Informations-Krieg gegen Russland

 in Politik (Ausland)

AlleWegeMoskauWie die Fakten verkehrt werden und Kritiker kaltgestellt werden sollen. Nichts ist so weit weg, wie der Medien-Hype von gestern. Die NATO-Ukraine-Russland-Krise jedenfalls ist seit geraumer Zeit „kein Thema“ mehr. Diese Nichtbeachtung könnte gefĂ€hrlich werden, denn der neue, sich erhitzende „Kalte Krieg“ des Westens gegen Putins Russland birgt nicht weniger Sprengkraft als bestimmte Ereignisse im nahem Osten. Auf der Propaganda-Ebene jedenfall ist der Krieg schon voll im Gang, wie Wolfgang Bittner in diesem kenntnisreichen und erschreckenden Artikel deutlich macht. Soll die RedĂ€monisierung Moskaus nach dem Willen der USA auch Moskau schwĂ€chen? (Wolfgang Bittner, Erstveröffentlichung auf www.nachdenkseiten.de)

Sowohl in der ARD-Tagesschau als auch bei SPIEGEL-Online wird am 8. Februar 2016 berichtet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die russischen Bombardierungen in Syrien heftig kritisiert hat. Sie sei „nicht nur erschreckt, sondern auch entsetzt“ sagte sie in Ankara auf einer Pressekonferenz mit dem tĂŒrkischen MinisterprĂ€sidenten Ahmet Davutoglu, „was an menschlichem Leid fĂŒr Zehntausende Menschen durch die Bombenangriffe entstanden ist“. Und obwohl in Syrien seit September 2014 von den USA sowie einzelnen Golfstaaten gebombt wird und bereits Millionen geflĂŒchtet sind, gibt es fĂŒr die Bundeskanzlerin jetzt einen Schuldigen fĂŒr das Leid und das „FlĂŒchtlingsdrama“: Russland mit seinen MilitĂ€raktionen seit Ende September 2015.

Unterschlagen wird, dass allein die von der Assad-Regierung in Moskau angeforderte MilitĂ€rhilfe mit dem Völkerrecht vereinbar ist, weil die anderen Kombattanten innerhalb des Territoriums des souverĂ€nen Staates Syrien agieren. Auch der brutale Abschuss eines russischen Kampfflugzeuges durch das tĂŒrkische MilitĂ€r ist keines Protestes wert. Ebenso wenig stehen die stĂ€ndigen massiven Menschenrechtsverletzungen der TĂŒrkei im eigenen Land zur Debatte. Und dass die tĂŒrkische Armee kurdische StĂ€dte bombardiert und kurdische Einheiten, die in Syrien gegen den IS kĂ€mpfen, auf syrischem Territorium angreift, wird einfach ĂŒbergangen. Sonst könnten die Verhandlungen in der „FlĂŒchtlingsfrage“ beeintrĂ€chtig werden – so die Intentionen von Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Am 15. Februar 2016 steht dann in der ZEIT, dass bei Angriffen auf zwei KrankenhĂ€user und eine Schule in den syrischen Provinzen Aleppo und Idlip 19 Menschen starben und dass eine „Syrische Beobachtungsstelle fĂŒr Menschenrecht“ die russischen StreitkrĂ€fte dafĂŒr verantwortlich macht. Eine genauere Untersuchung hat bis dato nicht stattgefunden, aber das ist offensichtlich unerheblich. Die deutschen Medien berufen sich gern und oft auf Berichte der Syian Observatory for Human Rights, obwohl die in England ansĂ€ssige Organisation, die von einem syrischstĂ€mmigen sunnitischen GeschĂ€ftsmann aus seinem Privathaus in Coventry betrieben wird, bekanntermaßen einseitige und zum Teil falsche Informationen verbreitet.

Der Ukraine-Konflikt und die Krim-„Annexion“

Das Gleiche gilt fĂŒr Meldungen, die aus Kiew ĂŒber den Ukraine-Konflikt kommen. Zu den dortigen Auseinandersetzungen hat die Bundeskanzlerin ebenfalls ihre eigenen Vorstellungen, die nicht mit den Fakten ĂŒbereinstimmen. In Berlin stĂ€rkte sie Anfang Februar dem ukrainischen PrĂ€sidenten Petro Poroschenko, der Krieg gegen seine ostukrainischen Landsleute fĂŒhrt, den RĂŒcken und sprach sich fĂŒr eine WeiterfĂŒhrung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland aus. „Merkel bleibt hart gegen Russland“, titelt die Bild-Zeitung. Obwohl die Chronologie der Ereignisse beweist, dass in der Ukraine seit Jahren von auslĂ€ndischen Regierungen, Geheimdiensten und NGOs auf einen Regimewechsel hingearbeitet wurde, wird die PropagandalĂŒge verbreitet, Russland sei der Aggressor.

