Eulenfeder: Das Leistungsprinzip
Autor und Kommentarspalten-Megastar Eulenfeder arbeitet derzeit nichts. Und er bezieht trotzdem staatliche Leistungen. Nichts tun – das ist ein geringes Übel im Vergleich zu dem Tun bestimmter Berufssparten, die sich mit großem Arbeitseifer dem Zerstören und Ausplündern gewidmet haben. Politiker, Banker, Militärs – hätten sie doch besser nichts getan als immer und immer wieder das falsche! Und wer schmarotzt eigentlich in wirklich großem Umfang: der Erwerbslose, der mit 800 Euro mehr schlecht als recht lebt – oder Zocker, Absahner und Spekulanten, die die Gemeinschaft um Millionen schädigen? Nicht nur „Leistungen“ auf destruktiven Gebieten – etwa bei Töten oder beim Sozialabbau – sind jedoch schädlich; das Leistungsprinzip selbst hält eine ganze Gesellschaft im Hamsterrad gefangen, hindert Menschen an Muße, am Spüren, am Zu-sich-Kommen, an allem, was Leben lebenswert macht. Das hat System. Wer bis zum Burnout werkelt, und sei es für einen konstruktiven Zweck, der hat dennoch einem destruktiven „Kulturideal“ seine Referenz erwiesen: dem Leistungsprinzip. Eulenfeders Botschaft „Ich bin ein Sozialschmarotzer – und das ist gut so“ ist irritierend; im Kontext seiner hier dargelegten Weltsicht regt sie jedoch zum Nachdenken an.
zugegeben – and no problem at all to admit that -, ich leiste nichts! einen leistenbruch täglich müsste man befürchten, wenn man sich innerhalb dieser leistungsgesellschaft unter diesem leistungsdruck mehr leisten können wollte als die blanke existenz: kaum mehr als die lebensnotwendigen dinge.
um mir diese leisten zu können, nehme ich vom staat, was ich bekommen kann, ohne eine gegenleistung zu erbringen. Ja – ein parasit, ein sozial-schmarotzer bin ich, lebe auf kosten der gemeinschaft, hemmungslos. und habe dabei nicht einmal so viel schlechtes gewissen, dass es unter dem zehennagel der kleinen zehe platz hätte.
mit dieser leistungsverweigerung nehme ich aber gleichzeitig mein recht in anspruch: das recht, sich einem system zu verweigern, das nur den zweck hat, eine möglichst große unterste gesellschaftsschicht zu schaffen, die einer kleinen elitären politikerriege erlaubt, hunderte von milliarden euro zu verschwenden. minister, volksvertreter nennen sich diese damen und herren, die von tuten und blasen keine ahnung haben, jedoch das kapital eigennützig geradezu zum fenster hinauswerfen, natürlich nicht ohne einen beträchtlichen teil für den eigenen wohlstand zurückzuhalten.
ja, diese leute leisten etwas, nämlich das ausradieren jeglicher sozialstaatlichkeit, jedweder sozialer verantwortung, die vernichtung demokratischer strukturen und freiheitlicher entscheidungen des bürgers. eine derartige „leistung“ lassen sie sich vorzüglich bezahlen – mit durchschnittlich 30.000 euro monatlich. zusätzlich leisten sie sich eine weitgehendste befreiung von steuern auf diese leistungsbezüge, damit möglichst viel lohn für ihre leistungen übrigbleibt.
wenn mann’s genau betrachtet, leisten sie eigentlich nichts – jedenfalls nichts im sinne einer demokratisch-freiheitlichen grundordnung, nichts zum erhalt einer sozialstaatlichkeit, nichts im sinne des friedens und der gerechtigkeit. vielmehr bedienen sie sich nicht selbst erwirtschafteter gelder, um den niedergang von all dem vorsätzlich zu betreiben, zu welchem sie sich per eid auf das grundgesetz verpflichtet haben. man könnte auch sagen: sie lassen sich vorzüglich bezahlen für die nicht-einhaltung grundgesetzlicher verpflichtungen, und dafür schaffen sie sich selbst rechtliche grundlagen.
