Die Beinahe-Kanzlerkandidatin

 In FEATURED, Monika Herz, Poesie, Politik

Man kann sich ja vorstellen, dass das Gebäude hinten das Kanzeramt ist…

Unsere Autorin ist nicht Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sicher ist Ihnen dies bereits bekannt. Olaf Scholz hat den Job ja leider. Und der ist derart blass, dass man ihn glatt übersehen könnte, würde man nicht gelegentlich in den Nachrichten hören, dass er immer mal wieder etwas völlig falsches beschließt. Die Impfpflicht z.B. würde er noch immer gern durchpauken. Was schert mich mein Versprechen von gestern? Wie viel Deutschland verloren hat, weil es sich weigerte, unsere Autorin zur Bundeskanzlerin zu ernennen, wird demjenigen deutlich, der diesen Artikel zuende liest. Sie hat immer Ideen, wie es den Menschen im Land besser gehen könnte. Dabei ist ihre Gedankeführung auf charmante Weise sprunghaft, und immer wieder rutschen ihr kleine Gedichte zwischen die Zeilen des Sachtextes. Das ist aber allemal besser als bei ihrem erfolgreicheren Rivalen Olaf, der eher den Charme einer Büroklammer versprüht. Also, schade! Eine verpasste Gelegenheit. Unsere Autorin war nämlich schon mal auf dem Sprung ins Kanzleramt gewesen. Wie sie fast Kanzlerkandidatin geworden wäre, erzählt sie hier… Monika Herz

 

Echt jetzt, oder? Also ich verfange mich immer wieder. Diese Werbung! Sie teasern mit hübschen Bildern und interessanten Überschriften, welche die Künstliche Intelligenz zuvor als Vorliebe aus deinem Surf-Verhalten herausgelesen hat. Wenn du dann anklickst, wird dir Zeit entnommen. So wie jetzt, wo du deine Zeit mit mir und meinen Gedanken verbringst.

Vorhin hat mich „die Zeit“ erwischt. Sie erzählte mir, was Samira El Quassil so am Wochenende macht, was sie gerade für ein Buch liest, welchen Film sie anschaut, ob sie einen Freund hat und was sie mit dem macht. Und dass die Eltern gleich ums Eck in Sendling wohnen und der Vater fantastischen Minze-Tee kochen kann.

Aha. Das eigentliche aber, dass Samira El Quassil beinahe Kanzlerkandidatin der Partei geworden wäre, das möge man sich doch bitte anschließend im Podcast anhören. 45 Minuten.

Ich glaub, die Zeit nutze ich lieber, um zu erzählen, wie ich selber beinahe Kanzlerkandidatin der Partei geworden wäre. Das ist eigentlich schnell erzählt. Die Partei machte sich vor der Wahl über die Kanzler-Kandidat*innen lustig und der Abgeordnete Sonneborn meinte, es wäre doch mal ganz was Anderes, wenn jeder Kreisverband einen Kanzler oder eine Kanzlerin anbieten würde. Man könne schließlich nie wissen, ob nicht doch einmal die Partei eine Wahl gewinnen würde. Und dann gäbe es – wieviele gleich wieder? – ungefähr 400 Kanzler und Kanzler*innen. Das wär doch was. So habe ich den Sonneborn jedenfalls verstanden. Also schaute ich nach, ob es hier einen Kreisverband der Partei gibt. Später, als ich mich entschieden hatte, doch lieber nicht zu kandidieren, haben sie ein paar geschmacklose Plakate geklebt. Meine Freundin hat sich sehr aufgeregt. So hat sich die Partei die wenigen Sympathisantinnen dann auch noch verscherzt.

„Kanzlerin von und zu Herz“.

Kurz blitzte die Vision in mir auf. Eine alte Vision. Einmal habe ich mir ja den Spaß erlaubt, anno 2009, und habe mein Glück als Direkt-Kandidatin versucht. Mit dem Alexander als übermächtigen Gegner, der von vornherein als Sieger feststand. Ah, diese Erinnerungen immerzu. Diese Geschichten. Welcher Alexander? Ja, genau der, der die Wölfe abschießen lässt. Der das Grundgesetz bricht. Weil ein Wolf ein Schaf mitgenommen hat. Der Dobrindt. Ah!