Die jĂŒngere Geschichtsschreibung in der Ukraine beginnt fĂŒr die westlichen Politiker und Medien mit der fĂ€lschlich als „Annexion“ bezeichneten Abspaltung der Krim, und in Syrien fĂ€ngt sie mit dem Eingreifen russischer StreitkrĂ€fte am 30. September 2015 in den dortigen BĂŒrgerkrieg an. Beides wird zum Vorwand fĂŒr die fortwĂ€hrende Aggressionspolitik gegen Russland genommen, alles Vorhergegangene wird ignoriert, bemĂ€ntelt oder umgelogen.
Die Abspaltung der Krim von der Kiewer Ukraine dient der westlichen Allianz seither zum Vorwand fĂŒr Wirtschaftssanktionen, die nicht nur Russland treffen, sondern in erheblichem Maße auch Europa, wie der US-amerikanische VizeprĂ€sident Joe Biden im Oktober 2014 in einer Rede an der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts zugab. StĂ€ndig wird zur Rechtfertigung auf die angebliche Annexion der Krim durch Russland verwiesen, die jedoch bei genauerem Hinsehen eine Sezession war – ein gravierender Unterschied. Denn es gab keine gewaltsame Aneignung der Autonomen Republik Krim durch Russland, sondern eine ErklĂ€rung der staatlichen UnabhĂ€ngigkeit nach freien Wahlen und Beitritt zur Russischen Föderation.

Aber die HintergrĂŒnde des Ukraine-Konflikts werden im Dunkeln gelassen; wie auch der Putsch in Kiew, die Morde auf dem Maidan-Platz und in Odessa oder der Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH 17. Es wird weiter verschleiert, gedroht, gehetzt und in einer Weise aufgerĂŒstet, die Russland als ernsthafte Bedrohung empfinden muss. Dass die von den USA dominierte NATO dabei eine fĂŒhrende Rolle spielt, geht aus zahlreichen Verlautbarungen des Nato-GeneralsekretĂ€rs Stoltenberg, seines VorgĂ€ngers Rasmussen wie auch des Nato-Oberbefehlshabers Philip Breedlove hervor.

Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz sind beauftragt

Nun lese ich am 20. Februar 2016 in einer kleinen Notiz in meiner Tageszeitung, dass die Bundesregierung von Geheimdiensten untersuchen lassen will, ob „der Kreml mit verdeckten Mitteln die öffentliche und politische Debatte in Deutschland manipuliert“. Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz sollen im Auftrag des Kanzleramtes herausfinden, „ob russische Geheimdienste mit Desinformationskampagnen gezielt fĂŒr Unruhe sorgen wollen“. Es bestehe der Verdacht, so heißt es, dass Moskau an einer „systematischen Destabilisierung“ Deutschlands und auch der Bundesregierung arbeite; Bundeskanzlerin Angela Merkel und BundesprĂ€sident Joachim Gauck hĂ€tten sich persönlich an dieser Frage interessiert gezeigt und auch das AuswĂ€rtige Amt sei offenbar eingebunden.

Mir fĂ€llt ein, dass die Bundeskanzlerin schon im Februar 2015 auf der MĂŒnchner Sicherheitskonferenz vor „Russlands Vorsprung im Informationskrieg“ und vor „Missinformation, Infiltrierung und Verunsicherung“ warnte, womit es sich „auseinanderzusetzen“ gelte. In der FAZ ortete man die Missinformanten, Infiltrierer und Verunsicherer sogleich unter den Bloggern und in Webseiten, die damit beschĂ€ftigt seien, „Moskaus Sicht der Dinge in die Welt zu tragen“.

