Was will “Hinter den Schlagzeilen”?
Vermutlich im Januar werden wir unsere Seite visuell neu gestalten. Die inhaltliche Ausrichtung wird die gleiche bleiben. Neben ein paar anderen Neuerungen wird auch ein “Mission Statement” ständig abrufbar sein, das die grundlegenden Absichten von “Hinter den Schlagzeilen” verdeutlicht. Wir lassen unsere Leser/innen schon einmal vorab daran teilhaben. Anregungen und Kritik sind ausdrücklich erwünscht. (Roland Rottenfußer)
“Die erste Pflicht aller Journalisten müsste doch sein, nicht gegen irgendeinen Feind, sondern gegen den Krieg mobil zu machen!”, schrieb Konstantin Wecker. Die Realität sieht anders aus, wie wir alle wissen. Konstantin und Annik Wecker hoben die Website „Hinter den Schlagzeilen“ während des Irakkriegs 2003 aus der Taufe. „Wir hatten uns in der Vorbereitung zu meiner Reise nach Bagdad intensiv mit den Hintergründen der amerikanischen Invasion beschäftigt und waren entsetzt über die einseitige und uninformierte Berichterstattung in den Medien“, schrieb Konstantin. Vieles hat sich in den 10 Jahren HdS-Geschichte verändert, leider nicht die Verschleierungspolitik der Mainstreammedien, die überwiegend den Interessen der Kriegs- und Ausbeutungsgewinnler dient.
Albrecht Müller nennt die bei uns praktizierte Meinungsmache „die eleganteste Form der Diktatur“. Die „Kontrollinstanzen“ sind selbst zu etwas geworden, was kontrolliert werden muss – durch Liebesentzug seitens der Konsumenten und vor allem durch Gegenöffentlichkeit. Zu einer solchen Gegenöffentlichkeit beizutragen, gehört zu den Aufgaben dieser Seite. Sie soll helfen, den Wirkungskreis kritischer und unabhängiger Stimmen zu erweitern, Inseln in den Seichtgebieten der Verdummungskultur zu schaffen und die Freude an nicht stromlinienförmigen Ausdrucksformen von Kunst und Kultur wiederzubeleben.
Konstantin Wecker ist deshalb die Idealbesetzung als Herausgeber eines solchen Webmagazins, weil er seit 40 Jahren künstlerischen Anspruch, einen kritischen politischen Geist und Herzenswärme auf die Bühne bringt. Letzteres, die Herzenswärme, ist auch in der linken Medienlandschaft nicht immer beheimatet. Ebenso wie die anarchische Lebenslust, die Konstantin wie kein zweiter in seinen Liedern zum Ausdruck gebracht hat. Genau zu diesem Zweck haben wir auf „Hinter den Schlagzeilen“ Musikvideos. Wir sind überzeugt, dass unsere Leserinnen und Leser nicht ausschließlich politische „Köpfe“ sind, die in sachlicher Sprache über die neuesten Fehlleistungen von Politikern aufgeklärt werden wollen. Menschen öffnen sich auch einer Melodie oder einem poetischen Wort. Getragen von Musik prägt sich auch manche politische Botschaft unvergesslich ein. Ein berührendes Chanson ist eine Widerstandshandlung gegen die emotionale Erstarrung, die uns die Mächtigen verordnet haben, weil man über Erstarrte leichter verfügen kann.
Wir glauben nicht an eine ausschließlich von karger Strenge dominierte Kulturideologie, die jede Schönheit, jede Harmonie als „Blume an der Kette“ (Marx) diffamiert. Vielmehr kann Schönheit ein Herzöffner sein, der für Mitgefühl empfänglich macht – letztlich auch für soziales Mitgefühl. Marc Chagall, dessen Kunstwerke mehr der „Logik“ von Träumen zu folgen scheinen, sagte: „Unsere Innenwelt ist die Realität, und das womöglich mehr als die Außenwelt“. Man kann also ohne Kunst und ohne die viel gescholtene „Innerlichkeit“ kaum für sich beanspruchen, ein realistisches Webmagazin zu machen. Philosophie, Psyche und eine undogmatische Spiritualität werden deshalb in unserem Magazin ebenfalls immer ihren Platz haben. Wir müssen uns in einem umfassenden Sinn zu Menschen ausbilden und unser Potenzial frei von äußeren und inneren Zwängen entfalten. Denn „schon Blühen heißt Widerstand“ (Oliver Ziegler).
„Hinter den Schlagzeilen“ nimmt unabhängig von Nationalität, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung Partei für die Ausgrenzten und Unterdrückten, wendet sich gegen Rassismus, gegen Militarismus, Autoritarismus und Dogmatismus jeder Couleur. Wir lehnen es ab, einer Ideologie der „Welt als Ware“ zu folgen, nehmen eine liebevolle und achtsame Haltung gegenüber der Natur und allen Lebewesen ein. Es ist richtig und notwendig, in diesen Zeiten gegen eine neoliberale Sozialpolitik zu protestieren, die ihre vornehmste Aufgabe darin sieht, sicher zu stellen, dass kein „Faulenzer“ unberechtigterweise überlebt, anstatt – wie es sich gehört – eigenverantwortlich zugrunde zu gehen. Es ist richtig und notwendig, auf die Gefahren hinzuweisen, die mit der drohenden Installierung eines Polizei- und Überwachungsstaats verbunden sind, denn „Genau wie die Nacht nicht plötzlich hereinbricht, kommt auch die Unterdrückung nicht schlagartig“ (William O. Douglas). Es ist schließlich unsere Pflicht, den Finger auf die Wunde zu legen, wenn schon wieder „in unserem Namen“ Feindbilder installiert, mörderische Kriegseinsätze vorbereitet und durchgeführt werden.
Auf diese und andere Gefahren hinzuweisen, ist eine historische Aufgabe der heute lebenden, vernunftbegabten Menschen. Solange nicht zweifelsfrei sicher ist, dass alle Ohren verschlossen sind, dürfen wir nicht aufhören zu schreien. Und „noch gibt’s Herzen, die verstehen“ (Wecker).
Roland Rottenfußer, Redaktion HdS