Was hätte wohl Tucholsky von dieser SYRIZA gesagt?

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Kurt Tucholsky28. Bericht zu „Patenschaft für Panagiota“. Traurig, aber wahr: es verstärkt sich der Eindruck, dass die SYRIZA aus selbstverschuldeten Gründen nichts mehr bis zum Wahltag zu ihren Gunsten wird ändern können. Und ich erläutere auch, wieso mir dazu ein berühmtes Gedicht von Kurt Tucholsky eingefallen ist, ein Gedicht, das mich auch bei Alexis Tsipras an Radieschen denken ließ: „außen rot und innen weiß“. Ansonsten: die neuesten Spendenzahlen. Holdger Platta

 

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

vorweg: dieses Mal trafen die Spendenzahlen rechtzeitig bei mir ein – und auch die aus der Vorwoche durfte ich inzwischen aus dem Maileingang verbuchen.

Demnach ergaben die letzten vierzehn Tage die folgenden Resultate:

200,- Euro an Neuzugängen durften wir auf unserem Konto „Patenschaft für Panagiota“ registrieren, überwiesen von insgesamt sechs Helferinnen und Helfern an uns. Das Haben für unsere Hilfsmaßnahmen beläuft sich also derzeit auf 1.165,45 Euro. Was die Notleidenden, die wir unterstützen, selber betrifft, so warte ich noch auf Nachrichten aus Griechenland.

Nicht ganz so gut fiel das Zwischenergebnis für HdS aus: da gingen während der letzten vierzehn Tage 164,11 Euro auf das betreffende Konto ein, ÜberweiserInnenzahl zwölf. Unser neuer Geldbestand dort: 1.561,63 Euro.

Das alles ist als Zwischenbilanz weder als gut noch als schlecht zu bewerten. Auf jeden Fall muss von Gefährdung beider Projekte heute nicht gesprochen werden. Und auf jeden Fall ist Selbstverständlichkeit, dass wir allen Spenderinnen und Spendern sehr herzlich danken. Dieser Dank gilt heute einmal vor allem jenen Lesern und Leserinnen unter Euch, die beeindruckend regelmäßig zu unseren UntertsützerInnen zählen.

Griechenland selber bietet kaum ein neues Bild. Es befindet sich im Wahlkampf, und den Pressemeldungen zufolge ist von sonderlich nennenswerten Änderungen kaum bis gar nicht zu berichten. Alles wird mehr oder minder vom Urnengang am 25. Juni beherrscht. Und lediglich Stimmungen und Stimmungsschwankungen sind derzeit wahrnehmbar (Umfrageergebnisse signalisieren das).

Demnach gibt sich die bisherige Regierung, die Regierung der ultrakonservativen „Nea Dimokratia“ (ND) unter Mitsotakis siegessicher – wobei ich immerhin bemerkenswert finde, dass mittlerweile die ND lediglich noch mit einem „ähnlich guten Abschneiden“ wie am 21. Mai zu rechnen scheint – so jedenfalls die „Griechenland Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 7. Juni dieses Jahres. Ihr erinnert Euch: unmittelbar nach den Erstwahlen im Mai gab es nicht wenige, die nach den errungenen 41 Prozent auf eine absolute Mehrheit gesetzt hatten (ohne Mitberechnung der 50 ‚Bonus-Mandate‘, die der Siegerpartei ohnehin zugeschlagen werden dürften). Womöglich liegt das am folgenden Tatbestand:

Inzwischen könnten die Chancen von zwei weiteren Rechtsparteien gewachsen sein, ins neue griechische Parlament einzuziehen: die Chancen der – rechtspopulistischen – „Griechischen Lösung“ sowie die Chancen der orthodox-konservativen, der streng-religiös orientierten Partei mit dem Namen „Demokratisch Patriotische Bewegung Niki“ („Niki“ steht für „Sieg“).