Moskau, die Krimtataren und die USA

Dass die Infiltrierung bereits bis in die Unterhaltungsbranche vorgedrungen ist, allerdings um die Sicht Deutschlands und der Kiewer Ukraine in die Welt zu tragen, lese ich am 23. Februar 2016 zum FrĂŒhstĂŒck auf der ersten Seite meiner Lokalzeitung. Eine Krimtatarin will nĂ€mlich fĂŒr die Ukraine mit einem kritischen Lied den Eurovision Song Contest gewinnen. Der Song, mit dem die SĂ€ngerin das Land im Mai in Stockholm vertreten will, handelt von der Deportation der Krimtataren unter stalinistischer Herrschaft. „Dennoch – oder gerade deshalb – wurde sie von einer Jury und dem Fernsehpublikum auserkoren“, lese ich, und dass die Krimtataren als „Nazi-Kollaborateure“ verfolgt und 1944 nach Zentralasien zwangsumgesiedelt wurden.

Warum ich diese Informationen erhalte, wird sogleich deutlich. Ich erfahre, das Lied beschreibe genau, worunter die Ukraine heute wieder leide: „2014 hatte Russland die Krim annektiert.“ Aber die Tataren lehnten die Annexion wegen ihrer historischen Erfahrungen vehement ab. Und seither gehe Moskau „hart gegen die Minderheit vor“. Aktivisten seien festgenommen, AnfĂŒhrer verbannt worden. Dazu fĂ€llt mir ein, Wochen zuvor eine Meldung gelesen oder gehört zu haben, dass in der Ostukraine von Nationalisten Strommasten gesprengt wurden, um die Stromversorgung fĂŒr die Krim zu unterbrechen. Mitten im Winter waren die Bewohner der Krim tagelang ohne ElektrizitĂ€t.

Außerdem erinnere ich mich, eine Rede des russischen PrĂ€sidenten Wladimir Putin gelesen zu haben, in der er sagte: „Ja, es gab eine Zeit, als man den Krimtataren, wie auch anderen Völkerschaften der UdSSR gegenĂŒber mit HĂ€rte und Ungerechtigkeit aufgetreten ist. Ich will eines sagen: Millionen von Menschen verschiedener NationalitĂ€ten wurden Opfer der damaligen Repressionen, vor allem natĂŒrlich auch Russen. Die Krimtataren sind inzwischen in ihre Heimat zurĂŒckgekehrt. Ich bin der Ansicht, dass es notwendig ist, alle politischen und rechtlichen Schritte dazu zu unternehmen, die Rehabilitation der Krimtataren zu vollenden und ihren guten Namen in vollem Umfang wiederherzustellen.Wir achten Vertreter aller NationalitĂ€ten, die auf der Krim leben. Das ist ihr gemeinsames Haus 
“

Putin, die USA und Westeuropa

An anderer Stelle fuhr Putin seinerzeit (im MĂ€rz 2014) fort: “Wir wollen Freundschaft mit der Ukraine, wir wollen, dass sie ein starker, souverĂ€ner und sich selbst genĂŒgender Staat ist. FĂŒr uns ist die Ukraine ja einer der wichtigsten Partner, es gibt unzĂ€hlige gemeinsame Projekte, und ungeachtet aller Dinge glaube ich an ihren Erfolg. Und das Wichtigste: Wir wollen, dass Frieden und Einvernehmen auf ukrainischem Boden einkehren, und gemeinsam mit anderen LĂ€ndern wollen wir darin umfassende UnterstĂŒtzung leisten.“

Über die USA sagte der russische PrĂ€sident in derselben Rede: „Sie glauben an ihre ErwĂ€hltheit und ExklusivitĂ€t, daran, dass sie die Geschicke der Welt lenken dĂŒrfen und daran, dass immer nur sie allein Recht haben können. Sie handeln so, wie es ihnen einfĂ€llt: Mal hier, mal da wenden sie Gewalt gegen souverĂ€ne Staaten an, bilden Koalitionen nach dem Prinzip ‚wer nicht mit uns ist, ist gegen uns‘. Um ihren Aggressionen das MĂ€ntelchen der RechtmĂ€ĂŸigkeit zu verleihen, erwirken sie entsprechende Resolutionen bei internationalen Organisationen, und wenn das aus irgendeinem Grunde nicht gelingt, dann ignorieren sie sowohl den UN-Sicherheitsrat, als auch die UNO als Ganzes. So war es in Jugoslawien (
) Danach folgten Afghanistan, Irak und unverhohlene Verletzungen der UNSC-Resolution zu Libyen, als man anstelle der Einrichtung einer sogenannten Flugverbotszone mit Bombardements begann.“

