Wahlkampf in Griechenland: das Phrasendreschen beginnt.

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

171. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Wie sieht es derzeit bei den von uns betreuten Menschen aus? Wie sind SYRIZA und Nea Dimokratia eingestiegen in den griechischen Wahlkampf? Ein paar unvermeidbare Feststellungen zu der Tatsache, dass Politikerreden etwas anderes sein sollten als Phrasendrescherei. Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

wie in der Vorwoche dachten auch während der letzten sieben Tage 3 SpenderInnen an unsere Hilfsaktion: 50,- Euro gingen von ihnen auf unserem Spendenkonto ein (in der Vorwoche waren es 350,- Euro gewesen). Heißt: es handelte sich dieses Mal nur um kleinere Beträge, die an uns überwiesen worden sind. Aber auf damit hier kein Mißverständnis entsteht: jede Spende in jeder Höhe ist uns willkommen! Und sehr genau wissen wir – nicht in jedem Einzelfall, aber doch generell: oft sind es sogar Menschen, die selber in Armut leben, die unsere Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ unterstützen, Hartz IV-Betroffene zum Beispiel. Um so höher sind diese Hilfeleistungen einzuschätzen, meine ich. Und unser Dank fällt um keinen Deut kleiner aus für diese Unterstützung unserer Hilfsaktionen. Dank also, im Namen aller aus unserem Team, für diese Überweisungen! Um HdS herum, so darf man wohl feststellen, versammeln sich besonders viele Menschen, denen an guten Taten ebenso viel liegt wie an guten Texten. Möge das so bleiben, weit über fast vier Jahre Existenz unserer Hilfsaktion hinaus!

Noch sind die krankheitsbedingten Einschränkungen bei unseren Aktivitäten nicht überwunden, das betrifft unser Reisenden-Team Uschi und Kalle, das betrifft Evi und Tassos Chatzatoglou, das betrifft auch mich, immer noch. Aber Tassos Chatzatoglou hat es sich nicht nehmen lassen, erneut nach Griechenland zu fahren und die Lage nach den Europa- und Kommunalwahlen dort zu überprüfen. Nicht alles hört sich gut an.

In Korydallos zum Beispiel ist der linke Bürgermeister Stavros Kasimatis abgewählt worden. Der neue Bürgermeister war als Parteiloser angetreten, und es wird nun zu recherchieren sein, ob das Auswirkungen – negative Auswirkungen! – haben wird auf die dortige Sozialstation und damit auf unsere Hilfsaktionen dort. Ein Grund, der Tassos vorzeitig wieder nach Griechenland reisen ließ. Und ein anderer, nach wie vor wichtiger Anlaß: Tassos Chatzatoglou will vor Ort die Situation überprüfen, in der sich Panagiota K. mit ihren drei Töchtern befindet. Wird sich die neue Wohnung für sie halten lassen (für die aus Euren Reihen sogar DauerspenderInnen wesentliche Teile der Miete aufbringen)? Oder steht erneut die Kündigung im Raum, weil der Vermieter „Eigenbedarf“ geltend gemacht hat? Wie schon vor einigen Wochen einmal mitgeteilt: selbstverständlich werden wir dann tätig werden als Helfer bei der Suche nach einer neuen Wohnung für Panagiota K.! Ich schrieb es ja bereit in einem meiner letzten Berichte: wir lassen Menschen nicht einfach fallen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Ganz im Gegenteil: Solange uns das möglich sein wird, wird auch Verlass auf unsere  Hilfe sein. Ein „Helfer-Hopping“, wie ich es vor einigen Wochen ausdrückte, gibt es bei uns nicht!

Und wie sieht es ansonsten in Griechenland aus, wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, die nun endgültig auf Sonntag, den 7. Juli, festgelegt worden sind?

Nun, Alexis Tsipras, der Noch-Ministerpräsident von Griechenland, ist bereits in die Offensive gegangen. Mit der „rhetorischen Frage“ (so die „Griechenland Zeitung“, die GZ, in ihrer letzten Ausgabe vom 12. Juni des Jahres) „Werden wir das Land in unseren Händen behalten oder es denjenigen zurückgeben, die es in den Bankrott geführt haben?“ hat Tsipras ein Wahlprogramm vorgestellt, das in vielen Bereichen Abkehr von der bisherigen Politik verspricht (die Frage lautet allerdings, wieso nicht längst schon diese neue Politik in die Tat umgesetzt worden ist!):

