Alexanders CD-Tipp der Woche: Kai Degenhardt – Auf anderen Routen

 In CD-Tipp

Deutschsprachige Liedermacherkunst auf allerhöchstem Niveau, die Poesie zutiefst persönlich berührend genauso wie sozialpolitisch vehement einfühlsam und musikalisch vielfältig, subtil auf Folkelemente bauend, bringt Kai Degenhardts im September 2018 im eigenen Label plattenbau erschienene CD „Auf anderen Routen“. (Alexander Kinsky)

Der 1964 geborene Musiker, Sohn „der“ Legende Franz Josef (auch sein Bruder Jan ist unter anderem als Liedermacher aktiv), hat ab 1987 mit seinem Vater live und im Studio zusammengearbeitet und seit 1997 fünf CDs mit eigenen Liedern veröffentlicht.

Das sechste Album, das erste seit 2012, unterstreicht seinen Titel und den seriösen, absolut ernst zu nehmenden Anspruch schon mit dem Cover-Ölbild von Leo Klose – ein Schiff am Meer, ein nachdenklich wirkender Mann an der Reling.

Textlich verarbeitet Kai Degenhardt was das ganz Persönliche betrifft nahezu romantisch poetisch eine gescheiterte Beziehung (Auf anderen Routen“, „Bis September“), das Weitermachen als Liedermacher trotz aller Schwierigkeiten und Entbehrungen („Die endlos lange Straße“) und den Tod seines Vaters (2011) mit einem liebevollen Nachruf, nur mit Gitarre begleitet („Hinter der Bühne“). Was das Jahr 2018 sozial und weltpolitisch betrifft, thematisiert der Künstler unter anderem das prozentual irre Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich („Der Untergang“), am Beispiel eines Hotels das vielleicht letzte Abfeiern der Erfolgskapitalisten („Imperial Grand Übersee“), als freundlicherer, sensiblerer Travis Bickle die schillernde Vielfalt der großteils verloren wirkenden Stadttypen („Vor den Bretterwänden“), weltweit notwendige Streiks („Nachtlied vom Streik“) und die Bundeswehr-Werbung für Auslands-Kriegseinsätze („Der Vorschlag“).

Feinfühlig, nicht forcierend, sondern sanft umso eindringlicher wirkend und vor allem wunderschön arrangiert, setzt die an Folk und an echtes Volksliedgut denken lassende Musik der teilweise erzählend angelegten Lieder fast durchgehend auf akustische Instrumente inklusive Kontrabass, Geige, Horn und Trompete.

Volks-Kunstlieder sind das, zum Nachdenken, zum Weiterdenken. Die Ballade „Zwei Reiter“ etwa – wie Schubert, Heine, wie des Vaters allerbeste Lieder. Hier stellt sich eigentlich keine Gefallensfrage, auch wenn ja alles tief zu Herzen gehend in seiner sanften Eindringlichkeit gefällt, hier sind vor allem Hochachtung und Respekt angebracht, dass Kai Degenhardt den Anspruch seines Vaters derart verantwortungsvoll in allerbester Liedermachertradition weiterträgt.

Unbedingt lesenswert dazu weil sowohl was das Singer-Songwriter-Historische als auch was Querbezüge zum Werk des Vaters betrifft fundiert vertiefend ist Ingar Soltys CD-Rezension in der „Jungen Welt“.

https://www.jungewelt.de/artikel/339702.politisches-lied-k%C3%A4mpferische-zwischent%C3%B6ne.html

Die Homepage von Kai Degenhardt: http://www.kai-degenhardt.de/

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