Putins wiederholte Friedens- und Kooperationsangebote, zum Beispiel am 25. September 2001 im Deutschen Bundestag wie auch in seiner außerordentlich klugen, auf VerstĂ€ndigung ausgerichteten Rede vom 24. Oktober 2014 auf der Waldai-Konferenz in Sotschi blieben unerwidert. Sein Werben um einen gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturraum vom Pazifik bis zum Atlantik, von Wladiwostok bis Lissabon, wurde ignoriert; ebenso wenig wurde seine mehrmalige Kritik an der Nato-Osterweiterung zur Kenntnis genommen. Stattdessen fĂŒhrte US-PrĂ€sident Barack Obama im Mai 2014 in einer Rede vor der MilitĂ€rakademie Westpoint aus: „Von Europa bis Asien sind wir der Dreh- und Angelpunkt aller Allianzen, unĂŒbertroffen in der Geschichte der Nationen (
) So sind und bleiben die Vereinigten Staaten die einzige unverzichtbare Nation [‚the one indispensable nation‘]. Dies ist fĂŒr das vergangene Jahrhundert wahr gewesen und das wird fĂŒr das nĂ€chste Jahrhundert gelten.“

Wie aus Äußerungen US-amerikanischer Politiker und Regierungsberater hervorgeht, gibt es eine Strategie, Russland als Machtfaktor in der internationalen Politik auszuschalten (deshalb auch die Verteufelung Putins) und durch Wirtschaftssanktionen, Beeinflussung der Kapital- und EnergiemĂ€rkte sowie die aufgebĂŒrdeten Kosten fĂŒr NachrĂŒstung zu ruinieren. Ganz offensichtlich ist das Ziel, Osteuropa den westlichen Kapitalinteressen aufzuschließen und den imperialen Zielen der USA unterzuordnen. Wer sich nicht beugt, wird bekanntlich entweder bombardiert oder ruiniert.
Antiamerikanismus? Nein, es gibt keine kollektive IdentitĂ€t! Immer mehr Menschen wenden sich mit dem Recht der an dieser furchtbaren Politik Verzweifelnden gegen die Zerstörung von LĂ€ndern durch die USA, gegen Kriegshetze, Militarisierung und AufrĂŒstung, gegen TotalĂŒberwachung durch die NSA, Drohnenmorde, Folter, Mediennetzwerke zur Indoktrinierung ganzer Bevölkerungen usw. Doch die Kritik wird als „Verschwörungstheorie“ abgetan, Kritiker und Oppositionelle mĂŒssen damit rechnen, dass sie bespitzelt werden.

Die Umkehrung der Fakten

Die Propaganda gegen Russlandwird immer noch verstĂ€rkt, und die Mobilisierung gegen hiesige Oppositionelle nimmt groteske, alarmierende Formen an. Am 24. Februar finde ich auf der zweiten Seite meiner Tageszeitung einen langen Artikel mit der Überschrift: „Russland will die EuropĂ€er verunsichern“, Untertitel: „EU-Behörde deckt Propaganda-AktivitĂ€ten aus Moskau auf – und ist zunehmend beunruhigt.“ Zu erfahren ist, dass der AuswĂ€rtige Dienst der EU (EAD) eine Spezialeinheit mit dem Namen „East StratCom Task Force“ (Strategisches Kommunikationsteam Ost) gebildet hat, die sich um eine „großflĂ€chig organisierte Propaganda“ russischer Behörden in den LĂ€ndern der EU kĂŒmmern soll. Experten der EU-Kommission sind sicher, dass Moskau schon seit Monaten das Ziel verfolge, die EuropĂ€ische Union zu destabilisieren und mit gezielter Desinformation und Verunsicherung „hybride KriegsfĂŒhrung“ betreibe.

Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU (die sich zunehmend zu einem „EuropĂ€er-Gebiet“ der USA entwickelt) hatten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im MĂ€rz 2015 aufgefordert, die „propagandistischen AktivitĂ€ten“ Russlands zu untersuchen. Irritiert lese ich: „Schon damals verfestigte sich der Eindruck, gezielte falsche Berichterstattung, von Moskau initiiert, solle die Verantwortlichkeit im Konflikt um die Krim verwischen. Am Ende soll es nicht mehr nur eine, sondern viele Wahrheiten geben.“ In einem Bericht der BrĂŒsseler Task-Force ĂŒber „offensichtliche LĂŒgen“ aus Moskau heißt es: „Sie nehmen sich ein existierendes Nachrichtenelement und pervertieren es ins Gegenteil.“