Die Wölfe verlassen Mittelerde.
Und wir werden mit ihnen ziehen…

Ah! Diese Gedicht-Fetzen, die immer die Stringenz des Textes zerfleddern!

Wer ist wir?
Wer wird mit den Wölfen ziehen?
Wenn ich das nur wüsste.
Vielleicht gehören wir zum „Wandernden Volk“.
Ja. Wir sind das Wandernde Volk!
Wir ziehen durch die Galaxien, schneller als Licht.
Wenn wir inkarnieren, vergessen wir unsere Herkunft.
Aber wenn wir uns erinnern, dann –
ja, dann erinnern wir uns auch an die Geschenke,
die wir mitgebracht haben.
Die Ruhmes-Ringe!
Wer wird sie empfangen?

Also, warum ich dann doch nicht Kanzler-Kandidatin der Partei geworden ist, das lag letztlich daran, dass mich niemand darum gebeten hatte. Diese Samira, die wurde offenbar gebeten, hat dann aber doch abgelehnt. Muss der Mensch mehr wissen? Außer, naja, die Samira ist jung und hübsch. Wenn ich ein Mann von der Partei wäre, dann würd ich auch lieber die Samira fragen. Ist doch logisch, oder?

Außerdem kennt mich kein Mensch bei der Partei, weil ich da weder Mitglied bin noch sonst wo irgendwie in Erscheinung getreten wäre. Wie also hätte jemand auf die Idee kommen können, mich zu bitten, die Kanzler-Kandidatin für den Kreisverband zu machen? Ja. Eben.

„Die Zeit“ fragt mich schließlich auch nicht, wie ich mein Wochenende verbringe. Obwohl ich ein wunderbares Wochenende mit zwei wunderbaren Frauen verbracht habe, mit dem Thema „Tod und Wiedergeburt“. Ein Wochenende lang. Eine Zeit. Unsere Zeit. Die Zeit.

Aber ich weiß auch nicht, ob ich der Zeit überhaupt ein Interview geben würde. So wie die sich aufgeführt hat, in letzter Zeit.

Es ist 7:19 h.

Die Morgenröte hinter den Dächern
Die Lampions am Gartenhaus der Nachbarin
Farben des Lebens

Was das für eine Gedichtform ist? Ob es ein Haiku ist? Wohl kaum, denn es folgt nicht der gestrengen Silben-Regel von 5-7-5. Als Haiku würde es so gehen:

Die Morgenröte
Lampions am Gartenhaus
Farben voll Leben

Also, das sind die Gedichte des heutigen Tages.

Ich lese gerade eine Geschichte von einem Mädchen, das alleine in „der Marsch“ aufwächst. Wie es überlebt. Wie es lesen, schreiben, rechnen und malen lernt. Wie es „die Marsch“ kennt wie niemand sonst. Wie es liebt und wie über sie gesprochen wird im Dorf. Dazu noch die Leiche des größten Frauenhelden aller Zeiten im Moor… Sehr spannend. Der Gesang der Flusskrebse. Der Roman bedarf meiner Werbung nicht, denn er ist bereits ein Bestseller.

Und Filme:

Ach! Ich hätte so gerne „The Dune“ gesehen. Aber ich durfte nicht. Weil – ihr wisst schon warum. Ich durfte das Kino nicht betreten. Nun wird „Dune“ vielleicht nie wieder im Kino gespielt – und gerade so ein Film lebt doch von der Atmosphäre und den großen Bildern. Womöglich darf ich auch nie mehr wieder in ein Kino rein. Ich kann es mir noch nicht so recht vorstellen. Aber wie sich früher Leute gefühlt haben, die wegen irgendwas vom anständigen öffentlichen Leben ausgeschlossen waren, wegen der Hautfarbe oder wegen der Sprache – also das kann ich jetzt ein bisschen besser mitfühlen. Und ja genau: Ich möchte auf keinen Fall, dass es noch schlimmer wird.

