Banker an die Macht gebracht. Ich hoffe, dass der 17. November ein nationales Fest wird wie der 14. Juli 1789 und dass Köpfe fallen werden.“

Bei all diesen schlechten Nachrichten bleibt für Macron-Freunde ein Trost: Es gibt eine allerjüngste Umfrage, bei der er blendend dasteht. Die Befragung von über 200 in Frankreich ansässigen ausländischen Firmen ergab, dass 95% dieser Firmen die Lage in Frankreich so einschätzen, dass die in den letzten achtzehn Monaten durchgeführten Reformen „in die richtige Richtung gehen“. Es müsse aber noch mehr für die Senkung der Arbeitskosten getan werden. Zitiert wird die Unternehmenschefin der Firma Henkel, die konstatiert: „Frankreich ist zurück in der Spur, hat aber noch nicht gewonnen.“ (Le Monde vom 23. Nov. 2018, S. 3)

Aus meiner Sicht wären Macron und seine Unterstützer gut beraten, wenn sie ihre radikale kapitalfreundliche Politik zumindest vorübergehend aufgeben und alles unternehmen würden, um die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung deutlich zu stärken. Höhere Löhne (auch als staatlicher Arbeitgeber) durchsetzen, investive Staatsausgeben steigern (öffentlicher Verkehr, nicht-atomare Energiegewinnung, Bildungs- und Gesundheitssystem), europäisch vereinbarte stärkere Belastung der Spitzeneinkommen und der Kapitalbesteuerung (Finanztransaktionssteuer; Schließung von Steueroasen für Konzerne) vereinbaren und flexibel auf Brüsseler Spardiktate zu reagieren, dies wären die klassischen – durchaus marktkonformen – Maßnahmen dazu. Denn auch wenn die „gilets jaunes“ als Bewegung wieder abebben und nicht über das Niveau einer planlosen Gegen-die-da-oben-Stimmung hinauskommen wird, die Abgehängten dieser Erde werden ihre Reaktion bei den nächsten Wahlen zeigen, entweder durch eine noch größere die Demokratie delegitimierende Abstinenz oder durch die Ermächtigung von Nationalisten unterschiedlicher Couleur.

 

 

 

 

 

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