Da wird der informierte Zeitgenosse ob solcher Dreistigkeit nahezu sprachlos. Denn wir kennen doch diese Methode von unseren Politikern und aus unseren Medien. Es entspricht dem, was wir tĂ€glich erdulden mĂŒssen, was wir lesen, hören oder sehen. Wenn hier zu bestimmten Ereignissen oder VorgĂ€ngen alle Verlautbarungen in eine Richtung gehen, verfestigt sich der Eindruck, dass irgendwelche „Agenturen“ Informationen verbreiten, die vollkommen unkritisch oder sogar bereitwilligst ĂŒbernommen werden. Es gibt inzwischen wissenschaftliche Untersuchungen darĂŒber, welchen fremdbestimmten EinflĂŒssen nicht wenige Politiker und Medien unterliegen. Aber das sehen die „Experten“ der East Stratcom Task Force, die seit Oktober 2015 wöchentliche Berichte veröffentlichen, ganz anders. Der Leiter der Spezialeinheit, Giles Portman, erklĂ€rt: „Heute glaubt die HĂ€lfte der französischen Bevölkerung und ein Drittel der deutschen, dass Kiew die Schuld am Krieg in der Ostukraine trage.“ Wer denn sonst, fragen wir uns und erinnern die Chronologie der Ereignisse in der Ukraine.

Beanstandet wird insbesondere, dass Moskau den Etat fĂŒr das Nachrichtenportal Sputnik aufgestockt hat und fĂŒr den Sender Russia Today, der auch ein deutsches TV-Programm ausstrahlt, 250 Millionen Euro zur VerfĂŒgung stellt. Übersehen wird dabei geflissentlich, dass der staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Welle, neben Einnahmen aus Werbung und Sponsoring mit einem jĂ€hrlichen Zuschuss von etwa 300 Millionen Euro (2016) vom Bund unterhalten wird.

Fortschreitender Demokratieabbau

Am 23. Februar 2016 erfahre ich aus der ehemals linksliberalen Frankfurt Rundschau, die ich hin und wieder noch lese, dass der Bundesinnenminister den sogenannten Bundestrojaner freigegeben hat. Gemeint ist eine Software, mit der staatliche Organe in die Computer und Smartphones von VerdĂ€chtigten eindringen und deren Kommunikation ĂŒberwachen können. Sind schon nach dem seinerzeit heftig umstrittenen BKA-Gesetz in der Neufassung vom 1. Januar 2009 erhebliche EinschrĂ€nkungen von BĂŒrgerrechten zulĂ€ssig, werden hier unter dem Vorwand der BekĂ€mpfung von Terrorismus oder organisierter KriminalitĂ€t kaum noch zu kontrollierende schwerwiegende Eingriffe der Geheimdienste in die PrivatsphĂ€re ermöglicht – ein weiterer Schritt in den Überwachungsstaat.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass „heimliche Fernzugriffe“ nur bei „tatsĂ€chlichen Anhaltspunkten einer konkreten Gefahr fĂŒr ein ĂŒberragend wichtiges Rechtsgut“ vorgenommen werden dĂŒrfen, so etwa bei Gefahr fĂŒr Leib und Leben oder bei zu erwartenden Straftaten gegen die Grundlagen oder den Bestand des Staates. Dabei darf nach Maßgabe des Gerichts nicht der „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ verletzt werden. Ferner folge aus dem „Grundrecht auf GewĂ€hrleistung der Vertraulichkeit und IntegritĂ€t informationstechnischer Systeme“ nach Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, dass der Eingriff dem Vorbehalt richterlicher Anordnung unterliege.

Aber die Begriffe, mit denen hier umgegangen wird, sind auslegungsfĂ€hig. Wer hinsichtlich der Ursachen des Ukraine-Konflikts oder des Krieges in Syrien, des Einsatzes der Bundeswehr im Ausland oder der Mitgliedschaft in der Nato öffentlich andere Ansichten als die Regierung und ihre Medien vertritt, könnte nach EinschĂ€tzung von „VerfassungsschĂŒtzern“ eventuell die Grundlagen oder den Bestand des Staates gefĂ€hrden. Wer eine Friedensdemonstration angemeldet hat, könnte eventuell eine Gefahr fĂŒr Leib und Leben heraufbeschworen haben. Solche Personen könnten dann vielleicht kĂŒnftig – womöglich mehr als bisher – ausgespĂ€ht werden. Es fragt sich, mit welchen Folgen fĂŒr die Einzelnen und fĂŒr die Gesellschaft.

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