Bei der SYRIZA, unter Alexis Tsipras, herrscht hingegen nach wie vor Untergangsstimmung. Die Unsicherheit scheint riesig zu sein, ob diese Partei der „Radikalen Linken“ mehr als die 2o Prozent wie beim ersten Wahlgang erreichen dürfte. Vor allem Tsipras selbst steht deshalb in der Kritik. Insofern könnte ich an dieser Stelle nur wiederholen, was ich bereits in meinem vorangegangenen Bericht schrieb: nicht auszuschließen, dass die Tage von Alexis Tsipras als oberster Repräsentant der SYRIZA gezählt sind. Und auch in diesem Fall ist nicht auszuschließen, dass mindestens ein externer Vorgang diese Entwicklung noch verstärken könnte:

Auch eine sogenannt-„linkspopulistische“ Partei, die Partei der „Plevsi Eleftherias“ (= „Kurs der Freiheit“), mit der früheren Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou an der Spitze (Ex-Mitglied der SYRIZA), könnte der Einzug ins neue Parlament gelingen. Auch das vermögen neue Umfrageergebnisse nicht mehr auszuschließen. Diese Partei, am 29. April 2016 gegründet (andere Quellen geben den 19. April als Gründungsdatum an), setzt eigenem Bekunden nach auf Demokratie und Transparenz, auf Bürgerrechte und Schuldenerlass und fordert, stärker als die meisten anderen Parteien in Griechenland, Reparationszahlungen von Deutschland (eine Forderung, die ich – nur nebenbei bemerkt – für sehr berechtigt halte). Obwohl diese Partei gleich in mehreren Quellen (nicht zuletzt von „Austeritäts“-Befürwortern) als „linksnational“ bezeichnet wird, habe ich „Nationalismus“ im Programm der „Plevsi Eleftherias“ bislang nicht entdecken können.

Nun, es wird sich zeigen, ob diese Partei, wie „Millet. News“, die „Stimme der türkischen Minderheit in Griechenland“, am 13. Juni 2023 mitgeteilt hat, tatsächlich am übernächsten Sonntag 4,4 Prozent aller Stimmen bekommen wird. Deutlich scheint mir aber zu sein: solche Stimmen – egal, in welcher Höhe die Zahlen sich bewegen werden – dürften vor allem die Wahlchancen der SYRIZA schmälern. Auf jeden Fall weisen Gründung und Existenz dieser Partei darauf hin, dass der Wortbruch der SYRIZA im Herbst des Jahres 2015 manche Menschen in Griechenland immer noch bewegt. Was erneut eine Stelle in diesem Bericht wäre, wo ich Aussagen aus meinem Bericht der letzten Woche wiederholen könnte: den Kampf gegen Armut erklären, um dann einzuknicken gegenüber der EU und der Troika und das Elend zu verschärfen im eigenen Land, dieser WählerInnenverrat hat der SYRIZA offenkündig bis heute die schwersten Schäden zugefügt. Und Wahlkampfunterstützung zu suchen bei einem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, der maximal noch als ein Viertel-Sozialdemokrat bezeichnet werden kann und zu jenen Radieschen gezählt werden dürfte, von denen bereits Kurt Tucholsky Mitte der zwanziger Jahre in seinem berühmt gewordenen Gedicht „Feldfrüchte“ festgestellt hat, in der „Weltbühne“ aus dem Jahre 1926, dass sie, diese Radieschen, zwar nach außen hin eine prächtige rote Farbe präsentieren, innen aber nur über weißes Fruchtfleisch verfügen – und „weiß“ war damals die Farbe der antidemokratischen Reaktion -: also Wahlkampfhilfe ausgerechnet bei solchen Leuten zu suchen, die selber ihre WählerInnen zigmal verraten haben und selber inzwischen zigmal dafür bestraft worden sind –  mit jedem sachliche Recht der Welt -, das ist von einer Schäbigkeit und Dummheit und Feigheit, die ich bis heute nicht wirklich zu begreifen vermag.

Mir verbleibt an dieser Stelle nur noch, meinen herzlichen Appell an Euch alle zu wiederholen, die von uns unterstützten notleidenden GriechInnen nicht im Stich zu lassen, Panagiota nicht, Dionysis nicht und nicht die armen Familien auf der Insel Andros. Also:

Wer von Euch uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „Panagiota“ auf das Konto:

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21 GOE
Inhaber: IHW

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an Volker Töbel, entweder unter der Postanschrift Tewaagstraße 12, 44141 Dortmund, oder unter der Mailadresse vtoebel@web.de.

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

 

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