Und dem Olaf, dem Olaf schreib ich jetzt auch noch gerade, bevor ich den Tag mit einem Morgen-Spaziergang beginne.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

es ist schade, dass Sie Bundeskanzler geworden sind und ich nicht.
Hatten Sie nicht versprochen, es wird keine Impf-Pflicht geben?
Hab ich da was falsch verstanden?
Und was tun Sie?
Als erstes gleich mal ein Versprechen brechen.
Tut mir leid, so einen Kanzler kann ich nicht gebrauchen.
Ich empfehle Ihnen, als Übergangs-Kanzler in die Geschichte einzugehen.
Sie waren doch auch beteiligt, als die letzte Übergangs-Regierung noch schnell Waffenverkäufe in nie dagewesener Höhe genehmigt hat. Pfui Teufel!
Jedenfalls sind Sie geübt darin, Übergänge zu regieren.
Ah! Mir reicht’s jetzt wirklich!
Obwohl ich Vegetariern bin, wäre mir ja die Metzgerei-Fachverkäuferin als Kanzlerin noch lieber. Die hat ein Schild vor der Tür hängen, da steht ganz groß drauf:
Hier herrscht 1 G – Gesunder Menschenverstand
Die Frau ist offenbar deswegen denunziert worden. Denn die Polizei war da, hat sich das Schild angeschaut, eine Brotzeit gekauft und ist wieder gegangen.
Entschuldigen Sie also, wenn ich kein Blatt vor den Mund nehme!
Ein Kanzler, der sein Wort nicht hält – tut mir leid.
Das geht gar nicht.
Es gibt nur eine Rettung für Sie:
Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihr Wort halten können.
Soviel Macht sollte ein Kanzler doch grad noch haben.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Herz

Anzeigen von 4 Kommentaren
  • Freiherr
    Antworten
    …du schaffst das noch, Mo –

    und dann bekomme ich das Ministerium für Freiheit und Faulheit ?

    Beides Spezialgebiete von mir, keine Verschwendung der wertvollen Lebenszeit durch Arbeit mehr.

     

  • Volker
    Antworten

    Wie viel Deutschland verloren hat, weil es sich weigerte, unsere Autorin zur Bundeskanzlerin zu ernennen (…)

    Bayern als Durchmarschgebiet sonnenhungriger Touristen gen Süden.
    Mehr fällt mir gerade nicht ein – außer Blödsinn.

    „Kanzlerin von und zu Herz“

    Klingt wie Waschmittelwerbung. Besser wäre Monika von Bayern, ein von und mit zieht immer.
    Egal. Solltest Du allerdings, in ferner Zukunft, das Zepter über uns alle schwingen dürfen, bitte, bitte, denke an mich, denn diesem Land fehlt wahrlich ein Ministerium deutscher Pappnasenkultur.

    Außer, naja, die Samira ist jung und hübsch.

    Na und. Angela war auch mal jung, kein Leckerli zwar, aber reif für Helmut, und dem war es egal , weil birnenförmig und auf Saumagen drauf. Es zählen innere Werte, was darin steckt, in Bauch, Kopf, oder sonst wo.
    Frag Scholz oder guck nach. Olaf sieht aus zwar, als könnte er kein Wässerlein trüben, aber innen, ganz tief, zwischen Dickdarm und Nieren, da würde man fündig werden, bräuchte nur graben, sezieren, eintüten und ordnen. Olaf ist Gold wert, frag Merz.

    Obwohl ich ein wunderbares Wochenende mit zwei wunderbaren Frauen verbracht habe (…)

    Und Roland? Gut, geht mich mal nix an.
    Ja, is klar, Roland kann Däumchen drehen und darüber grübeln, ob im nächsten Leben zweihundert wunderbare Frauen …
    Nee, will mir das gar nicht vorstellen, einen derart prall gefüllten Warenkorb, dazu noch unangemessen.

    🙂

  • Mo
    Antworten
    Yeah! Der Freiher kriegt das Ministerium – ist doch klar. Auch mir mir als Kanzlerin wird die Spezln-Wirtschaft weiter blühen und gedeihen 😉
  • Karl Murx
    Antworten
    Ich verstehe nur Bahnhof.

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