those are the facts – so läuft der hase in diesem staat. wer das nicht erkennen will, weil er jenes von den regierenden projizierte hirngespinst einer freiheitlich-demokratischen und sozialen grundordnung nicht als täuschung erkennt, dem ist nicht zu helfen. der strampelt sich nach einem leistungsprinzip ab, ohne jemals die nase vom boden heben zu können. leisten soll er, so viel wie möglich, um den eigenen karren immer weiter in den dreck zu fahren. mehr leistung bitte! dann hast du deine bürgerpflicht erfüllt, kannst dir etwas leisten. ist das die lösung?
nein! man muss sich herauslösen aus diesem leistungsprinzip, das ja nur den einzigen sinn hat, jeder sozialen verantwortung in diesem staat das grab zu schaufeln. und schaufeln sollen die untersten schichten, die totengräber sitzen in der elitenriege. und – das muss man endlich auch mal begreifen: es sind nicht parlamentarisch-politische gesetzmässigkeiten, die einen sozialstaat verhindern – es ist ein vorsätzlich aufs feinste ausgearbeitetes unterdrückungssystem, geschaffen von wenigen selbstherrlich und eigennützig agierenden staatsmächtigen.
wer hält dieses prinzip am leben? wer unterstützt es sogar? der wahlberechtigte bürger ist es! wer funktioniert brav innerhalb eines leistungsprinzips, das ausschliesslich den zweck hat, dieses asoziale machtgefüge am leben zu halten? der bürger, der es wählt!
auf die einfachste lösung, um diese eigentlich selbstgewählte unterdrückung zu beseitigen, kommt man nicht: die verweigerung dieses systems, die weigerung mitzumachen. die weigerung, sich diesem leistungsprinzip zu unterwerfen. die revolution, die revolte muss mit einer solchen verweigerung hand in hand gehen. ich kann nicht etwas bekämpfen, indem ich es toleriere.
und schliesslich – auch zugegeben: das sich-lösen aus all diesen zwangsstrukturen, die ja lediglich den weiteren niedergang sozialer, demokratischer und freiheitlicher grundprinzipien bezwecken sollen, bedeutet armut. ja, aber was ist schon materielle armut gegen den immensen reichtum an freiheit, eigenständigkeit, selbstbestimmung, brüderlichkeit, liebe untereinander und innerem frieden, den diese lebensweise mit sich bringt. alles werte, die wir wirklich und fast ausschliesslich brauchen, um den namen gesellschaft wirklich zu verdienen.
das gegebene leistungsprinzip verhindert all das. ein fremdbestimmter sklave, ohne einen anderen lebenssinn als im system zu funktionieren, muss abgelöst werden von einem freien bürger, der dann freiwillig und gerne leistungen erbringt – im sinne einer freiheitlichen, sozialen und gerechten gesellschaft. mit der aufrechterhaltung dieses gegebenen destruktiven systems ist das nicht zu schaffen – man muss sich diesem zunächst verweigern.
das gegebene leistungsprinzip dient allein dem fortschreitenden kapitalismus. man leistet nichts für das menschenrecht, man unterstützt nur die fortschreitende ausbeutung der eigenen person durch den kapitalismus – von der geburt über die altersarmut bis in den tod –, wenn man sich diesem leistungsprinzip unterwirft.
macht euch zu schmarotzern, zu parasiten dieses asozialen staates. verweigert euch diesem durch leistungsverweigerung und nehmt gleichzeitig von ihm, was ihr bekommen könnt – als euer recht und nicht mit einem schlechten gewissen. denn es steht euch zu, es wird euch nur vorenthalten.
eulenfeder ist an eurer seite – das muss doch motivation genug sein. 🙂