  • Im neuen Wahlprogramm der SYRIZA wird „Wachstum für alle“ versprochen – was immer das heißen mag –, in merkwürdiger Kombination mit dem Wahlziel, gegen den Klimawandel vorzugehen;
  • es soll Gehalts- und Lohnerhöhungen geben, zum Beispiel Anhebung des derzeitigen Mindestlohns von 650,- Euro brutto auf knapp 700,- Euro, also eine Steigerung um 7,5 Prozent;
  • des weiteren sollen im griechischen Gesundheitssystem 25.000 neue Arbeitsstellen eingerichtet werden;
  • und schließlich soll ganz generell ein „gerechteres“ Steuersystem eingeführt werden, ein „demokratischerer und effizienterer Staat“ – was immer man darunter konkret verstehen soll.

Zumindest was den letzten Programmpunkt betrifft, darf wohl bis auf weiteres lediglich von einer Sprechblase die Rede sein – ähnlich dem letzten Programmpunkt der SYRIZA, nämlich überhaupt für „mehr Solidarität und Sicherheit für die Gesellschaft“ sorgen zu wollen.

Dass der Chef der Nea Dimokratia, Kyriakos Mitsotakis, gleichfalls mit einigen Allgemeinplätzen in den Wahlkampf zu ziehen versucht, soll dabei keinesfalls verschwiegen werden. Der konservative Politiker stellt – so die GZ – „weitreichende Reformen und die Modernisierung des Staates in Aussicht“. Aha, möchte man da sagen und fragen: was heißt das konkret? Griechenland solle „attraktiver“ werden für ausländische Investoren, so Mitsotakis, und als Folge davon sollen neue Arbeitsplätze in Griechenland entstehen und ein „spürbares Wirtschaftswachstum“ einsetzen. Ah ja, möchte man diese Zusagen kommentieren und die Frage stellen: und ab dem 7. Juli 2019 gibt es auch ein noch besseres Wetter in Griechenland?

Ungleich konkreter ist da das SYRIZA-Wahlprogramm zumindest bei einem anderen Punkt: zukünftig soll auch die standesamtliche Hochzeit für gleichgeschlechtliche Paare möglich sein. Wenigstens etwas, das echten Fortschritt verheißt, auch wenn die Frage gestattet bleiben muß: hilft das den Ärmsten der Armen in Griechenland? Verdienten Senkung der Mehrwertsteuer und Anhebung der Mindestrenten nicht dieselbe Konkretion?

Kein Missverständnis: Hier sollen nicht humane Forderungen gegeneinander ausgespielt werden, hier soll keinem idiotischen Entweder-Oder das Wort geredet werden. Hier wird lediglich die Frage gestellt, wieso es diesen deutlichen Unterschied gibt zwischen präzisen Programmpunkten hier und vernebeltem Sozialblabla da! Mit seinen „Lügen“ werde der scheidende Premierminister Tsipras „niemanden mehr überzeugen“, so die Parteiführung der ND. Fast möchte man diese Feststellung mit dem Satz kommentieren, der von Christian Friedrich Hebbel stammt: „Auch die Philister haben manchmal Recht, aber immer aus den falschen Gründen“.

So oder so:

Alle politischen Parteien in Griechenland sollte man bei diesem Wahlkampf unter Konkretisierungszwang stellen. Ein Sammelsurium inhaltsfreier Versprechungen sollte man keiner Partei durchgehen lassen! Griechenland hilft man nicht mit dem Mittel des Phrasengedresches aus der Krise heraus. Wer das glaubt, kann auch gleich leeres Stroh dreschen und behaupten, so gewänne man Korn, um aus dessen Mehl Brot backen zu können! Anders formuliert:

Das Anhäufen positiver Reizbegriffe macht noch keinen Wähler und keine Wählerin satt. Das gilt für eine ND ebenso wie für die SYRIZA.

Und damit wieder zu meiner Spendenbitte für unsere Hilfsaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ auf das Konto:

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Und wer, wie gesagt, noch etwas mehr tun will: auch unser gemeinnütziger Verein, die „Initiative für eine humane Welt (IHW) e.V.“, ist immer wieder erneut auf neue Hilfsgelder angewiesen, zur finanziellen Absicherung unserer Arbeit ganz generell. Diese Spenden bitte dann an dasselbe Konto, wie oben angegeben, jedoch mit dem Stichwort „GR-IHW“ versehen. Es sei wiederholt: wir würden uns riesig auch über diese Unterstützung freuen.

Mit herzlichen Grüßen wie stets

Euer Holdger Platta

 

 

 

 

 

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